Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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Übrigens: Unternehmer übertragen dieses Marktprinzip ausdrücklich nicht auf diejenigen, die<br />
Kunst und Kultur vermitteln und lehren, speziell auch in den Schulen. Dort spielt die marktähnliche<br />
Würdigung keine Rolle, sehr wohl jedoch die – hoffentlich erfolgreiche – Würdigung<br />
bzw. Rezeption der Inhalte durch Schüler, Studenten etc.<br />
3. Kultur als Wirtschaftsbranche<br />
Im Rahmen der Arbeit <strong>des</strong> Kulturkonventes wurde der Aspekt „Wirtschaftsfaktor Kunst und<br />
Kultur“ diskutiert. Unternehmer haben immer Respekt davor, wenn Künstlerinnen und Künstler<br />
eine geldliche Würdigung durch das Publikum erhalten. Eine Würdigung, die ihr oder ihm<br />
vielleicht sogar die berufliche Existenz sichern – gut so! Wenn in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> immer<br />
mehr Künstler ganz oder zumin<strong>des</strong>t teilweise von ihren Einnahmen leben können – Respekt!<br />
Wir warnen jedoch vor einer Illusion: Der eigenfinanzierte, also der am Markt erwirtschaftete<br />
Teil der Kunst- und Kulturbranche hat für Arbeitsmarkt und Bruttosozialprodukt nur eine sehr<br />
geringe strukturelle Bedeutung (siehe dazu auch die Argumentation <strong>des</strong> AWSA zu Kap. 31<br />
<strong>des</strong> Abschlußdokumentes). Der inhärente „Wert“ von Kunst- und Kulturarbeit sollte <strong>des</strong>halb<br />
nicht auf die unmittelbare Wertschöpfung fokussieren, sondern anderweitig gesucht werden.<br />
4. Kultur als Standortfaktor<br />
Auch hier gibt es mehr als eine Wahrheit. Der eher schwierige Teil der Wahrheit: Wenn der<br />
Standortparameter „kulturelles und künstlerisches Angebot“ das zentrale Kriterium für wirtschaftliche<br />
Entwicklung wäre, dann müsste Berlin erfolgreicher sein als der Großraum<br />
Stuttgart, der Hochschwarzwald könnte mit Halle (Saale) nicht mithalten.<br />
Unternehmen gehen bei Ansiedlungsentscheidungen durchaus auf die Wünsche ihrer Fachund<br />
Führungskräfte ein, insbesondere wenn sie diese von weither mitbringen. Für die<br />
strukturprägenden Investitions- und Ansiedlungsentscheidungen sowohl externer Unternehmen<br />
als auch größerer autochthoner Unternehmen werden zuerst die Fragen nach den<br />
Investitions- und Logistikbedingungen gestellt. Hierauf folgt die Analyse <strong>des</strong> Fachkräfteangebotes<br />
vor Ort bzw. der Attraktivität für Zuzügler. Für die Bewertung der Attraktivität gibt<br />
es aus unserer Erfahrung vier Aspekte:<br />
a. Verfügbarkeit von attraktivem/bezahlbarem Wohnraum in strukturiertem Umfeld<br />
b. Angebote für die Kinder (Schule, Internat. Schule, Kindertagesstätten u. ä.)<br />
c. Lebensqualität im Alltag, Sport, Naherholung<br />
d. Angebot an Kultur und Kunst<br />
Das Kriterium Kunst und Kultur sehen wir als Arbeitgeberverband bewusst an vierter Stelle.<br />
Gleichzeitig gehen mittlere und größere Unternehmen fast unisono davon aus, dass eine<br />
Stadt oder eine Region in jeder dieser vier Kriterien eine „Min<strong>des</strong>tnote“ erreichen muss. Ein<br />
Standort, der sich im Bereich Kunst und Kultur nur mühsam ausreichend oder gar mangelhaft<br />
darstellt, katapultiert sich aus dem Standortwettbewerb.<br />
Diese Erfahrung verweist auf die zweite Wahrheit: (Fast) Jeder wirtschaftlich erfolgreiche<br />
Ballungsraum in Europa kennzeichnet sich durch ein meist gut entwickeltes Netzwerk<br />
kultureller Akteure und Künstler. Die Erfahrung sagt uns Unternehmerverbänden auch: Wirtschaftlicher<br />
Erfolg ist von kulturellem Leben nicht zu trennen. Die Frage nach dem<br />
Notwendigen und dem Hinreichenden, also nach Henne oder Ei, können wir jedoch nicht<br />
beantworten. Mehr noch: Wir halten diese Frage für nicht entscheidbar.<br />
5. Unsere Erwartung an die politische Diskussion<br />
Unternehmer und Unternehmensleiter leben mit der Erfahrung, ihre Unternehmungen und<br />
auch sich selbst regelmäßig hinterfragen zu müssen und sich „zur Disposition“ zu stellen.<br />
Das Gründen, aber auch das Schließen von Unternehmungen ist ein Teil <strong>des</strong> wirtschaftlichen<br />
Lebens.<br />
Statement Arbeitgeberverbände zur Diskussion im Kulturkonvent; 25.1.2013 2<br />
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