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FÜRST, LANDTAG UND STANDE 87<br />
Steuereinnahmen zu jener Zeit nicht eine gleichbleibende Geldquelle für<br />
den Monarchen darstellten. Andererseits muß erwähnt werden, daß bei<br />
besonders harter Wirtschaftslage der harag für ein oder mehrere Jahre<br />
auch erlassen werden konnte, wie ebenfalls z. B. unter Bethlen oder zum<br />
harag, in gleicher Höhe, meist noch das pesgjes-System (Geschenke) gehörte<br />
156 .<br />
Man war in politischen Kreisen Siebenbürgens schon frühzeitig zu<br />
der Ansicht gelangt, daß — solange eine Wiedervereinigung Ungarns ein<br />
Fernziel bleiben mußte — die osmanische Oberhoheit für eine selbstbewußtere<br />
eigene Politik des Fürstentums doch beträchtlichen Spielraum<br />
bot. Da man die Türken näher kennenlernte, fiel es anscheinend leichter,<br />
in ihnen statt den Antipoden eine der maßgeblichen Großmächte der<br />
damaligen Welt zu sehen und man lernte nicht nur, damit zu leben, sondern<br />
auch, die Freiräume auszuloten. Solange Siebenbürgen ein weitgehend<br />
eigenständiges Fürstentum war, pendelte seine Außenpolitik wie<br />
auf einer Schaukel zwischen Wien und Konstantinopel. Die Fürsten, die<br />
der Pforte gegenüber als loyal galten und wohl im Sinne der Realpolitik<br />
dieses auch mehr oder weniger waren — wie Stephan Báthori 157 und<br />
Gabriel Bethlen — erhielten jedenfalls gewisse außenpolitische Handlungsfreiheit.<br />
So gab Bethlen die ihm auf dem Preßburger Reichstag 1621<br />
angebotene ungarische Krone mit Blick auf seine weiterreichenden protestantisch-europäischen<br />
Pläne und mit Rücksicht auf das ihm dabei den<br />
Rücken deckende Osmanische Reich wieder zurück.<br />
Erst als, nach 1683, die Habsburger Kante vielversprechender als die<br />
osmanische war, erfolgte eindeutig ein Wandel in der Orientierung des<br />
Fürstentums.<br />
Schlußbemerkung<br />
In der Frage der Autonomie' Siebenbürgens als Glied der Stephansknone<br />
und dann des Fürstentums unter osraaniischer Schirmherrschaft<br />
kann nach 1540 ein beträchtlicher Zuwachs festgestellt werden. Die vielzitierten<br />
»Freiheiten« der Stände — gewachsenes Recht wie das Ergebnis<br />
von politischem Pragmatismus, etwa in der Religionsfrage — konnten<br />
gemehrt werden und wirkten im Leopoldinischen Diplom von 1691 fort.<br />
In diesem Sinne betrachtet, war Mohács für Siebenbürgen nicht die<br />
Katastrophe, wie für Ungarn schlechthin.<br />
Was jedoch die weitaus schwieriger zu beurteilende Frage einer<br />
möglichen Kontinuität von Reichsidee und -Recht des Königreichs<br />
Ungarn in Siebenbürgen nach 1528 betrifft, so scheint es, als habe hier<br />
die Tradition des regnum-Transylvaniae-Gedankens doch stärker gewirkt,<br />
als in der Geschichtsschreibung, insbesondere der ungarischen, allgemein<br />
eingeräumt wird. Wenn es um konkrete Maßnahmen und praktische An-<br />
Pascu, IR, S. 120—121.<br />
Possevino gibt auf S. 62 eine anschauliche Beschreibung und Begründung<br />
dieser Schaukelpolitik.