4. Hessischer Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht: Innovation durch ...
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„BlingCrete“ – Materialentwicklung als transdisziplinärer Forschungsprozess<br />
wendigen Überblick über die Vielzahl neuer<br />
Materialtechnologien bzw. Werkstoffqualitäten<br />
<strong>und</strong> schaffen eine Orientierung für den Anwender.<br />
„Die Anzahl der Materiallösungen ist<br />
in den letzten Jahren so enorm gestiegen,<br />
dass technologisch fast alles realisierbar erscheint.<br />
Musste man früher für eine bestimmte<br />
Problemstellung einen Werkstoff erst noch<br />
entwickeln, geht es heute vor allem darum, aus<br />
der Vielfalt der Möglichkeiten die beste<br />
Lösung für die entsprechende Aufgabenstellung<br />
auszuwählen.“ 50<br />
Designer <strong>und</strong> Architekten übernehmen hier<br />
immer häufiger die Rolle des Interpreten der<br />
Potenziale innovativer Materialien. 51 In Zukunft<br />
wird sich „die Rolle professioneller Kreativer<br />
von anwendungsbezogenen Umsetzern<br />
hin zu konzeptionell argumentierenden Vordenkern<br />
für andersartige Möglichkeiten entwickeln,<br />
die im Diskurs mit Herstellern zur<br />
Entwicklung neuer Materialien oder Fertigungsverfahren<br />
anregen.“<br />
(Prof. Bernhard E. Bürdek, HfG Offenbach) 52<br />
So werden Designer <strong>und</strong> Architekten in ihrer<br />
Arbeit immer häufiger selbst zu Kreateuren<br />
neuer Materialien oder Fertigungsverfahren<br />
<strong>und</strong> greifen aktuelle Ergebnisse aus der Forschung<br />
auf. Beispiele sind eine Technologie<br />
zur Formgebung von Möbeln im magnetischen<br />
Feld „Gravity Stool“ des Designers Jolan van<br />
der Weil oder die Entwicklung des retroreflektierenden<br />
Betons „BlingCrete“ <strong>durch</strong> die<br />
Künstlerin Prof. Heike Klussmann <strong>und</strong> den<br />
Architekten Thorsten Klooster von der Universität<br />
Kassel (siehe rechts).<br />
Die Kasseler Forschungsgruppe<br />
BAU KUNST ERFIN-<br />
DEN unter der Leitung von<br />
Prof. Heike Klussmann <strong>und</strong><br />
Thorsten Klooster widmet<br />
sich der Entwicklung neuartiger<br />
Materialsysteme im<br />
Spannungsfeld von Kunst,<br />
Architektur <strong>und</strong> Wissenschaft. Sie vereint Expertisen aus den Bereichen<br />
Bildende Kunst, Architektur, Stadtplanung, Interaktions- <strong>und</strong> Produktdesign,<br />
Experimentelle Physik <strong>und</strong> technologische Materialforschung <strong>und</strong> verortet<br />
sich im Bereich aktueller Entwicklungen, die mit dem Terminus der Intelligenten<br />
Oberflächen zusammengefasst werden können. Hintergr<strong>und</strong> ist der Prozess<br />
der fortschreitenden Technologisierung von Materialien, der erhebliche<br />
Potenziale für das Produkt- <strong>und</strong> Industriedesign <strong>und</strong> das Bauwesen bietet.<br />
Aktuelle Forschungsprojekte widmen sich u. a. der experimentellen Entwicklung<br />
neuartiger Energieerzeugungssysteme, basierend auf den technischen<br />
Prinzipien der farbstoffsensitivierten Solarzelle (engl. Dye Sensitized Solar<br />
Cell DSSC oder auch DYSC) <strong>und</strong> den Möglichkeiten der Matrixorganisation mithilfe<br />
magnetischer Felder (ZIM-Projekt Magnetic Patterning).<br />
Für ihre neue Materialentwicklung „BlingCrete – Licht reflektierender Beton“ –<br />
erhielten Prof. Heike Klussmann <strong>und</strong> Thorsten Klooster einen der begehrten<br />
iF gold awards 2012 für besonders innovative Materialentwicklungen <strong>und</strong> herausragende<br />
Designleistungen. „BlingCrete“ repräsentiert ein neues Genre von<br />
Materialien mit eigener Wirkungslogik. Es vereint die positiven Eigenschaften<br />
von Beton (Brandsicherheit, Festigkeit, Baumethodik) mit der Eigenschaft<br />
der Retroreflexion. Retroreflektierende Oberflächen werfen einfallendes Licht<br />
(Sonnenstrahlung oder Kunstlicht) präzise in Richtung der Lichtquelle zurück. 45<br />
Das optische Phänomen wird <strong>durch</strong> die Einbettung von Mikroglaskugeln in<br />
das Trägermaterial erzeugt. Die Oberfläche wird mittels Licht in Abhängigkeit<br />
von den Positionen von Oberfläche, Lichtquelle <strong>und</strong> Rezipient aktiviert. Der<br />
Beton wechselt gleichsam von einem passiven in einen aktiven Zustand.<br />
Es bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Architektur, der Innenarchitektur,<br />
für baulich integrierte Leitsysteme <strong>und</strong> der Kennzeichnung<br />
von Gefahrenstellen. Der Licht reflektierende Beton „BlingCrete“ wird von<br />
der Hering Bau GmbH + Co. KG hergestellt <strong>und</strong> vertrieben.<br />
50 Dr. Sascha Peters,<br />
HAUTE INNOVATION<br />
51 Vgl. Peters, Dr. Sascha (2010), S. 4<br />
52 Vgl. ebd., S. 5