Klima im Wandel Climate Change - Universität Salzburg
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Gletscher und <strong>Kl<strong>im</strong>a</strong> <strong>im</strong> Alpinen Spätglazial und frühen Holozän<br />
sehr träge war, kam er mit etwa einem Drittel bis höchstens der Hälfte der heutigen<br />
Niederschläge aus, die Sommertemperatur war rund 10 Grad niedriger als heute.<br />
Im Inntal erreichten sie kaum 9 °C. Diese Werte st<strong>im</strong>men gut mit der aus kalibrierten<br />
Kieselalgen rekonstruierten Wassertemperatur des Längsees für die Zeit des<br />
Gschnitzstadials überein (Schmidt et al., in diesem Band). Die heutigen Analoga für<br />
derartige Gletscher findet man am ehesten in der Arktis oder in den sehr trockenen<br />
Hochgebirgen in Zentralasien; der White Glacier auf Axel Heiberg Island in der<br />
kanadischen Arktis (Cogley et al. 1996) ist ein gut vergleichbares rezentes Beispiel<br />
für einen derartigen Gletscher.<br />
Weitere Informationen kann man aus der Modellierung der Ablationsgradienten<br />
mit der Energie- und Massenbilanzgleichung gewinnen, wie sie von Kaser (2001) für<br />
tropische Gletscher durchgeführt wurde. Die kl<strong>im</strong>atologisch modellierten Ablationsgradienten<br />
können dann so angepaßt werden, daß sie denen entsprechen, die<br />
aus dem Fließmodell abgeleitet wurden. Erste Versuche zeigen, daß während des<br />
Gschnitzstadiums der Sommer mit Ablationsbedingungen in 1900 m Seehöhe kaum<br />
50 Tage gedauert haben kann, während man heute in diesem Gebiet mit etwa 100<br />
Tagen in 2750 m Höhe rechnen kann. An der Gletscherzunge in der Höhe der<br />
Ortschaft Trins (1200 m) war nur an rund 100 - 120 Tagen Eisschmelze möglich.<br />
Auch Gradtagmodelle (Hughes, Braithwaite 2008) könnten für die kl<strong>im</strong>ageschichtliche<br />
Untersuchung dieser Gletscherstände interessante weitere Aufschlüsse liefern.<br />
Eine weitere, eher qualitative Möglichkeit der kl<strong>im</strong>ageschichtlichen Interpretation,<br />
bietet die basale Scherspannung an der Basis der Gletscherzunge, die vom<br />
Oberflächengefälle und der Eisdicke abhängt. Bei heutigen, gut ernährten alpinen<br />
Gletschern liegt sie <strong>im</strong> Bereich von 100 Kilopascal, nur in sehr steilen Partien liegt sie<br />
auf kurzen Strecken darüber (vgl. Maisch, Haeberli 1982). Diese Werte wurden auch<br />
für die Gletscher der Jüngeren Dryas erreicht, die in ihrer Charakteristik heutigen<br />
Gletschern vergleichbar waren. Im Gegensatz dazu wiesen die Gletscher vor dem<br />
Beginn des spätglazialen Interstadials sehr flache Zungen auf, deren Scherspannung<br />
<strong>im</strong> Bereich von 70 kPa und darunter lagen. Derartige Werte sind für schlecht ernährte<br />
Gletscher unter sehr kalten <strong>Kl<strong>im</strong>a</strong>bedingungen typisch.<br />
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