Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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Zur Arbeit <strong>des</strong> <strong>Kulturkonvents</strong><br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist ein Kulturland. Das Land hat eine bedeutende<br />
Geschichte und ein reiches kulturelles Erbe. Es<br />
wird zu Recht als Kernland der deutschen Geschichte bezeichnet:<br />
Das Durchschreiten der deutschen Kultur-, Geistes-<br />
und Industriegeschichte beginnt bereits in der Zeit<br />
der frühen Besiedelungen, wovon die Himmelsscheibe<br />
von Nebra kündet. Es reicht von der Epoche der Ottonen<br />
und dem Heiligen Römischen Reich über die Zeit der Reformation<br />
und den weltverändernden Ideen <strong>des</strong> Martin<br />
Luthers und seiner Mitstreiter, über die Impulse der Aufklärung,<br />
die im Gartenreich DessauWörtlitz zu bestaunen<br />
sind, bis in die Moderne mit dem Bauhaus in Dessau und<br />
der prägenden Industriegeschichte der jüngeren Zeit.<br />
Jede dieser Epochen hat sich den jeweiligen Herausforderungen<br />
und dem Wandel der Zeit gestellt und uns ihr<br />
Erbe hinterlassen. Das reiche kulturelle Erbe gilt es nicht<br />
nur für die kommenden Generationen zu bewahren, sondern<br />
auch für die Gegenwart zu beleben, zu füllen und<br />
weiterzutragen.<br />
Mit vier UNESCO-Welterbestätten (Stiftung Bauhaus Dessau,<br />
Gartenreich DessauWörlitz, Luthergedenkstätten in<br />
Wittenberg und Eisleben sowie Stiftskirche, Schloss und<br />
Altstadt von Quedlinburg) hat <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die höchste<br />
Anzahl im Bun<strong>des</strong>gebiet; weitere befinden sich auf der<br />
Tentativliste bzw. im Antragsverfahren. Daneben gibt es<br />
zahlreiche Burgen und Schlösser von herausragendem<br />
kunstgeschichtlichem Wert, eine lebendige Kunst- und<br />
Kulturszene nicht nur im Umfeld der Kunsthochschule<br />
Burg Giebichenstein Halle, diverse Theater und Orchester,<br />
viele Museen, Bibliotheken, Musikschulen, Musikfeste<br />
und eine sich dynamisch entwickelnde Kulturwirtschaft<br />
mit den Schwerpunkten Design, Medien und Animation.<br />
Herausforderungen<br />
Das Kulturland und die Kulturpolitik in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
stehen vor der großen Herausforderung, den unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen, demografischen, kulturellen<br />
und finanziellen Entwicklungen mit Handlungsoptionen<br />
gerecht zu werden. Kultur und Kulturpolitik haben in den<br />
letzten Jahren an Bedeutung und an Aufgaben (bspw.<br />
kulturelle Bildung, Kulturwirtschaft, Kulturtourismus<br />
etc.) gewonnen. Die Komplexität und die Anforderungen<br />
haben sich dementsprechend erhöht. Demgegenüber<br />
stehen gesellschaftliche Veränderungen, wie die Ausdifferenzierung<br />
der Gesellschaft (Migration, Globalisierung<br />
etc.), Medialisierung und Digitalisierung, veränderte Produktions-<br />
und Rezeptionsbedingungen, Pluralität der Kulturangebote<br />
und der (drohende) Bedeutungsverlust von<br />
etablierten Kultureinrichtungen.<br />
Der demografische Wandel vollzieht sich in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
extrem beschleunigt. Ihm muss mit Angeboten der<br />
Mobilität, Barrierefreiheit und innovativen Vermittlungsund<br />
Nutzungskonzepten begegnet werden. Das Land hat<br />
seit 1990 knapp 19 % seiner Einwohner verloren und wird<br />
im Jahr 2025 weniger als 2 Millionen Einwohner haben.<br />
Der ländliche Raum, unter anderem die Landkreise Mansfeld-Südharz,<br />
Wittenberg, der Salzlandkreis sowie die<br />
Stadt Dessau-Roßlau, sind mit einem durchschnittlichen<br />
Rückgang von 20 bis 27 % von dieser Entwicklung ungleich<br />
stärker betroffen als Magdeburg und Halle. ( Vgl.<br />
1. Kultur und Demografie in diesem Band)<br />
Die geringer werdenden finanziellen Mittel („Schuldenbremse“,<br />
Auslaufen <strong>des</strong> Solidarpaktes II 2019, Verlust <strong>des</strong><br />
Status als Ziel-1-Region und von EU-Förderungen, Rückgang<br />
von Steuereinnahmen) stellen eine weitere Herausforderung<br />
dar, was bereits Auswirkungen auf den Kulturetat<br />
2013 hatte. (Vgl. 2. Kulturfinanzierung in diesem<br />
Band)<br />
Fragen, die sich für die gegenwärtige und zukünftige<br />
Kulturpolitik in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> angesichts dieser Herausforderungen<br />
stellen sind u.a.: Wie kann kultur-politische<br />
Handlungsfähigkeit erhalten bzw. wiedererlangt werden?<br />
Wie können mittel- und langfristige Strategien <strong>des</strong><br />
Agierens und Gestaltens entwickelt werden? Können im<br />
demografischen Wandel und unter den sich verengenden<br />
finanziellen Rahmenbedingungen die kulturelle Infrastruktur,<br />
der Erhalt <strong>des</strong> kulturellen Erbes bei einer sich<br />
verändernden Publikumsstruktur vereint werden? In welchen<br />
Bereichen müssen strukturelle Anpassungen vorgenommen<br />
werden und wie entwickeln sich die Kultureinrichtungen<br />
weiter? Welche Schwerpunkte und Prioritäten<br />
setzt die Kulturpolitik und welche Entscheidungen werden<br />
getroffen?<br />
Einrichtung eines <strong>Kulturkonvents</strong><br />
Um <strong>Empfehlungen</strong> für die zukünftige Kulturentwicklung<br />
und Kulturförderung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu entwickeln,<br />
hat sich die Lan<strong>des</strong>regierung in ihrem Koalitionsvertrag<br />
2011 1 darauf geeinigt, einen zeitlich befristeten Kulturkonvent<br />
durchzuführen. Sie folgt damit dem Gouver-<br />
1 <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geht seinen Weg. Wachstum – Gerechtigkeit – Nachhaltigkeit, 2011, S. 60.<br />
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