4. Hessischer Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht: Innovation durch ...
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Soziales Design: „Alte Liebe“<br />
Werdegang <strong>und</strong> wesentliche Elemente von<br />
„Alte Liebe“: Gastbeitrag von Nadja Ruby<br />
„Alte Liebe“ war ursprünglich ein Semesterprojekt<br />
während des Studiums für System-<br />
Design an der Kunsthochschule Kassel. Das<br />
Projekt bietet innovative, regional angepasste<br />
Dienstleistungskonzepte für die Wohnungs<strong>und</strong><br />
Immobilienwirtschaft. Am Anfang stand eine simple Idee: Seniorinnen<br />
häkeln gemeinsam in Gruppen Mützen, diese werden verkauft <strong>und</strong> das Geld<br />
wird für Ausflüge oder z. B. für den Besuch von Konzerten verwendet. Wir<br />
haben spontan Termine mit Seniorenwohnanlagen vereinbart <strong>und</strong> mit den<br />
Seniorinnen regelmäßige Treffen zum Häkeln veranstaltet. Drei Monate<br />
später wurden in einer Woche 100 Mützen bei 36° verkauft. Die Käufer waren<br />
begeistert, die Damen blühten auf <strong>und</strong> lernten neue Menschen unterschiedlichen<br />
Alters kennen. Wir fanden einen Einzelhändler, <strong>und</strong> das erste Konzert<br />
konnte finanziert werden. Das Ziel, unabhängig von z. B. Spenden zu wirtschaften,<br />
war ebenso wie das soziale Ziel fester Bestandteil der Ursprungsidee.<br />
Die Gründung des Unternehmens war eine notwendige Entscheidung, um<br />
handlungsfähig zu sein <strong>und</strong> übergeordnete Ziele zu erreichen. Dabei war<br />
der Schutzmantel der Uni wichtig. Wären wir von Beginn an davon abhängig<br />
gewesen, so gewinnbringend wirtschaften zu müssen, dass zwei Menschen<br />
davon leben könnten, würde es „Alte Liebe“ nicht mehr geben. Das Projekt <strong>und</strong><br />
alle wichtigen projekterhaltenden Maßnahmen konnten über den Mützenverkauf<br />
finanziert werden. In der Zusammenarbeit <strong>und</strong> in vielen Gesprächen<br />
mit den unterschiedlichsten Menschen (Wohlfahrt, Immobiliengesellschaft,<br />
Sozialunternehmern, Dozenten aus unterschiedlichsten Fachbereichen <strong>und</strong><br />
Hochschulen, Management, Unternehmensberatern) kristallisierten sich ein<br />
38 deutlicher Markt, Zielsegmente <strong>und</strong> K<strong>und</strong>ennutzen heraus. Wir entwerfen<br />
für Immobiliengesellschaften Konzepte, die aus dem Produkt „Wohnung“ das<br />
Produkt „Wohnen“ gestalten. Durch zusätzliche freizeitgestaltende Services<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungen für die Mieter ist es möglich, Wohnbauunternehmen<br />
dabei zu unterstützen, z. B. eine konkurrenzfähige Alternative zu betreuten<br />
Wohnanlagen zu werden.<br />
Unser Ziel: Erwirtschaftung von Gewinn <strong>durch</strong> die Verbindung von sozialem<br />
Engagement <strong>und</strong> ökonomischem Interesse. Aufgr<strong>und</strong> der wissenschaftlichen<br />
Basis des Gründungsteams steht in der Konzeptentwicklung der Social-<br />
Design-Ansatz im Mittelpunkt des Handels. Die Erweiterung des Design-<br />
Thinking-Prozesses um soziale Komponenten aus dem Social Design sichert<br />
unser herausragendes Leistungsmerkmal als Social Business.<br />
„Experimentierfreude, der Drang zur <strong>Innovation</strong><br />
<strong>und</strong> unternehmerische Initiative sind im<br />
Handwerk endemisch.“ 34<br />
Diese Tugenden sind im Handwerk in erster<br />
Linie bei Gestaltung <strong>und</strong> Design (z. B. Tischler),<br />
der Baukultur (z. B. Metallbauer), dem Kunsthandwerk<br />
(z. B. Gold- <strong>und</strong> Silberschmiede),<br />
kreativen Dienstleistungen (z. B. Maskenbildner),<br />
dem Musikinstrumentenbau (z. B. Orgelbauer),<br />
der Restaurierung sowie dem Erhalt des <strong>Kultur</strong>erbes<br />
<strong>und</strong> der Bewahrung traditioneller <strong>Kultur</strong>techniken<br />
(z. B. Handwerker mit Bezug auf<br />
historische Gebäude <strong>und</strong> Objekte wie Dachdecker<br />
<strong>und</strong> Buchbinder) gefragt. 35 Beispiele<br />
für anspruchsvolle <strong>Innovation</strong>en im Handwerk<br />
sind energieeffiziente bautechnische Lösungen<br />
für Gebäuderestaurierung <strong>und</strong> Denkmalpflege.<br />
Die experimentelle Entwicklung neuer Techniken,<br />
Materialanwendungen <strong>und</strong> Oberflächen<br />
im Kunsthandwerk ist zudem ein bedeutsamer<br />
Nährboden für weitere <strong>Innovation</strong>en. 36<br />
Bedeutung von Kreativleistungen im<br />
unternehmerischen <strong>Innovation</strong>sprozess<br />
Zahlreiche Unternehmen nutzen die synergetischen<br />
Effekte der Zusammenarbeit mit <strong>Kultur</strong><strong>und</strong><br />
Kreativschaffenden bereits im Zuge ihrer<br />
Corporate Cultural Responsibility (siehe auch<br />
2. <strong>Hessischer</strong> <strong>Kultur</strong>wirtschaftsbericht „<strong>Kultur</strong>sponsoring<br />
<strong>und</strong> Mäzenatentum in Hessen“ 37 ).<br />
Eine zunehmend engere Zusammenarbeit von<br />
Kunst <strong>und</strong> Wirtschaft konstatiert der Schlussbericht<br />
der Enquete-Kommission „<strong>Kultur</strong> in<br />
Deutschland“ 38 <strong>und</strong> hebt auch die Entstehung<br />
neuer Berufsfelder für <strong>Kultur</strong>- <strong>und</strong> Kreativschaffende<br />
<strong>durch</strong> den steigenden Bedarf an<br />
Mitarbeitern mit flexibler Denkweise hervor.