Cicero Die 100 Auf- und Absteiger des Jahres (Vorschau)
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ANTON HOFREITER<br />
Vom Verkehrspolitik-Nerd<br />
zum Hoffnungsträger<br />
der Grünen. Sein <strong>Auf</strong>stieg<br />
an die Spitze der Bun <strong>des</strong>tags<br />
fraktion als Trittin-<br />
Nachfolger war sorgfältig<br />
vorbereitet <strong>und</strong> verlief unfallfrei.<br />
Beherrscht den Müntetrick, Banalitäten<br />
so vorzutragen, dass sie großartig<br />
klingen – <strong>und</strong> hat noch eine bayerische<br />
Bassstimme. Er bearbeitet geschickt<br />
die künftigen Machtoptionen Schwarz-<br />
Grün <strong>und</strong> Rot-Rot-Grün.<br />
STEPHAN WEIL<br />
Der frühere<br />
Oberbürgermeister von<br />
Hannover hat der Union<br />
Niedersachsen abgenommen,<br />
gemessen an<br />
der Bevölkerung das<br />
viertgrößte B<strong>und</strong>esland. Stephan Weil<br />
trotzte der Beliebtheit <strong>des</strong> CDU-Chefs<br />
McAllister <strong>und</strong> der Unbeliebtheit<br />
seiner SPD. Farblos, aber mit Biss –<br />
so wurde er Ministerpräsident.<br />
Im <strong>Auf</strong>sichtsrat <strong>des</strong> VW-Konzerns<br />
sitzt er auch noch.<br />
Fotos. Thomas Meyer/Ostkreuz, IMAGO [M], DDP Images (2), Action Press, Christoph Michaelis, Thomas Rabsch/Laif, Stefan Boness/VISUM, Henning Schacht/berlinpressphoto.de<br />
HORST SEEHOFER<br />
Dem Volk aufs Maul<br />
schauen, 180-Grad-<br />
Wenden, sich Merkel<br />
zunutze machen –<br />
so betreibt Seehofer Politik, <strong>und</strong> so<br />
hat er gewonnen. <strong>Die</strong> CSU eroberte<br />
in Bayern die absolute Mehrheit<br />
zurück, ihr Chef spielt in Berlin den<br />
Nebenkanzler. Parteiintern hat er<br />
straffe Befehlsketten etabliert, was<br />
ihm selbst lustvolle Instinktpolitik<br />
erlaubt. Seehofer hält sich sogar drei<br />
bis vier Kronprinzen, die artig um seine<br />
Gunst konkurrieren. Was für ein Horst!<br />
NORBERT RÖT TGEN<br />
Als Angela Merkel ihren Umweltminister<br />
nach <strong>des</strong>sen spektakulär vergeigter<br />
NRW-Wahl aus dem Kabinett warf,<br />
hätte wohl keiner mehr auf ihn<br />
ge wet tet. Doch der 48-Jährige jammerte<br />
nicht, sondern schwieg<br />
eisern. Und holte am 22. September<br />
in seinem Wahlkreis 52,4 Prozent<br />
der Erststimmen – 2,1 Prozentpunkte<br />
mehr als vier Jahre zuvor. Jetzt ist<br />
die einstige Nachwuchshoffnung der<br />
CDU offenbar rehabilitiert <strong>und</strong> darf sich<br />
sogar auf den Vorsitz im Auswärtigen<br />
Ausschuss freuen. Da geht noch was.<br />
KATHARINA SCHULZE<br />
Katharina Schulze wurde Sprecherin<br />
von NOlympia, jener Bewegung, die<br />
einen Bürgerentscheid gegen die<br />
Münchner Olympiabewerbung inszenierte.<br />
Sie zog in den Kampf gegen<br />
König Horst, Kaiser Franz <strong>und</strong> eine<br />
Armee von Goldmedaillengewinnern.<br />
Sie gewann. In den bayerischen<br />
Landtag gewählt wurde sie auch, da<br />
erkor die Grünen-Fraktion sie gleich<br />
zur Vizechefin. Und: Schulze ist gerade<br />
mal 28 Jahre alt.<br />
VOLKER BOUFFIER<br />
Er war Roland Kochs<br />
ergebener <strong>Die</strong>ner, Butler<br />
Buffi, 62, sieben Jahre<br />
älter als sein Vorgänger.<br />
Koch verließ die Politik, da durfte<br />
Buffi auch mal; es galt nur noch als<br />
Frage der Zeit, bis der vorletzte CDU-<br />
Regierungschef im Westen der Republik<br />
abgewählt würde. Aber Bouffier hat<br />
eiserne Nerven. Er taktierte richtig,<br />
hängte sich an Merkels Beliebtheit <strong>und</strong><br />
gewann die Landtagswahl. Jetzt wird<br />
er mit einer schwarz-grünen Regierung<br />
in Hessen Geschichte schreiben.<br />
Roland Koch, wer war das noch mal?<br />
BODO RAMELOW<br />
2013 überboten sich<br />
Thüringens Regierungsparteien<br />
CDU <strong>und</strong><br />
SPD mit Pannen <strong>und</strong><br />
Blamagen. Umso besser<br />
steht Linken-Fraktionschef<br />
Ramelow da. In Karlsruhe gewann er<br />
gegen den Verfassungsschutz, der ihn<br />
nicht mehr bespitzeln darf. Und nach<br />
Gabriels rot-roter Öffnung können<br />
sich mehr <strong>und</strong> mehr Sozialdemokraten<br />
vorstellen, 2014 in Erfurt Deutschlands<br />
ersten Ministerpräsidenten zu wählen,<br />
der der Linkspartei angehört.<br />
BERND LUCKE<br />
Sein ganz großes Ziel<br />
hat Bernd Lucke nicht<br />
erreicht. Aber auch<br />
ohne einen Einzug der<br />
„Alternative für Deutschland“<br />
in den B<strong>und</strong>estag<br />
ist es dem Wirtschafts professor aus<br />
Hamburg gelungen, das deutsche<br />
Parteiensystem gehörig durcheinanderzuwirbeln.<br />
4,7 Prozent aus dem Stand<br />
sind für einen Neuling in jedem Fall<br />
ein respektables Ergebnis, wozu<br />
sicherlich auch Luckes starke Talkshow-<br />
<strong>Auf</strong>tritte beigetragen haben. Bei der<br />
Europawahl im nächsten Jahr wird sich<br />
zeigen, ob seine zerstrittene AfD<br />
ihren Zenit bereits überschritten hat.<br />
JULIA KLÖCKNER<br />
Das Jahr begann für die rheinlandpfälzische<br />
CDU-Chefin katastrophal,<br />
denn Kurt Beck hinterließ ihr mit<br />
Malu Dreyer eine gefährliche Gegnerin.<br />
Aber Klöckner begriff schnell, dass sie<br />
sich jetzt nicht mehr gegen jemanden<br />
profilieren darf, sondern selber<br />
glänzen muss. Das tut sie sogar in<br />
Berlin als Vize der B<strong>und</strong>es-CDU: Wie<br />
kaum jemand sonst bringt sie es fertig,<br />
Merkels geschmeidige Mittepartei interessant<br />
zu machen. Und sie arbeitet<br />
beharrlich an der schwarz-grünen<br />
Machtoption, für ihre Kanzlerin, aber<br />
auch für sich in Rheinland-Pfalz.<br />
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<strong>Cicero</strong> – 1. 2014