Empfehlungen des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt
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23. Evangelische Kirche<br />
Bestandsaufnahme<br />
Religion versteht sich auch als ein Stück Kultur, insofern<br />
sie Teil der Gestaltung von Lebenswirklichkeit ist, der über<br />
die Befriedigung der Grundbedürfnisse menschlicher Existenz<br />
hinausgeht. Nicht von ungefähr assoziiert der Begriff<br />
Kultur seine Wurzel und inhaltliche Beziehung zum Kultus<br />
der Religionen. Weit gefasst sind demnach auch Verkündigung,<br />
Seelsorge und Anbetung ein Stück Kultur. Im<br />
engeren Sinn sind das für die evangelischen Kirchen die<br />
Bereiche kirchlicher Denkmalpflege, die Pflege von Kunst,<br />
Bibliotheken und Archiven sowie Kirchenmusik.<br />
Kirchliche Denkmalpflege hat ein besonderes Gewicht,<br />
da <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die Region mit der höchsten Dichte<br />
denkmalgeschützter Kirchen in Deutschland ist. In den zurückliegenden<br />
zwei Jahrzehnten sind erhebliche Anstrengungen<br />
unternommen worden, den Bestand historisch<br />
wertvoller Kirchengebäude zu sichern und zu sanieren.<br />
Insbesondere für die größeren Kirchengebäude dürfen<br />
die erreichten Erfolge allerdings nicht darüber hinweg<br />
täuschen, dass der Erhalt kulturhistorisch wertvoller Gebäude<br />
eine Herausforderung auf Dauer darstellen.<br />
Im ländlichen Bereich haben sich Kirchbau-Fördervereine<br />
gebildet, die sich für die Erhaltung ihrer Kirche engagieren<br />
und deren Mitglieder zu Teilen nicht Mitglieder der<br />
Kirchengemeinde sind, sie aber in ihrem ehrenamtlichen<br />
Engagement zusammenführt. In den Kirchenkreisen beraten<br />
Fachleute die Kirchengemeinde und Vereine in Fragen<br />
der Sanierung von kirchlichen Baudenkmalen. Die<br />
Gemeinden und Vereine werden in finanziellen Fragen<br />
durch die Kreiskirchenämter, das Lan<strong>des</strong>kirchenamt und<br />
durch den Informationsaustausch untereinander beraten.<br />
Die Kirchbau-Fördervereine tauschen sich untereinander<br />
durch regelmäßige Kirchbau-Tage aus und bilden sich<br />
weiter. Die Finanzierung der kirchlichen Denkmalpflege<br />
erfolgt durch unterschiedliche Mittel der unterschiedlichen<br />
Akteure. Neben Eigenmitteln der Kirchengemeinden<br />
bzw. der Vereine sind es Mittel der Kirchenkreise und<br />
Lan<strong>des</strong>kirchen und Mittel kirchlicher und nichtkirchlicher<br />
Stiftungen, Lotto-Fördermittel und staatliche Fördermittel<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>.<br />
Zur Förderung der touristischen Nutzung von Kirchengebäuden<br />
sind Angebote zur Aus- und Fortbildung von Kirchenführern<br />
entwickelt und Anstrengungen unternommen<br />
worden, die verlässliche Öffnung sicherzustellen und<br />
erweiterte Nutzungen zu ermöglichen. Zur Pflege <strong>des</strong><br />
kirchlichen Kunstgutes halten die Kirchen qualifiziertes<br />
Fachpersonal vor und unterhalten Archive und Bibliotheken.<br />
Die in den vergangenen Jahren organisierten größe-<br />
ren Ausstellungen kirchlichen Kunst- und Kulturgutes und<br />
historisch wertvoller Archivalien haben über die Lan<strong>des</strong>grenzen<br />
hinaus für große Aufmerksamkeit gesorgt. Ganz<br />
überwiegend wird dieses Engagement durch die Kirchen<br />
selbst finanziert.<br />
Die Lan<strong>des</strong>kirche hat mit ihrer Archivgesetzgebung seit<br />
1993 einen allgemeinen Anspruch auf die Nutzung ihrer<br />
Archive auf allen Ebenen (Kirchengemeinden, Kirchenkreise,<br />
Lan<strong>des</strong>kirche) für jeden interessierten Bürger eröffnet<br />
und sich gleichzeitig zur Erhaltung <strong>des</strong> dort verwahrten<br />
einzigartigen Kulturgut verpflichtet. Damit hat<br />
sie sich eine personal- und kostenintensive Selbstverpflichtung<br />
auferlegt, die überwiegend nichtkirchlichen<br />
Nutzern zugutekommt. Seit der Wende haben sich die<br />
kirchlichen Archive zunehmend zu wichtigen Forschungsstätten<br />
entwickelt. Darunter sind die hauptamtlich geführten<br />
Archive (lan<strong>des</strong>kirchliche Archive, Magdeburg,<br />
Kreiskirchenarchive, Naumburg/ Stendal, Pfarrarchiv der<br />
Stadtkirchengemeinde Wittenberg), deren Bestände bis<br />
ins Mittelalter zurückreichen. Die Betreuung der Archive<br />
lässt in der Fläche sicher an vielen Orten noch zu wünschen<br />
übrig, da sie sich überwiegend auf ehrenamtliche<br />
Kräfte stützt. Die Beratung der ehrenamtlich geführten<br />
Pfarr- und Kreisarchive liegt bei wenigen Facharchivaren<br />
in Magdeburg und einem ehrenamtlichen Netz von Archivpflegern<br />
auf Kreisebene.<br />
Mit der Verfilmung der historischen Kirchenbücher (ca.<br />
20.000 Bände allein innerhalb von <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>) hat die<br />
Lan<strong>des</strong>kirche in einem erheblichen Umfang in den Kulturgutschutz<br />
und die verbesserte Zugänglichkeit historischer<br />
Quellen investiert. In den Ländern Brandenburg und<br />
<strong>Sachsen</strong> wurde die Lan<strong>des</strong>kirche im Rahmen der Bun<strong>des</strong>sicherungsverfilmung<br />
hierin seit 2003 großzügig unterstützt.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> war dies nur sehr begrenzt der<br />
Fall. Die haupt- und ehrenamtlich betreuten kirchlichen<br />
Bibliotheken schließen darüber hinaus ländliche Versorgungslücken<br />
im Bildungsbereich und schaffen wertvolle<br />
zusätzliche Angebote insbesondere für die Wissenschaft<br />
(Bsp. Marienbibliothek Halle, die älteste noch existierende<br />
evangelische Kirchenbibliothek Deutschlands). Eine<br />
Ausdehnung der Bürgerarbeit auf diesem Gebiet könnte<br />
bei der Pflege kirchlicher Archive und Bibliotheken unterstützten.<br />
Die Kirchen unternehmen erhebliche Anstrengungen<br />
zu ihrer Pflege und Entwicklung der Kirchenmusik. Eine<br />
Vielzahl von Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern<br />
bringt Werke zur Aufführung, leitet Chöre und Posaunenchöre.<br />
Auch dieses Engagement wird durch die Kirchen<br />
weitestgehend selbst finanziert. Die Evangelische Hoch-<br />
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