1914–2014« - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 127 / 03. 02. 2014<br />
Serie »<strong>Österreich</strong>er in Hollywood«<br />
114<br />
Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »<strong>Österreich</strong>er in Hollywood« 400 Einzelbiografien<br />
mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus<br />
Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In der 73. Folge portraitiert er<br />
Komponist<br />
Fritz Spielmann, Sohn des Geschäftsmannes Max Spielmann und<br />
dessen Gattin Mathilde 1) , geboren am 20. November 1906 in<br />
Wien, erhielt bereits im Alter von zwölf Jahren eine klassische Ausbildung,<br />
1927 schloß er sein Studium an der Akademie für Musik und<br />
darstellende Kunst in den Fächern Harmonielehre und Klavier bei<br />
Joseph Marx und Hans Gál ab. Seine eigentliche Karriere begann in<br />
Berlin, als er Anfang der sogenannten „roaring twenties“ in die quirlige<br />
deutsche Hauptstadt kam, wo er die Liebe zur amerikanischen<br />
Musik entdeckte. Spielmann arbeitete eine Zeit als Korrepetitor und<br />
zweiter Kapellmeister, die politischen Verhältnise veranlaßten ihn<br />
jedoch zur Rückkehr nach Wien. Er debütierte 1931 als Solist im Konzerthaus,<br />
wurde Hauskomponist an Stella Kadmons zeitkritischem<br />
Kabarett „Der liebe Augustin“ und gab später als Nachtclub-Pianist<br />
eigene Lieder zum Besten. Sein großes Vorbild war Kurt Weill. Aus<br />
der Zusammenarbeit mit Stephan Weiss, einem weiteren Komponisten<br />
der damaligen jüngeren Garde, entstanden Wiener Evergreens,<br />
teils nach Texten von Fritz Löhner-Beda, saisonale Schlager, 1936<br />
ein Lied für den Franziska-Gaal-Film „Fräulein Lilli“ (A) 2) und<br />
Musik zu Bühnenwerken wie die Komödie „Jimmys Bar“ von G.<br />
Fetter (pseud.) 3) und die im November 1937 im Theater an der Wien<br />
aufgeführte für Wien neuartige Singspiel-Revue „Pam Pam“ von<br />
Max Kolbe.<br />
Während Partner Stephan Weiss bereits Ende 1937 vorausschauend<br />
in die USA emigrierte, ignorierte Fritz Spielmann, der einen erfolgreichen<br />
Aufstieg vor sich sah, die Zeichen der Zeit. Der „Anschluß“<br />
<strong>Österreich</strong>s an das Deutsche Reich war indes für ihn existenzgefährdend.<br />
Ende Mai 1938 glückte ihm die Ausreise nach Frankreich, im<br />
Frühjahr 1939 kam auch seine Verlobte Mary Blakey (geb. Fels,<br />
Wienerin, in erster Ehe mit einem Engländer verheiratet) nach Paris.<br />
In den Monaten des unsicheren Aufenthaltes in der Seine-Metropole<br />
vermochte Spielmann seine Schlager auch dort zu popularisieren,<br />
dazu komponierte er mit dem Ungarn Joe Hajos (Jószef Hajós) die<br />
Musik zum Filmdrama „L’inconnue de Monte Carlo“/„La signora di<br />
Montecario“ einer franco/italienischen Produktiongesellschaft. Sein<br />
endgültiges Ziel aber waren die Vereinigten Staaten. Das Paar heiratete<br />
auf dem beschwerlichen Fluchtweg in Havanna auf Kuba und<br />
traf, nachdem ein Verwandter mit dem benötigten „Affidavit“ bürgte,<br />
am 4. September 1939 per Schiff in Miami, Florida ein, um von dort<br />
per Zug die Weiterfahrt nach New York anzutreten.<br />
Dem Allrounder gelang es, auch im Exil mit großem Erfolg in seinem<br />
erwählten Beruf zu reüssieren. Mit Auftritten als Pianist im neu<br />
eröffneten Restaurant „Wiener Fiaker“ in der 80. Straße an der Upper<br />
West Side Manhattans wurde Spielmann, dessen Repertoire am Flügel<br />
auch Gershwin- und Jerome Kern-Musik enthielt, neben Jimmy<br />
Berg und Hermann Leopoldi zu einem Begriff in der New Yorker<br />
„Wiener Kleinkunstszene“. In der Stadt am Hudson sprach man bald<br />
vom „Cole Porter from Vienna“, aus Hollywood kamen Stars und<br />
Produzenten, um den originellen Entertainer zu hören, Ingrid Bergman,<br />
Greta Garbo, John Huston, Otto Preminger und eines Tages sein<br />
Freund aus Wiener Tagen Billy Wilder. Spielmann hatte eben „My<br />
Fritz Spielmann<br />
Foto: Archiv Rudolf Ulrich<br />
Fritz Spielmann<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
Boy, My Boy“ geschrieben, weil Wilder das Lied für sein im Emigrantenmilieu<br />
spielendes romantisches Drama „Hold Back the<br />
Dawn“ („Das goldene Tor“, 1941) haben wollte, erwarb Paramount<br />
die Rechte, die Verwendung im Film erfolgte letztlich nur instrumental.<br />
Es war der Einstieg des Exil-Wieners in das US-Movie Business,<br />
wenngleich er vorerst noch in New York blieb. Mit dem Song<br />
„Shepherd Serenade“, gespielt von der Horace Heidt Band, gesungen<br />
von Bing Crosby, gelang ihm 1941 ein millionenfach verkaufter Hit,<br />
1945 erhielt er den Kompositionsauftrag zum Musical „A Lady Says<br />
Yes“ von Stanley Adams, das einige Zeit im Broadhurst Theatre lief.<br />
Die Songtexte verfaßte George Gershwins Bruder Arthur, das Werk<br />
bestätigte Spielmann als europäischen Komponisten mit Gefühl für<br />
amerikanische Musik.<br />
Mitten im Krieg holte ihn Hollywood, Fritz Spielmann nannte sich<br />
nun Fred Spielman. Der Newcomer schrieb als Song Provider 1943