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Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

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) Bei einer - wie hier - Vielzahl angeklagter Taten und wenn mehrere Personen angeklagt sind, empfiehlt es sich, in<br />

den Feststellungen jeder einzel-nen Tat eine bestimmte Ordnungszahl zuzuordnen und die Beiträge aller Betei-ligten<br />

an dieser Stelle gemeinsam darzustellen (vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 28. Aufl. 2008, Rn.<br />

234). Es beeinträchtigt dagegen die Klarheit und Übersichtlichkeit der Urteilsgründe, wenn im Wege eines „Mischsystems“<br />

zwar einzelne Taten einer Ordnungsnummer zugeordnet, unter ande-ren Ordnungsnummern aber eine Vielzahl<br />

von - auch nicht abgeurteilten - Ein-zeltaten zusammengefasst und unter weiteren Ziffern die Tatbeiträge der<br />

ein-zelnen Beteiligten - teilweise - voneinander getrennt abgehandelt werden.<br />

c) Besteht aus Sicht des Tatgerichts Anlass, Straftaten zu schildern, die nicht Gegenstand des Schuldspruchs sind -<br />

z.B. solche, die gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus dem Verfahrensstoff ausgeschieden wurden oder solche, die nicht<br />

angeklagt waren, in der Hauptverhandlung aber zu Tage getreten sind -, sollten diese in der Darstellung deutlich von<br />

den konkret abgeurteilten Taten geschieden werden, um Missverständnisse und Unklarheiten zu vermeiden.<br />

d) Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass die Formulierungen im Urteil, die Angeklagte S. sei „selbst<br />

betäubungsmittelabhängig“ (UA S. 60) und habe die Taten „aufgrund ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen“<br />

(UA S. 63) zur Prüfung der - vom Landgericht nicht erörterten - Frage drängen, ob ihre Unterbringung in<br />

einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen ist. Von der Unterbringung nach § 64 StGB darf nicht abgesehen<br />

werden, weil der Tatrichter - wie in den Urteilsgründen ausgeführt - „bereits jetzt“ einer Zurückstellung der<br />

Vollstreckung nach § 35 BtMG zustimmt. Die Un-terbringungsanordnung nach § 64 StGB geht der allein dem<br />

Vollstreckungsver-fahren vorbehaltenen Zurückstellung nach § 35 BtMG vor (BGH StV 2008, 405 f.).<br />

StPO § 267 I 2 Umfang der Urteiksgründe: Keine vollst. Dokumentation<br />

BGH, Beschl. v. 09.12.2008 -5 StR 511/08 - NStZ <strong>2009</strong>, 228; StV <strong>2009</strong>, 116<br />

Die Urteilsgründe dienen nicht nur der Dokumentation all dessen, was in der Hauptverhandlung<br />

gesagt und verlesen wurde. Für Verfahrenseinstellungen nach § 154 Abs. 2 StPO sieht die Vorschrift<br />

des § 267 StPO keine gesonderten Dokumentationspflichten des Gerichts vor. Gleichwohl<br />

kann sich in rechtlich anspruchsvollen Konstellationen der Beweiswürdigung die Notwendigkeit<br />

ergeben, auf nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschiedene Straftaten im Rahmen der Beweiswürdigung<br />

näher einzugehen.<br />

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Berlin vom 26. Mai 2008 gemäß § 349 Abs. 4<br />

StPO mit den Feststellungen aufgehoben.<br />

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere<br />

Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.<br />

G r ü n d e<br />

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tat-einheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu<br />

einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge<br />

Erfolg.<br />

Nach den Feststellungen des Landgerichts überwältigte der Angeklag-te im Juni 2006 die Geschädigte, die seit einigen<br />

Tagen bei ihm übernachte-te, und führte gegen ihren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr durch. Nach der<br />

unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage lag dem Angeklagten ein weiteres ähnliches Geschehen<br />

zur Last. Danach soll er schon im Oktober 2005 mehrere Finger in die Scheide der tief schlafenden Geschädigten<br />

eingeführt haben. Hinsichtlich dieses Anklagepunktes (Tatvorwurf zu 1 der Anklage) hat das Landgericht das Verfahren<br />

am letzten von acht Hauptverhandlungstagen nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.<br />

Die Revision rügt mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge (vgl. hierzu BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweiswürdigung<br />

5; Brause NStZ 2007, 505, 511) im Hinblick auf die im Urteil nicht abgehandelte Einstel-lung einen<br />

Erörterungsmangel jenseits des unmittelbaren Urteilsgegenstan-des. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:<br />

„Der Revision kann auf die Verfahrensbeanstandung, das Landgericht habe den Grund für die Einstellung des Tatvorwurfs<br />

zu 1 der Anklage nicht mitgeteilt, der Erfolg nicht versagt werden.<br />

Die Urteilsgründe dienen nicht der Dokumentation all dessen, was in der Hauptverhandlung gesagt und verlesen<br />

wurde. Für Verfahrenseinstellun-gen nach § 154 Abs. 2 StPO sieht die Vorschrift des § 267 StPO keine ge-sonderten<br />

Dokumentationspflichten des Gerichts vor. Gleichwohl kann sich in rechtlich anspruchsvollen Konstellationen der<br />

Beweiswürdigung die Notwen-digkeit ergeben, auf nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschiedene Straftaten im Rahmen<br />

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