06.01.2014 Aufrufe

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

aa) Die Entscheidung über die Anzahl der an der Hauptverhandlung mitwirkenden Richter ist bei der Eröffnung des<br />

Hauptverfahrens zu treffen (vgl. BGHR GVG § 76 Abs. 2 Besetzungsbeschluss 1; Meyer-Goßner aaO § 76 GVG<br />

Rdn. 4). „Bei der Eröffnung“ bedeutet zugleich mit der Eröffnungs-entscheidung; eine spätere Beschlussfassung ist<br />

nicht möglich, weil mit der Eröffnung des Hauptverfahrens feststehen muss, mit wie vielen Richtern das erkennende<br />

Gericht in diesem Verfahrensabschnitt besetzt ist (vgl. Begrün-dung RegE des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege<br />

vom 11. Janu-ar 1993 in BT-Drucks. 12/1217, S. 48; BGHSt 44, 328, 332; Siolek in Lö-we/Rosenberg, StPO<br />

25. Aufl. § 76 GVG Rdn. 4). Die Entscheidung kann regelmäßig auch nicht mehr geändert werden (vgl. BGH NStZ-<br />

RR 2006, 214; Meyer-Goßner aaO m.w.N.). Hiernach ist der („Feststellungs“-)Beschluss des Landgerichts vom 9.<br />

Oktober 2007 ohne rechtliche Relevanz.<br />

bb) Ist bei Eröffnung des Hauptverfahrens nicht nach § 76 Abs. 2 GVG beschlossen worden, dass die große Strafkammer<br />

in der Hauptverhandlung nur mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen be-setzt<br />

ist, so muss die Strafkammer in der Hauptverhandlung mit drei Richtern tätig werden, und zwar auch dann, wenn der<br />

Ausspruch versehentlich unter-blieben ist (vgl. BGHSt 44, 361, 362; BGH NStZ-RR 2006, 214; LG Bremen StV<br />

2004, 251; Siegismund/Wickern wistra 1993, 139; Siolek aaO m.w.N.; Meyer-Goßner aaO; Diemer in KK 5. Aufl. §<br />

76 GVG Rdn. 2; Kissel/Mayer, GVG 5. Aufl. § 76 Rdn. 8; vgl. differenzierend – nicht tragend – <strong>zum</strong> Regel-<br />

Ausnahme-Verhältnis BGHSt 44, 328, 331).<br />

Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 GVG ist eine große Strafkammer in der Hauptverhandlung grundsätzlich mit drei Berufsrichtern<br />

und zwei Schöffen besetzt. Ein Abweichen von dieser gesetzlichen Vorgabe bedarf ausdrückli-cher Beschlussfassung<br />

(§ 76 Abs. 2 GVG).<br />

StPO § 338 Nr. 4, GG Art 101 I 2 Funktionelle Zuständigkeit des Gerichts durch unterlassenen<br />

Einwand der funktionellen Unzuständigkeit<br />

BGH, Urt. v. 11.12.2008 – 4 StR 376/08 - StraFo <strong>2009</strong>, 155<br />

Hat der Angeklagte bis <strong>zum</strong> Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung den<br />

Einwand der funktionellen Unzuständigkeit des Gerichts nicht erhoben, ist die an sich unzuständige<br />

Strafkammer damit (funktionell) zuständig geworden und eine Verweisung gem. § 270 Abs. 1 Satz<br />

2 StPO ausgeschlossen.<br />

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 5. Februar 2008 mit den Feststellungen<br />

aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,<br />

an eine allge-meine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückver-wiesen.<br />

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten<br />

dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.<br />

Gründe:<br />

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von sechs<br />

Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mit ihrer<br />

zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Gene-ralbundesanwalt vertreten wird, rügt die Staatsanwaltschaft<br />

die Verletzung sachlichen Rechts. Sie beanstandet, dass das Landgericht die Voraussetzun-gen des §<br />

306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint hat, und erstrebt die Verurteilung des Angeklagten zu einer höheren Strafe.<br />

I. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte seit Dezember 2002 "als alleinverantwortlicher Betreiber und<br />

zugleich als Geschäftsführer im Auftrag seiner Mutter", die Inhaberin der Konzession war, die Pizzeria "S. ".<br />

Miete-rin der Geschäftsräume im Erdgeschoss eines freistehenden einstöckigen Mehrfamilien- und Geschäftshauses<br />

im Ortszentrum von A. war die Mutter des Angeklagten. In dem einstöckigen Haus der Eheleute F. sen. befanden<br />

sich mehrere abgeschlossene Wohnungen, die über einen separaten Eingang zu erreichen waren. Eine der<br />

Wohnungen im Obergeschoss hatte die Mutter des Angeklagten gemietet. Über den Räumen der Pizzeria lag das<br />

Schlafzimmer der Eheleute F. sen., deren Wohnung einen weiteren sepa-raten Hauszugang hat. Im ersten Geschäftsjahr<br />

erwirtschaftete die Pizzeria gu-te Gewinne. Das war in den folgenden Jahren nicht mehr der Fall. Der<br />

Ange-klagte fasste deshalb den Entschluss, in der Pizzeria "S. " einen Brand zu legen, um die mit dem Betrieb<br />

dieser Pizzeria zusammenhängenden Verbind-lichkeiten mit den Leistungen aus der bestehenden, von seiner Mutter<br />

als Ver-sicherungsnehmerin abgeschlossenen Inventarversicherung erfüllen zu können.<br />

381

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!