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Arbeitsunterlagen zum Sommerlehrgang 2009 - Deutsche ...

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die Eheleute F. sen. nicht in konkreter Todes-gefahr, denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen<br />

konnten sie durch den zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres zugänglichen Nebeneingang das Haus verlassen. Eine<br />

konkrete Todesgefahr hätte für sie, wären sie in dem Haus verblieben, erst zu einem späteren Zeitpunkt bestanden,<br />

wenn sich das Feuer ungehindert hätte ausbreiten können.<br />

Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchter besonders schwe-rer Brandstiftung gemäß § 306 b Abs. 2 Nr. 1<br />

StGB setzt voraus, dass dieser bei der Brandlegung billigend in Kauf genommen hat, dass dadurch eine Gefahr für<br />

das Leben der Eheleute F. sen. entstehen würde (vgl. BGH NJW 1999, 3131). Dies hat das Landgericht jedoch<br />

rechtsfehlerfrei verneint. Die Erwägun-gen, mit denen es sowohl einen bedingten Tötungsvorsatz als auch einen bedingten<br />

Gefährdungsvorsatz verneint hat, lassen entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht besorgen,<br />

dass das Landgericht zu hohe Anforderun-gen an die Feststellung eines bedingten Gefährdungsvorsatzes gestellt hat.<br />

Soweit es in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, in Anwendung des Zwei-felsgrundsatzes sei zugunsten des Angeklagten<br />

davon auszugehen, dass der Angeklagte nicht mit der Möglichkeit „eines tödlichen Ausgangs“ gerechnet<br />

hat, handelt es sich lediglich um eine missverständliche Formulierung. Nach dem Gesamtzusammenhang der Erwägungen<br />

hat sich dass Landgericht vielmehr auch nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte mit der<br />

Mög-lichkeit gerechnet hat, die Eheleute F. sen. könnten trotz des alsbald zu er-wartenden Sirenenalarms das<br />

Haus nicht rechtzeitig verlassen, so dass ihr Leben bei ungehindertem Brandverlauf gefährdet worden wäre. Soweit<br />

das Landgericht seine insoweit bestehenden Zweifel nicht hat überwinden kön-nen, ist dies unter den hier gegeben<br />

Umständen rechtlich nicht zu beanstanden.<br />

StPO § 338 Nr. 4, GVG § 24 II, § 25 II - objektiv willkürlichen Entziehung des gesetzlichen Richters<br />

BGH, Beschl. v. 19.02.<strong>2009</strong> – 3 StR 439/08<br />

In Fällen der objektiv willkürlichen Entziehung des gesetzlichen Richters erfordert die verfassungskonforme<br />

Ausgestaltung des Strafverfahrens eine einschränkende Auslegung des § 336 Satz 2<br />

StPO dahin, dass solche Verstöße <strong>zum</strong>indest revisionsrechtlich überprüfbar sind, weil sonst eine<br />

fachgerichtliche Kontrolle überhaupt nicht durchgeführt werden könnte.<br />

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 7. Juli 2008 wird verworfen.<br />

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.<br />

Gründe:<br />

Das Landgericht - Schwurgericht - hat den Angeklagten wegen "gefährlicher Körperverletzung in zwei rechtlich<br />

zusammentreffenden Fällen, wegen ge-fährlicher Körperverletzung und wegen Körperverletzung" zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe<br />

von drei Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er das Verfahren<br />

beanstandet und die Verletzung mate-riellen Rechts rügt.<br />

Die Revision ist im Wesentlichen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. September<br />

2008 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erörterung bedarf nur die Verfahrensrüge, das<br />

Landgericht habe zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen (§ 338 Nr. 4 StPO).<br />

I. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten die<br />

verfahrensgegenständlichen Straftaten in zwei getrennten Anklageschriften <strong>zum</strong> Amtsgericht Gifhorn - Straf-richter -<br />

zur Last gelegt. Der Strafrichter eröffnete in beiden Sachen das Haupt-verfahren und bestimmte einen einheitlichen<br />

Verhandlungstermin. Am Ende der Hauptverhandlung vom 7. Februar 2008 erließ er gegen den Angeklagten Haftbefehl<br />

wegen des dringenden Verdachts der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen sowie der Körperverletzung<br />

und verwies das Verfahren an das Schöffengericht. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Gifhorn<br />

für das Jahr 2008 war - wie der Senat freibeweislich ermittelt hat - der Strafrich-ter zugleich der Vorsitzende<br />

des einzigen für allgemeine Strafsachen zuständi-gen Schöffengerichts. Am 13. Februar 2008 hob der Strafrichter<br />

den Verwei-sungsbeschluss an das Schöffengericht wieder auf und legte die Sache durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft<br />

dem Landgericht Hildesheim - Schwurge-richt - gemäß § 225 a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 StPO zur Übernahme<br />

vor, weil jedenfalls in einem der Fälle der hinreichende Verdacht des versuchten Tot-schlags bestehe. Wiederholte<br />

Schläge mit einer Bierflasche auf den Kopf des Opfers seien objektiv geeignet, dessen Tod herbeizuführen;<br />

es sei nicht auszu-schließen, dass der einschlägig vorbestrafte Angeklagte mit bedingtem Tö-tungsvorsatz gehandelt<br />

habe. Eine Beschwerde gegen diesen Vorlagebe-schluss verwarf das Landgericht mit der Begründung als unzulässig,<br />

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