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46<br />
ANTON RADVANSZKY<br />
Zunächst mußte man das seit längerer Zeit vakant gebliebene katholische<br />
Kronhüteramt neu besetzen. Gewählt wurde Graf Julius Károlyi<br />
und nach seiner Abdankung (er wurde 1931 zuerst Außenminister, dann<br />
Ministerpräsident) Graf Emil Széchenyi. Nach seinem Tod und der aus<br />
Gesundheitsrücksichten erfolgten Abdankung des Grafen Ambróczy kam<br />
es im Jahre 1934 zu einer Doppelwahl. Als katholischen Kronhüter wählte<br />
der Reichstag Báron Sigismund Perényi und als protestantischen Vertreter<br />
bestimmte der Reichstag den reformierten Grafen Tibor Teleki. Der<br />
damalige Ministerpräsident Julius Gömbös, ein ausgesprochener Gegner<br />
der Habsburger, wollte keinen sogenannten »Legitimisten«, also keinen<br />
Anhänger des verstorbenen Königs Karl bzw. seines Sohnes, Otto, zum<br />
Kronhüter haben. Darum hatte er Baron Sigismund Perényi und Graf<br />
Tibor Teleki, die beide das Vertrauen des Reichsverwesers besaßen, an<br />
erster Stelle empfohlen.<br />
Es ist noch erwähnenswert, daß während der Zeit des Reichsverweisers,<br />
den Kronhütern eine spezielle, außerhalb der Kronhut liegende<br />
Funktion übertragen wurde. G. A. XIX vom Jahre 1937 betraute sie mit<br />
einer gewissen formalen Rolle bei der Wahl eines eventuellen Nachfolgers<br />
des Reichsverwesers. Der Gesetzartikel wollte dem Staatsoberhaupt damit<br />
die Möglichkeit geben, Einfluß auf die Wahl seines Nachfolgers auszuüben.<br />
Nach diesem Gesetz konnte nämlich der Reichsverweser in einem<br />
in direi Original-Ausfertigungen ohne Gegenzeichnung eines Ministers und<br />
in drei versiegelten Umschlägen angefertigten Schreiben, ohne daß er<br />
dazu verpflichtet gewesen wäre, nicht weniger und nicht mehr als drei<br />
mündige ungarische Staatsbürger als seine Nachfolger vorzuschlagen. Je<br />
ein versiegelter Umschlag mußte in Anwesenheit des Ministerpräsidenten<br />
dem Präsidenten der Königlichen Ungarischen Kurie (Oberster Königlicher<br />
Ungarischer Gerichtshof) und je einem Kronhüter übergeben werden<br />
94 . Die versiegelten Umschläge durften erst anläßlich und knapp vor<br />
der eventuellen Wahl eines neuen Reichsverwesers vom Präsidenten der<br />
Sitzung der gemeinsamen Wahlversammlung des Ober- und Unterhauses<br />
geöffnet und vorgelesen werden. Die Wahlversammlung war durch die<br />
Empfehlungen des gewesenen Reichsverwesers an ihrer freien Wahl<br />
nicht gebunden. Wir konnten nicht feststellen, ob Reichsverweser Horthy<br />
sein Recht, drei Nachfolger in der erwähnten Weise zu empfehlen,<br />
tatsächlich ausgeübt hat. In den hinterlassenen Papieren der Kronhüter<br />
bzw. des Präsidenten der Königlichen Kurie sind unseres Wissens bisher<br />
keine diesbezüglichen Dokumente oder Aufzeichnungen zum Vorschein<br />
gekommen.<br />
Während des Krieges, im Herbst 1942, verstarb Kronhüter Graf Tibor<br />
Teleki und zu seinem Nachfolger wurde der Generalinspektor (Laienpräsident)<br />
der Evangelisch-Lutherischen Gesamtkirche Baron Albert Radvánszky<br />
gewählt. Bereits im Jahre 1943, als sich der Kriegsschauplatz<br />
sich noch in einer ziemlichen Entfernung von der ungarischen Grenze<br />
befand und Ungarn von den Alliierten kaum bombardiert wurde, berieten<br />
sich, meines Wissens, manchmal die Kronhüter darüber, welche Maß-<br />
M Csekey, S. 134—135; Tomcsány, S. 3<strong>30</strong>—333.