Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3. Interkommunale Zusammenarbeit<br />
Kunst und Kultur in den Kommunen von <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
sind wesentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge und Lebensqualität,<br />
erhöhen ihre Ausstrahlung und Attraktivität<br />
und haben sich im Wettbewerb der Regionen zueinander<br />
zu einem unverzichtbaren Standortfaktor entwickelt.<br />
Kommunen stärken mit ihrer Kulturförderung die Verbundenheit<br />
mit der Region und haben starke und vielfältige<br />
kulturelle Identitäten und Traditionen ausgebildet.<br />
Die Kommunen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> prägen mit ihrer Förderung<br />
das kulturelle Angebot in seinen vielfältigsten<br />
Ausprägungen und sind oft Träger und Gestalter der kulturellen<br />
Infrastruktur (Theater und Orchester, Museen,<br />
Bibliotheken, freie Szene etc.). Die Theater- und Orchesterförderung<br />
nimmt mit Abstand den größten Anteil der<br />
kommunalen Kulturförderung ein. Daneben unterstützen<br />
die Kommunen eine Vielzahl von kulturellen Aktivitäten,<br />
Initiativen, Projekten und Festivals.<br />
Kunst und Kultur sind in Deutschland zum großen Teil<br />
kommunal finanziert. Die Länder und Kommunen tragen<br />
mit 9,1 Mrd. Euro (Kulturfinanzbericht 2012) den größten<br />
Anteil an den öffentlichen Kulturausgaben. Je EinwohnerIn<br />
wandeten die Länder (einschließlich Kommunen und<br />
Stadtstaaten) für Kultur im Jahr 2009 im Durchschnitt<br />
96,52 Euro auf. Die Kommunen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> haben<br />
2009 pro Einwohner 116,45 Euro (gesamt 279,80 Mio.<br />
EUR) für Kultur ausgegeben und stehen damit im Bun<strong>des</strong>vergleich<br />
an dritter Stelle nach den Ländern <strong>Sachsen</strong><br />
(169,08 Euro) und Thüringen (124,13 Euro).<br />
Im Jahr 2009 haben unsere Kommunen, Städte und Landkreise<br />
Kulturausgaben in Höhe von 151,5 Mio. EUR und<br />
das Land 124,2 Mio. EUR getätigt. 11 Daneben beteiligen<br />
sich die Sparkassenstiftungen in allen Landkreisen und<br />
kreisfreien Städten sowie weitere private und öffentlichrechtliche<br />
Stiftungen auf kommunaler Ebene an der Förderung<br />
von Kunst und Kultur.<br />
Der Kommunalisierungsgrad, d.h. der Anteil an den Kulturausgaben,<br />
den die Kommunen beitragen, beträgt<br />
55 %. Trotz dieser Zahlen gibt es bislang keinen empirisch<br />
und statistisch fundierten Überblick zur Situation der kom-<br />
munalen Kulturfinanzierung und die Situation gestaltet<br />
sich in jeder Gemeinde und Kommune sehr unterschiedlich.<br />
3.1. Freiwillige und Pflichtaufgaben<br />
Bestandsaufnahme<br />
Die Gemeindeordnung 12 unterscheidet zwischen pflichtigen<br />
und freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben und<br />
jede einzelne Kommune entscheidet eigenständig darüber,<br />
wie sie eine Aufgabe übernimmt, gestaltet und<br />
durchführt. Kommunen sind grundsätzlich dazu angehalten<br />
Angebote der kulturellen Daseinsvorsorge vorzuhalten,<br />
die sie in eigener Verantwortung gestalten.<br />
Kommunale Pflichtaufgaben sind durch gesetzliche Vorgaben<br />
bestimmt und die Kommunen entscheiden über deren<br />
Ausführung und Gestaltung. Freiwillige Aufgaben – wozu<br />
der Kulturbereich gezählt wird – sind nicht in ihrer Ausgestaltung<br />
gesetzlich vorbestimmt und die Kommunen bestimmen<br />
ihre Ermöglichung, Ausführung und Gestaltung.<br />
Herausforderung<br />
Viele Kommunen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> befinden sich in einer<br />
angespannten Finanzlage und stehen unter einem<br />
erheblichen Haushaltskonsolidierungsdruck. Es ist oft<br />
Praxis der kommunalen Aufsichtsbehörden, dass zwischen<br />
Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben mit der<br />
Maßgabe unterschieden wird, dass eine Haushaltskonsolidierung<br />
prioritär bei den freiwilligen Aufgaben zu erfolgen<br />
hat.<br />
Die kontinuierliche Finanzierung von Kultureinrichtungen<br />
und kulturellen Aktivitäten kann nicht mehr allein<br />
als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung verstanden<br />
werden, sondern nimmt durch die Praxis normative<br />
Bedeutung an, sodass ein Pflichtcharakter entsteht. Die<br />
Finanzierung von Kultureinrichtungen und kulturellen<br />
Aktivitäten ist zwar eine freiwillige, aber höchst schützenswerte<br />
kommunale Kulturgestaltungsaufgabe. 13<br />
11 Vgl. Kulturfinanzbericht 2012 der Statistischen Ämter <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Länder, S. 35. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen weisen traditionell<br />
höhere Kulturausgaben pro Einwohner auf. (175,86 Euro bis 147,44 Euro). Vgl. Kulturfinanzbericht 2012<br />
12 § 4 Eigener Wirkungskreis (1) Zum eigenen Wirkungskreis (freiwillige und Pflichtaufgaben) gehören alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft<br />
sowie die Aufgaben, die der Gemeinde durch Gesetz oder sonstige Rechtsvorschriften als eigene zugewiesen sind. Neue Aufgaben können der<br />
Gemeinde nur durch Gesetz auferlegt werden; dabei ist gleichzeitig die Aufbringung der Mittel sicherzustellen.<br />
13 Vgl. Bernd Wagner: Kulturpolitik in Zeiten der Haushaltskonsolidierung. Vortragsmanuskript, www.lan<strong>des</strong>kulturverband-sh.de/.../Impulsreferat_<br />
Wagner.pdf (März 2012). „Kulturarbeit ist also generell eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe, konkret entscheiden die Gemeideorgane über<br />
die Ausgestaltung der Kulturangelegenheiten im Einzelnen nach freiem Ermessen. Der Deutsche Städtetag spricht insoweit von einer „politischen<br />
Pflichtaufgabe“, einer Pflicht zur Gestaltung <strong>des</strong> kulturellen Angebotes.“ Vgl. Deutscher Bun<strong>des</strong>tag (Hrsg.), Kultur in Deutschland. Schlussbericht der<br />
Enquete-Kommission <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages 2008, S. 90<br />
31