Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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14. Soziokultur<br />
Bestandsaufnahme<br />
Soziokulturelle Zentren arbeiten sparten- und generationenübergreifend<br />
– das Altersspektrum reicht von Kinder<br />
bis Senioren, 25 % der Besucher sind Jugendliche unter<br />
20 Jahren – interkulturell und bieten vielfältige Räume für<br />
die Förderung der eigenen künstlerischen Erfahrung und<br />
Betätigung sowie für die Ausbildung von kultureller Kompetenz<br />
an. Soziokulturelle Zentren bieten einen niedrigschwelligen<br />
Zugang zu Kunst und Kultur und vermitteln<br />
zwischen professioneller Kunstproduktion und künstlerischem<br />
Schaffen. In ihrem Selbstverständnis verstehen sie<br />
sich als „Kultur von allen, Kultur für alle“. Es sind Formen<br />
der kulturellen Praxis, die offen für alle sozialen Schichten<br />
und Altersgruppen sind. Soziokulturelle Zentren bieten<br />
vielfältige Angebote, Veranstaltungen, Bildung, Beratung<br />
und soziales Engagement sowie Begegnung und Kommunikation.<br />
Dazu zählen Konzerte (Rock, Folk, Weltmusik,<br />
Jazz, Klassik), Theater, Kleinkunst, Lesungen, Film, Tanz,<br />
Kabarett, Kinder- und Jugendkultur und Ausstellungen.<br />
Es sind Orte der kulturellen Bildung, der Kommunikation<br />
und der politischen und gesellschaftlichen Diskussion<br />
(Bsp. Soziokulturelles Zentrum HANSEAT, Salzwedel),<br />
die oft eine sehr hohe Identifikation der Akteure vor Ort<br />
aufweisen. Trotz <strong>des</strong> Ansatzes als kultureller Dienstleister<br />
kämpft die Soziokultur noch immer um Akzeptanz und<br />
Anerkennung als eigenständiger Förderbereich.<br />
Herausforderung<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> wird die Hälfte der Zentren ehrenamtlich<br />
organisiert. Laut Statistik kommen auf einen hauptamtlichen<br />
durchschnittlich zehn ehrenamtlich Engagierte.<br />
Soziokulturelle Zentren sind traditionelle Orte <strong>des</strong> bürgerschaftlichen<br />
Engagements. Die Lan<strong>des</strong>arbeitsgemeinschaft<br />
Soziokultur <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> (LASSA) arbeitet seit<br />
acht Jahren ehrenamtlich und ohne direkte Förderung<br />
durch das Kultusministerium. Es gibt keine Geschäftsstelle;<br />
die Mitglieder <strong>des</strong> Vorstands leisten ihre Arbeit zusätzlich<br />
und zulasten ihres Zentrums.<br />
Im LASSA-Verbund sind derzeit 19 soziokulturelle Zentren<br />
(Bsp. Club Reichenstraße Quedlinburg, Rolandmühle Burg,<br />
Heizhaus Ilsenburg, Moritzhof/Courage im Volksbad, Feuerwache<br />
Magdeburg, Objekt 5 Halle) organisiert. Es gibt weitere<br />
Kulturzentren, die der Soziokultur zuzuordnen sind, aber<br />
regional bzw. kommunal fest gefördert werden und <strong>des</strong>halb<br />
auf die Mitgliedschaft verzichten. Einige Zentren haben aus<br />
rechtlichen und finanziellen Gründen schließen müssen, aber<br />
es entstehen aus Initiativen immer wieder neue.<br />
Soziokulturelle Zentren finden sich nicht nur in Magdeburg,<br />
Halle und Dessau, sondern auch in kleineren Städten<br />
wie Quedlinburg, Burg, Ilsenburg oder Salzwedel und im<br />
ländlichen Raum. Sie weisen je nach den Gegebenheiten<br />
vor Ort unterschiedliche Charakteristika und inhaltliche<br />
Schwerpunkte auf. Gerade im ländlichen Raum, der vom<br />
demografischen Wandel stark betroffen ist, übernehmen<br />
soziokulturelle Zentren wichtige integrative Aufgaben<br />
und bieten oft den einzigen niedrigschwelligen und breitenkulturellen<br />
Zugang zu Kunst und Kultur. Vor diesem<br />
Hintergrund sieht sich die Soziokultur gefordert, eine attraktive,<br />
zeitgemäße kulturelle Infrastruktur zu schaffen,<br />
die Jugendliche motiviert, in der Region zu bleiben. In der<br />
Zusammenarbeit mit den Schulen und anderen Bildungsträgern<br />
gibt es noch Entwicklungspotential.<br />
Soziokulturelle Zentren arbeiten vernetzt und kooperativ.<br />
Zu nennen sind beispielsweise der Jugend-Bandwettbewerb<br />
Local Heroes, der aus dem HANSEAT Salzwedel kam<br />
und heute noch von der Sektion Musik vor Ort organisiert<br />
wird und sich als bun<strong>des</strong>weit größter nichtkommerzieller<br />
Wettbewerb entwickelt hat oder das CREOLE-Weltmusik-<br />
Festival für Mitteldeutschland, das zusammen mit <strong>Sachsen</strong><br />
und Thüringen umgesetzt wurde.<br />
Die meisten Zentren haben finanzielle Probleme, sind personell,<br />
trotz <strong>des</strong> hohen Engagements, unterbesetzt und<br />
Mitarbeiter bei hohem Arbeitsaufkommen unterbezahlt.<br />
Da sich die meisten Zentren fast ausschließlich über Projektförderung<br />
finanzieren, gibt es keine langfristige Haushaltssicherheit.<br />
Die soziokulturellen Zentren plädieren für<br />
eine verstetigte Förderung, die hohen Qualitätsansprüchen<br />
und den spezifischen Bedingungen der Standorte<br />
und Regionen gerecht wird, und eine stärkere fachspezifische<br />
Einbeziehung und Entscheidung über Zuwendungen.<br />
Empfehlung<br />
!" "Der Kulturkonvent empfiehlt dem Land, die Soziokultur<br />
und soziokulturellen Zentren als kulturelle Praxis<br />
anzuerkennen und gemäß den <strong>Empfehlungen</strong> der<br />
Enquete-Kommission Kultur in Deutschland <strong>des</strong> Deutschen<br />
Bun<strong>des</strong>tages „als eigenständige Förderbereiche<br />
in der Kulturpolitik (zu) identifizieren, institutionalisieren<br />
und weiterzuentwickeln.“ 39<br />
39 Deutscher Bun<strong>des</strong>tag (Hrsg.), Kultur in Deutschland. Schlussbericht der Enquete-Kommission <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages 2008, S. 137.<br />
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