Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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12. Bildende Künstlerinnen und Künstler<br />
Bestandsaufnahme<br />
Im Abschlussbericht der Enquete-Kommission, Kultur in<br />
Deutschland heißt es: „… dass Kunst und Kultur von kreativen<br />
Menschen gestaltet wird, insbesondere von Künstlern,<br />
die einen großen Teil ihrer Lebenszeit dem künstlerischen<br />
Schaffen widmen. Sie leisten mit ihrer Arbeit einen unersetzbaren<br />
Beitrag zum Selbstverständnis und zur Wertedebatte<br />
in einer demokratischen und pluralen Gesellschaft.<br />
Mit ihren „Angeboten“ zur gesellschaftlichen Selbstvergewisserung<br />
– und das meint auch die von Künstlern entwickelten<br />
Verweigerungs-, Destruktions-, Chaotisierungs- und<br />
Reduktionsstrategien – agieren sie in einem komplexen<br />
gesellschaftlichen Handlungsrahmen (Staat, Markt, Zivilgesellschaft).<br />
Ihre Arbeiten sind nicht allein nach den Maßgaben<br />
von Effizienz, Produktion oder Einschaltquoten zu<br />
bewerten. Aus diesem strukturellen Nachteil ergibt sich die<br />
Notwendigkeit staatlicher Verantwortung.“ 34<br />
Offiziell wird von ca. 700 KünstlerInnen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
ausgegangen. Die Mehrzahl der Künstlerinnen und Künstler<br />
arbeitet im Hallenser Einzugsgebiet, was auf die Nähe<br />
zur Kunsthochschule Burg Giebichenstein zurückzuführen<br />
ist. Weitaus weniger von ihnen lebt und arbeitet im Magdeburger<br />
Raum oder hat sich in den ländlichen Raum zurückgezogen.<br />
Die Arbeitsbereiche umfassen die Genres<br />
Grafik, Grafik<strong>des</strong>ign, Malerei, Skulptur, Keramik, Installation,<br />
Schmuck, Textil und Mode, Konzeptkunst und Medien –<br />
vielfältige Formen visueller und haptischer Kommunikation<br />
mit allen Zwischenformen bildkünstlerischer Gestaltung.<br />
Bildende Künstlerinnen und Künstler sind fast ausschließlich<br />
Akteure der freien Kulturszene. Sie arbeiten selten<br />
als Angestellte oder sind in Arbeitsgruppen organisiert.<br />
Künstler und Künstlerinnen befinden sich überwiegend in<br />
prekären wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Bericht <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong> Bildender Künstlerinnen und Künstler<br />
über die wirtschaftliche und soziale Situation verzeichnet<br />
ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 11.000 EUR.<br />
Die Situation gestaltet sich nach künstlerischen Sparten,<br />
Altersgruppen, räumlich und individuell sehr unterschiedlich.<br />
Es wird geschätzt, dass es nur ca. 4 % der bildenden<br />
Künstler gelingt, direkt und ausschließlich von ihrer künstlerischen<br />
Arbeit zu leben. Infolge der dauerhaft niedrigen<br />
Beiträge an die Rentenversicherung besteht die akute Gefahr<br />
der Altersarmut.<br />
Die Ausübung <strong>des</strong> Künstlerberufes geht mit viel Idealismus<br />
und der Bereitschaft zu materiellen Einschränkungen<br />
einher. Die Kunstproduktion selbst wird bei einem hohen<br />
Einsatz von Material, Zeit und Raumkosten (u.a. Ausstellungen,<br />
Präsentationen etc.) stets von einem ungewissem<br />
Verkaufserfolg begleitet. Der Verkauf von künstlerischen<br />
Produkten stellt jedoch in der Regel die einzige Einkommensquelle<br />
dar. 35 Viele KünstlerInnen sind auf Preise,<br />
Projektförderung bzw. Stipendien zur Realisierung ihrer<br />
Projekte angewiesen. Oft werden Ausstellungen für die<br />
Aufwertung von diversen Räumlichkeiten (häufig Räume<br />
der öffentlichen Hand) gern gesehen, sind jedoch selten<br />
für die direkte Vermarktung geeignet, fördern also bestenfalls<br />
lediglich einen Imagezuwachs <strong>des</strong> Künstlers. Für<br />
eine geregelte, im Gesetz verankerte Ausstellungsvergütung<br />
hat sich der Berufsverband auf Bun<strong>des</strong>ebene gegenwärtig<br />
und in der Vergangenheit vergeblich engagiert.<br />
Der private Kunstmarkt ist im Vergleich zu anderen Bun<strong>des</strong>ländern<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nur schwach ausgeprägt.<br />
Die wenigen vorhandenen Galerien haben Existenzprobleme<br />
und das Entwicklungspotenzial bleibt beschränkt.<br />
Dies ist u.a. auf das durchschnittliche Einkommen von ca.<br />
23.000 EUR und die geringere Kapitalausstattung in Ostdeutschland<br />
zurückzuführen.<br />
Als Interessensvereinigung und Förderer für Film- und Medienkunst<br />
versteht sich die Werkleitzgesellschaft in Halle.<br />
Sie veranstaltet jährlich das Werkleitz Festival, organisiert<br />
Workshops und vergibt Stipendien. Die Werkleitzgesellschaft<br />
wird institutionell durch das Land gefördert.<br />
Der Berufsverband Bildender Künstler <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
e.V. (BBK) ist die größte Berufsvertretung der bildenden<br />
Künstlerinnen und Künstler in <strong>Sachsen</strong> <strong>Anhalt</strong> und<br />
vertritt 240 Mitglieder. Er erhält als einziger Lan<strong>des</strong>verband<br />
bildender Künstler der Bun<strong>des</strong>republik keine Basisförderung.<br />
Die Arbeit dieses Verban<strong>des</strong> finanziert sich<br />
fast ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge sowie über<br />
geringe Verwaltungsanteile der Projektförderung. Er<br />
arbeitet unter ähnlich prekären finanziellen Rahmenbedingungen<br />
wie die meisten der Künstler selbst. Um seine<br />
Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten, konkurriert er mit<br />
seinen Förderanträgen gegen die Künstlerkolleginnen<br />
und Künstlerkollegen um die wenigen Lan<strong>des</strong>förderungen<br />
auf diesem Gebiet. Der BBK ist Ansprechpartner und<br />
organisiert die Zusammenarbeit der Künstler und Künstlerinnen<br />
mit öffentlichen Einrichtungen, Kulturverwaltungen,<br />
Kultureinrichtungen und Schulen. Er fördert die<br />
bildende Kunst innerhalb <strong>des</strong> gesellschaftlichen Lebens<br />
und praktiziert Kommunikation und Vernetzung auf brei-<br />
34 Deutscher Bun<strong>des</strong>tag (Hrsg.), Kultur in Deutschland. Schlussbericht der Enquete-Kommission <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages 2008, S. 229.<br />
35 Die Museen haben in der Regel nur einen geringen Ausstellungsetat bzw. kaum Mittel, um Kunst anzukaufen.<br />
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