Cicero Die 100 Auf- und Absteiger des Jahres (Vorschau)
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ANSELM REYLE<br />
Einerseits ist es vielleicht<br />
nur Müll <strong>des</strong> Alltags,<br />
sehr trickreich verklebt.<br />
Andererseits giert der<br />
Kunstmarkt <strong>und</strong> gieren mittlerweile<br />
auch die großen Museen nach den<br />
Werken Anselm Reyles. Sie wurden nun<br />
erst in den Hamburger Deichtorhallen,<br />
dann auch in Berlins Neuer<br />
Nationalgalerie ausgestellt. Damit<br />
ist, zumin<strong>des</strong>t binnendeutsch, der<br />
Olymp der Kunst erst einmal erreicht.<br />
Der Rubel rollt, die Besucher strömen.<br />
Künstlerherz, was willst du mehr?<br />
ANDREA BERG<br />
Nur fünf Wochen<br />
dauerte es, bis Andrea<br />
Bergs Album „Atlantis“<br />
Platin-Status erreichte,<br />
200 000 Exemplare<br />
verkauft wurden.<br />
Andrea Berg hat in<br />
Deutschland die<br />
meisten Nummereins-Positionen<br />
in<br />
den Verkaufscharts<br />
inne. Sie besingt<br />
im immer gleichen<br />
Discorhythmus<br />
Leid <strong>und</strong> Mut der<br />
zweifelnden Frau, die<br />
dem Mann die Stange<br />
hält: „<strong>Auf</strong> zu neuen<br />
Abenteuern, das ist<br />
unsere beste Zeit, mit dir<br />
kann ich die Liebe spüren<br />
bis in die Ewigkeit.“ Das<br />
mag man für schlicht<br />
gestrickt halten. Keine<br />
andere Musik aber erzählt<br />
mehr von Deutschland.<br />
TERÉZIA MORA<br />
<strong>Die</strong> Schriftstellerin <strong>und</strong><br />
herausragende Übersetzerin<br />
aus dem<br />
Ungarischen erhielt schon<br />
den Open-Mike-Literaturpreis, den<br />
Ingeborg-Bachmann-Preis <strong>und</strong> wurde<br />
mit dem Preis der Leipziger Buchmesse<br />
ausgezeichnet. Mit dem Deutschen<br />
Buchpreis 2013 für ihren dritten Roman<br />
„Das Ungeheuer“ – ein Roadmovie, in<br />
dem ein Mann den Lebensstationen<br />
seiner verstorbenen Ehefrau folgt –<br />
befindet sie sich jetzt auf direktem<br />
Weg zum Büchner-Preis.<br />
BAMBERGER SYMPHONIKER<br />
Unter ihrem englischen Chefdirigenten<br />
Jonathan Nott haben sich die<br />
Bamberger Symphoniker zu einem<br />
deutschen Spitzenorchester entwickelt.<br />
Mit ihrer nun abgeschlossenen<br />
Neueinspielung aller Symphonien<br />
Gustav Mahlers gelang ihnen ein<br />
bahn brechend neues, völlig entromantisiertes<br />
Porträt <strong>des</strong> österreichischen<br />
Komponisten. <strong>Auf</strong> also in<br />
die fränkische Provinz!<br />
LORDE<br />
Mit gerade 17 hat sie noch Träume,<br />
mit 16 bezirzte sie die Welt: Lorde, das<br />
Popw<strong>und</strong>erkind aus Neuseeland, singt<br />
so elfenfest <strong>und</strong> frauenstark, dass sich<br />
alle darauf einigen konnten. Ihr Album<br />
mit dem Titel „Pure Heroine“ <strong>und</strong><br />
dem Hit „Royals“ präsentierte die<br />
interessanteste rauchige Stimme <strong>des</strong><br />
<strong>Jahres</strong>, die zu kargen elektronischen,<br />
fingerschnippenden Beats die<br />
Gegenwart durchlüftete: Das Leben<br />
ist nicht einfach, Schönheit droht.<br />
MARKUS<br />
HINTERHÄUSER<br />
Der österreichische Pianist<br />
wird von 2014<br />
an die Wiener Festwochen<br />
leiten <strong>und</strong> wurde<br />
schon für 2017 auf<br />
einen der heikelsten, prominentesten<br />
Inten danten posten überhaupt berufen,<br />
den Chefsessel bei den Salzburger<br />
Festspielen. Jeder traut dem ernsten<br />
<strong>und</strong> charmanten Impresario zu,<br />
den Nockerlnstaub von den unter<br />
Alexander Pereira arg kulinarisch<br />
gewordenen Festspielen wegzupusten.<br />
Fotos: Malte Christians/Picture Alliance/DPA, Jens Gyarmaty/VISUM, A-way, Peter Eberts/<br />
Bamberger Symphoniker, Andreas Müller/VISUM, Ullstein Bild, Ilja Mess, StudioCanal/<br />
Cinetext/Allstar [M]; Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein<br />
DANIIL TRIFONOV<br />
An jungen russischen Pianisten herrscht<br />
derzeit kein Mangel. Der 23-jährige<br />
Daniil Trifonov schlägt mit seiner<br />
staunenswerten Virtuosität alle Konkurrenten<br />
aus dem Feld. In seinem Solo -<br />
recital aus der New Yorker Carnegie Hall<br />
mit Werken von Skrjabin, Liszt <strong>und</strong><br />
Chopin deutet sich die Wiederkehr eines<br />
hochromantischen Künstlertypus’ an.<br />
DIRK BAECKER<br />
Lange schon ist der an der Zeppelin-<br />
Universität in Friedrichshafen am<br />
Bodensee lehrende Soziologe Dirk<br />
Baecker im Deutungsgeschäft. Mit<br />
seinem Hauptwerk „Beobachter unter<br />
sich“ aber hat er im zurückliegenden<br />
Jahr die Fäden seiner bisherigen<br />
Arbeiten neu zusammengeführt <strong>und</strong> zu<br />
einer anspruchsvollen Theorie der Kultur<br />
vereint. Für Baecker<br />
bedeutet Kultur, die<br />
Position eines<br />
Beobachters anzuerkennen,<br />
der jedoch<br />
nie vollständig<br />
bestimmt werden<br />
kann. So schlägt der<br />
Konstrukti vismus noch<br />
einmal Funken.<br />
DANIEL BRÜHL<br />
Er ist so lange dabei im Filmgeschäft,<br />
dass man den 34-Jährigen mit dem<br />
Lausbubengesicht für einen alten<br />
Hasen halten könnte. 2013 aber gelang<br />
ihm mit seiner Darstellung Niki<br />
Laudas in „Rush“ <strong>und</strong> mit<br />
„Inside Wikileaks“, worin er<br />
Daniel Domscheit-Berg spielt,<br />
endgültig der internationale<br />
Durchbruch. Er ist<br />
laut LA Times sogar<br />
„erste Wahl unter<br />
den europäischen<br />
Schauspielern“.<br />
Wie hat er<br />
das geschafft?<br />
Durch Bescheidenheit,<br />
Zuverlässigkeit, Leidenschaft<br />
<strong>und</strong> Talent.<br />
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<strong>Cicero</strong> – 1. 2014