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Cicero Die 100 Auf- und Absteiger des Jahres (Vorschau)

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sondern auch ein großer Teil <strong>des</strong> aktuellen<br />

Führungskaders der Bank hat sich<br />

über Jahre an die süchtig machende süße<br />

Speise der Boni gewöhnt, auf die sie nun<br />

freiwillig nur ungern verzichten wollen.<br />

Nur Zwänge können sie hierzu bringen.<br />

DOCH UNTER ZWANG lässt sich nun mal<br />

keine strategisch gedachte Unternehmenspolitik<br />

gestalten. <strong>Die</strong>s vermögen<br />

nur freie Geister zu schaffen <strong>und</strong> nicht<br />

solche, die, nehme ich das Wort <strong>des</strong> Kulturwandels<br />

als Eingeständnis für eine bis<br />

heute herrschende Unkultur, an deren<br />

Errichtung beteiligt waren.<br />

Allzu ernst scheint es den Obersten<br />

der Bank mit dem Kulturwandel<br />

auch nicht zu sein, guckt man sich Jürgen<br />

Fitschens öffentliche Äußerungen der<br />

vergangenen Wochen noch mal an. Anmaßend,<br />

rechthaberisch <strong>und</strong> alles besser<br />

wissend trat er auf. B<strong>und</strong>esfinanzminister<br />

Wolfgang Schäuble warf Fitschen „populistische“<br />

Kommentare vor <strong>und</strong> fügte<br />

hinzu: „Es kann nicht sein, dass sich jemand<br />

hinstellt <strong>und</strong> sagt, es muss mehr reguliert<br />

werden.“ Forderungen nach noch<br />

mehr Sicherheit gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der deutschen Banken.<br />

Weitere Einmischung der Politik<br />

ins eigene Geschäft verbittet man sich in<br />

Frankfurt, mit teils skurrilen Begründungen.<br />

Investmentbanking <strong>und</strong> das traditionelle<br />

Kredit- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>engeschäft will<br />

Fitschen auch in Zukunft nicht getrennt<br />

wissen, weil die Bank dann nicht mehr<br />

in der Lage wäre, die Gewinne aus dem<br />

Investmentbanking zur Verbesserung der<br />

Konditionen im K<strong>und</strong>engeschäft einzusetzen.<br />

Allein mir fehlt der Glaube, hat es<br />

eine solche Quersubventionierung in der<br />

Vergangenheit doch nie gegeben. Statt<strong>des</strong>sen<br />

flossen die einst sprudelnden Erträge<br />

der Investmentbanker in Boni <strong>und</strong> die Eigenkapitalrendite<br />

der Bank. Auch in der<br />

Größe seines Instituts sieht Fitschen kein<br />

Problem, im Gegenteil, sie verleihe der<br />

Bank erst die Stabilität, die alle vom Finanzsektor<br />

fordern. „Too big to fail“ hält<br />

er für Unsinn, „too big to jail“ erst recht.<br />

Dabei lebt die Deutsche Bank über<br />

ihre, aber auch über die Verhältnisse <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong>, von dem sie sich den Namen lieh.<br />

Derweil die deutsche Realwirtschaft, die<br />

Werte für ihre Landsleute schafft, sich<br />

im Rahmen, den ihr Deutschland vorgibt,<br />

bewegt, bei allen Expansionen<br />

in die neuen, von ihnen erschlossenen<br />

Märkte, bodenständig geblieben ist,<br />

musste ausgerechnet die Deutsche Bank<br />

diese Grenzen sprengen, sich zum Global<br />

Player aufspielen. Sie plusterte sich<br />

damit als nicht zerstörbar auf, um somit<br />

für die steuerzahlenden Bürger zu<br />

einem nicht mehr kalkulierbaren Risiko<br />

zu werden. Das in der Ära Ackermann<br />

entwickelte Geschäftsmodell ist ebenso<br />

verwegen (für die Steuerpflichtigen) wie<br />

zukunftssicher (für die Bankvorstände):<br />

Man mache die Bank so groß, dass ihr<br />

die Politik zum Vasall wird <strong>und</strong> für je<strong>des</strong><br />

Risiko einsteht. <strong>Die</strong> von der Europäischen<br />

Kommission zu Recht abgeschaffte<br />

Gewährträgerhaftung für die Sparkassen<br />

ist durch die Hintertür in einem unvergleichbar<br />

größeren Umfang für die Deutsche<br />

Bank wieder eingeführt worden.<br />

FAST SCHEINEN die glitzernden Türme<br />

der Bank aus hellem Metall <strong>und</strong> widerspiegelndem<br />

Glas an der Frankfurter<br />

Taunusanlage als Sinnbild ihres <strong>Auf</strong>tretens<br />

in der Welt: mal schillernd <strong>und</strong> glitzernd,<br />

mal fadenscheinig glänzend. Doch<br />

es ist stets nur die Fassade, die da blinkt<br />

oder lange Schatten wirft. Ihr Inneres<br />

verbirgt die Deutsche Bank ebenso gekonnt<br />

wie konsequent, wie dies schon<br />

seit Jahrh<strong>und</strong>erten der Heilige Stuhl tut.<br />

Auch dort hat Papst Franziskus in<br />

Rom für seine die Welt umspannende<br />

Kirche eine Wende vom Prunk zur Armut<br />

<strong>und</strong> von der Allwissenheit zur Demut<br />

ausgerufen. Und so verwegen seine<br />

Botschaft klingen mag, eher traue ich der<br />

traditionsschwangeren Kirche die ihr von<br />

ihrem neuen Pontifex auferlegte Wandlung<br />

zu als der Deutschen Bank eine<br />

Kehrtwende. Trotz der wohlklingenden<br />

Worte, die die Doppelspitze als nachhaltige<br />

Veränderung verkaufen will, wird sie<br />

von ihrer Maxime, der Gewinnerzielung<br />

als Maß aller Dinge, nicht lassen. Damit<br />

ist sie uns, den Bürgern <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, <strong>des</strong>sen<br />

Namen sie wohl bis zu ihrem seligen<br />

Ende tragen wird, endgültig abhandengekommen.<br />

Vielleicht hilft auch hier nur<br />

ein echter Neuanfang mit neuem Personal<br />

an der Spitze oder frei nach Willy<br />

Brandt: Wandel durch Entfernung.<br />

LUDWIG POULLAIN war Vorsitzender<br />

der WestLB <strong>und</strong> verfolgt kritisch die<br />

Entwicklung <strong>des</strong> deutschen Bankenwesens<br />

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<strong>Cicero</strong> – 1. 2014

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