Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...
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4. Der Freispruch vom Vorwurf der versuchten Strafvereitelung in Tateinheit mit Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage<br />
hat keinen Bestand, weil das Urteil schon nach den getroffenen Feststellungen Erörterungsmängel aufweist.<br />
a) Bei der strafrechtlichen Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten ist allerdings seine Prozessstellung als Strafverteidiger<br />
zu berücksichtigen. Diese ist von einem Spannungsverhältnis als unabhängiges, der Wahrheit und Gerechtigkeit<br />
verpflichtetes Organ der Rechtspflege und seiner Beistandsfunktion und Treuepflicht gegenüber dem<br />
Beschuldigten gekennzeichnet. Ein Strafverteidiger ist verpflichtet, seinen Mandanten im Rahmen der Gesetze bestmöglich<br />
zu verteidigen (vgl. BGHSt 38, 345, 350). Er ist nicht verpflichtet, an der Verwirklichung des staatlichen<br />
Strafanspruchs mitzuwirken (Fischer StGB, 56. Aufl., § 258 Rdn. 17). Er hat nicht für die Richtigkeit von Zeugenaussagen<br />
einzustehen und ist insbesondere nicht verpflichtet, eine Falschaussage zu verhindern (BGHSt 4, 327; 46,<br />
53, 60 f.; vgl. auch Beulke, Die Strafbarkeit des Verteidigers, Heidelberg 1989, Rdn. 94). Die Grenze zulässigen<br />
Verteidigungshandelns ist jedoch überschritten, wenn der Verteidiger den Sachverhalt aktiv verdunkelt oder verzerrt,<br />
insbesondere wenn er Beweisquellen verfälscht (vgl. BGHSt 38, 345, 350 f.; 46, 53, 61). Bei von ihm sicher als<br />
unwahr erkannten (vgl. dagegen bei lediglich erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit oder Zuverlässigkeit der Aussage<br />
BGHSt 46, 53, 61) Zeugenaussagen ist eine aktive Verdunkelung anzunehmen, wenn der Verteidiger Einfluss<br />
auf das Zustandekommen der Aussage genommen hat (vgl. BGHSt 4, 327; BGHSt 46, 53, 61). Dies kann etwa der<br />
Fall sein, wenn er den Zeugen zu einer Falschaussage veranlasst (vgl. BGH NStZ 1983, 503), wenn er ihn in seinem<br />
Entschluss bestärkt (BGHSt 29, 99, 107; BGH JR 1984, 299; RGSt 70, 390 ff.), wenn er einen zur Falschaussage<br />
entschlossenen Zeugen als Beweismittel benennt (BGH JR 1984, 299) oder wenn er den Inhalt der Falschaussage mit<br />
ihm abstimmt.<br />
b) Nach diesen Maßstäben erweist sich die Begründung des Freispruchs in wesentlichen Punkten als lücken- und<br />
damit rechtsfehlerhaft. Allerdings können und müssen die Gründe eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie<br />
beweiserheblichen Umstand würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt von der Beweislage und den<br />
Umständen des Einzelfalles ab. Es ist jedoch rechtsfehlerhaft, wenn sich das Tatgericht mit festgestellten Besonderheiten<br />
und Beweisanzeichen nicht auseinandersetzt, die mit nicht geringem Gewicht für eine Strafbarkeit des Angeklagten<br />
sprechen können und auf deren Erörterung vor der Anwendung des Zweifelssatzes nicht verzichtet werden<br />
darf (vgl. BGH NStZ 2008, 646). So verhält es sich hier.<br />
Das Landgericht hat das Gespräch des Angeklagten mit dem Zeugen P. , in dem dieser ihm mitteilte, dass T.<br />
nicht sein Auftraggeber gewesen sei, nicht unter allen sich aufdrängenden rechtlich relevanten Aspekten gewürdigt.<br />
Es hat seine Bemerkung "das passt gut!" lediglich unter dem Blickwinkel der (versuchten) Strafvereitelung, nicht<br />
aber dahingehend rechtlich geprüft, ob der Angeklagte den Zeugen P. damit in seinem Entschluss zur Falschaussage<br />
bestärkt und ihm insoweit eine - psychische - Beihilfe zu dessen uneidlicher Falschaussage vorzuwerfen ist (vgl.<br />
BGHSt 29, 99, 107; BGH JR 1984, 299). Dazu bestand jedoch nach den Feststellungen Anlass. Der Angeklagte<br />
wusste von seinem Mandanten, dass dieser P. in Wahrheit doch einen Auftrag erteilt hatte, die angekündigte<br />
Änderung der Aussage P. s also der Wahrheit zuwider erfolgen sollte. Der Angeklagte wusste durch sein Telefonat<br />
mit H. T. auch, dass P. Geld für die Aussage erhalten sollte. Dennoch zeigte er sich erfreut über die<br />
Nachricht und äußerte gegenüber P. , dass sich dies positiv für seinen Mandanten auswirken werde.<br />
Indem die Kammer dieses Verhalten des Angeklagten nur unter dem Aspekt der Strafvereitelung wertet, verstellt sie<br />
sich den Blick für die nach den Feststellungen mögliche und deshalb in den Urteilsgründen zu erörternde rechtliche<br />
Würdigung als psychische Beihilfe zu der Falschaussage P s. Die Einschätzung der angekündigten Falschaussage<br />
durch den Angeklagten als für seinen Mandanten positiv ging erkennbar über eine bloße - mit Rücksicht auf seine<br />
Stellung als Verteidiger strafrechtlich unbedenkliche - Kenntnisnahme hinaus. Sie legte vielmehr die Prüfung nahe,<br />
ob er gegenüber dem Zeugen P. damit <strong>zum</strong> Ausdruck gebracht hat, dass er das Zustandekommen der Falschaussage<br />
für wünschenswert hielt. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte gegenüber P. auch geäußert hat, dass<br />
das (d. h. die von ihm als falsch erkannte Aussage) gut passe. Insofern konnte dem zur Falschaussage entschlossenen<br />
P. durch die Reaktion des Angeklagten der subjektive Eindruck zustimmender Bestärkung vermittelt worden sein,<br />
was als psychische Beihilfe zu dessen uneidlicher Falschaussage zu werten wäre (vgl. BGH NStZ 1995, 490; OLG<br />
Düsseldorf NStZ-RR 2005, 336). Diese nahe liegende Möglichkeit hätte das Landgericht erkennbar in seine Überlegungen<br />
einbeziehen müssen.<br />
Soweit das Landgericht eine mögliche Beihilfe des Angeklagten zur uneidlichen Falschaussage durch das "Befangenheitskomplott"<br />
verneint, sind seine Ausführungen ebenfalls lückenhaft. Der Angeklagte hat gegenüber P.<br />
geäußert, ggf. den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit ablehnen zu wollen. Das Landgericht meint, P.<br />
habe durch einen etwaigen Befangenheitsantrag von dem Angeklagten keine ernsthafte Unterstützung erwarten können,<br />
da dieser allenfalls zu einer Unterbrechung geführt und die Verhandlung - weil eine Ergänzungsrichterin bestellt<br />
war - selbst bei Stattgabe hätte fortgeführt werden können (UA 46). Ob das Versprechen eines Befangenheitsgesuchs<br />
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