Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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7. Denkmalpflege und Archäologie<br />
Bestandsaufnahme<br />
Im Land gibt es ca. 35.000 Baudenkmale und geschätzte<br />
100.000 Bodendenkmale. Gemessen an der Bevölkerungszahl<br />
und der Fläche <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> weist <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> damit<br />
die höchste Denkmaldichte aller Bun<strong>des</strong>länder auf.<br />
Daneben sind über das gesamte Land 2.300 Denkmalbereiche,<br />
125 Städte mit historischen Zentren, 2.013 Kirchen<br />
(darunter 7 Dome), 166 Schlösser und Herrenhäuser, 97<br />
Burgen sowie eine Vielzahl an Parks und Gärten verteilt.<br />
Viele Denkmale sind von außerordentlicher Qualität und<br />
äußerst vielfältig, u.a. die Dom- und Schlösserlandschaft,<br />
die Kulturstraßen und -wege.<br />
Der Schutz, Erhalt und die Pflege der Denkmale liegen<br />
im öffentlichen Interesse und sind in der Lan<strong>des</strong>verfassung<br />
als Staatsziel verankert (Art. 36, Abs. 4). Sie sieht<br />
vor, im Rahmen <strong>des</strong> Möglichen alles Erforderliche zum Erhalt<br />
wertvoller Kulturdenkmale zu tun. Der Verfassungsrang<br />
begründet auch die Existenz eines Denkmalschutzgesetzes<br />
(DenkmSchG LSA) und die Einrichtung von<br />
Schutz- und Fachbehörden, die ein dichtes Netz bilden<br />
(bspw. untere Denkmalschutzbehörden bei Städten und<br />
Gemeinden, Kirchbauämter und Kulturstiftungen, obere<br />
Denkmalschutzbehörde beim Lan<strong>des</strong>verwaltungsamt<br />
und die oberste beim Kultusministerium). Als Fachamt<br />
fungiert das Lan<strong>des</strong>amt für Denkmalpflege und Archäologie<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s (LDA). Wissenschaftlich kooperiert<br />
es international, national und im Land sehr eng mit dem<br />
Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas<br />
(IKArE) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,<br />
das zusammen mit der Hochschule <strong>Anhalt</strong> (Standort Dessau)<br />
den einzigen Weiterbildungsstudiengang für Denkmalpflege<br />
in Mitteldeutschland unterhält (Masterstudiengang<br />
Heritage Management). In dieser einmaligen<br />
Kooperation findet nicht nur die Ausbildung <strong>des</strong> wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses statt, sondern LDA und IKArE<br />
bilden mit weiteren wichtigen Kulturstiftungen <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>, wozu alle UNESCO-Stätten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zählen,<br />
auch ein Cultural Heritage Network, das erfolgreich Forschungsprojekte<br />
zur Inventarisierung und Dokumentation<br />
von Baudenkmalen umsetzt, archäologische Lehr- und<br />
Forschungsgrabungen betreibt sowie gemeinsam wissenschaftliche<br />
Tagungen ausrichtet. 29 Der Denkmalrat hingegen<br />
ist ein ehrenamtliches Fachgremium zur Beratung<br />
<strong>des</strong> Kultusministeriums in Grundsatzfragen von Denkmalschutz<br />
und Denkmalpflege. Daneben agieren zahlreiche<br />
andere ehrenamtliche Kräfte, insbesondere bei der<br />
Bodendenkmalpflege. Der erste „Denkmalpfleger“ aber<br />
ist immer der Denkmaleigentümer bzw. -verantwortliche<br />
und natürlich die Öffentlichkeit und ihr Erhaltungswille.<br />
Die dichte Denkmallandschaft stellt eine wichtige Säule in<br />
der Wirtschaft <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> dar (Tourismus, Handwerk und<br />
Mittelstand). Sie bildet das kulturelle Rückgrat <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>,<br />
den visuell-materiellen Kern seiner geschichtlichen Identität<br />
und die Basis, auf der sich eine Vielzahl kultureller<br />
Aktivitäten entfaltet. Unzählige historische Baudenkmale<br />
bieten Raum und Rahmen für Kunst, Theater und Musik,<br />
sowie andere gesellschaftliche Aktivitäten. Die Bedeutung<br />
der Kulturdenkmale und archäologischen Stätten (Goseck,<br />
Arche Nebra) für die Öffentlichkeit liegt auf der Hand: Ob<br />
Straße der Romanik, Gartenträume, Himmelswege, die Kulturdenkmale<br />
der Altmark, die Fachwerkensembles am Harz,<br />
die Orte im Saale-Unstrut-Tal etc. Alle werden kulturell und<br />
touristisch täglich genutzt oder zu speziellen Begebenheiten<br />
wie dem Tag <strong>des</strong> offenen Denkmals aufgesucht. Die Bevölkerung<br />
zeigt ein steigen<strong>des</strong> Interesse an den Denkmalen,<br />
archäologischen Funden und den damit zusammenhängenden<br />
Fragen (Bsp. Grabungen um und im Magdeburger Dom,<br />
Inventarisierung und Fund der Gebeine der Königin Editha).<br />
Herausforderung<br />
Die Denkmalpflege steht vor folgenden Herausforderungen:<br />
– die unabgeschlossene Inventarisierung der Baudenkmale<br />
wegen zu geringer Personalkapazitäten in Bezug<br />
auf die Denkmaldichte,<br />
– zunehmender Leerstand und Verfall von Baudenkmalen<br />
und Denkmalbereichen durch Schrumpfung und<br />
Älterwerden der Gesellschaft,<br />
– Beschleunigung <strong>des</strong> Verfalls von Einzeldenkmalen, die<br />
seit der Wende bis heute unrestauriert geblieben sind,<br />
– Verlangsamung von Instandsetzung, Um- und Neunutzung<br />
von Denkmalen durch Rückgang von Investitionen<br />
und Fördermitteln,<br />
– die Anforderungen der Energiepolitik, die für den Erhalt<br />
von Denkmalsubstanz nicht immer zuträglich sind<br />
– Archäologie: Gefährdung von Bodendenkmalen durch<br />
intensive Land-, Bau- und Forstwirtschaft und Rohstoffgewinnungsmaßnahmen.<br />
29 Vgl.: Cultural Heritage Studies. Lehre und Forschung am Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas, Halle 2012.<br />
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