06.01.2014 Aufrufe

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nach-teil eines anderen Menschen ab, dass ein noch so enger äußerer, zeitlicher und psychologischer Zusammenhang<br />

verschiedene Körperverletzungshandlungen nicht zu einer Tat im prozessualen Sinne machen kann (vgl. zur<br />

Tatidentität bei Tötungshandlungen BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 45). Vorliegend la-gen auch weder eine<br />

gleichartige Angriffsrichtung noch dasselbe Tatobjekt noch eine Überschneidung im äußeren Tatablauf oder eine<br />

deliktsimmanente Verbindung der Handlungen vor.<br />

bb) Auch eine Zusammenfassung der gegenüber den Zeugen L. und K. geführten Schläge zu einer natürlichen<br />

Handlungseinheit (vgl. dazu Fischer, StGB 56. Aufl. Vor § 52 Rdn. 3 ff.) scheidet gegenständlich aus. Denn<br />

höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen sind einer additiven Betrachtungsweise nur ausnahmsweise<br />

zugänglich. Greift ein Täter - wie hier - nacheinander einzelne Menschen an, besteht regelmäßig kein Anlass, diese<br />

Vorgänge als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann nur dann gel-ten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten<br />

wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs - wie etwa bei Messerstichen<br />

inner-halb weniger Sekunden - willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 45<br />

m.w.N.). Ein solcher Sonderfall ist vorliegend indes nicht gegeben. Bereits der in Bezug auf die Körperverletzung<br />

<strong>zum</strong> Nachteil der Geschädigten K. neu gefasste Tatentschluss steht der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit<br />

entgegen.<br />

c) Der Senat kann offen lassen, ob das Urteil auf dem von der Revision gerügten Verstoß beruhen würde.<br />

StPO § 264, StPO § 267 I Ausschöpfung des Anklagevorwurfs<br />

BGH, Urt. v. 30.10.2008 – 3 StR 375/08 - StraFo <strong>2009</strong>, 71<br />

1. Gegenstand der Urteilsfindung ist nur die in der Anklage bezeichnete Tat i.S.d. § 264 Abs. 1<br />

StPO. Allerdings hat das Gericht die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne erschöpfend<br />

abzuurteilen; zur Tat in diesem Sinne gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit<br />

dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen<br />

einheitlichen Vorgang darstellt. In diesem Rahmen muss der Tatrichter seine Untersuchung<br />

auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden. Diese Umgestaltung<br />

der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass das der Anklage zur Grunde liegende Geschehen<br />

vollständig verlassen und durch ein anderes ersetzt wird, mag dieses auch gleichartig sein.<br />

2. Es stellt einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, wenn der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl<br />

einen bestimmten Straf<strong>zum</strong>essungsgesichtspunkt erkennbar außer Betracht lässt.<br />

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklä-gerin und des Angeklagten wird<br />

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Tat-komplex 2. b) bb) der Urteilsgründe in einem Fall<br />

(Wohnwagen in W.<br />

) wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und<br />

sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des<br />

Verfahrens und die notwendigen Auslagen des An-geklagten der Staatskasse zur Last,<br />

b) das Urteil des Landgerichts Stade vom 21. Februar 2008 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Ange-klagte<br />

der Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen<br />

in zwei Fällen sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von<br />

Schutzbefohlenen schuldig ist.<br />

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbe-zeichnete Urteil im Strafausspruch aufgehoben; jedoch<br />

bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten.<br />

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des<br />

Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.<br />

3. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft, der Nebenklägerin und des Angeklagten gegen das vorbezeichnete<br />

Urteil werden verworfen.<br />

4. Der Angeklagte und die Nebenklägerin haben die verblei-benden Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.<br />

Gründe:<br />

364

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!