1914–2014« - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 127 / 03. 02. 2014<br />
<strong>Österreich</strong>, Europa und die Welt<br />
4<br />
menhängende Wirtschaftsunion ohne jeden Zweifel unrentabel<br />
ist. Außerdem würde eine „Repatriierung“ der Wirtschaftspolitik<br />
dazu führen, daß sogar größere Mitgliedsstaaten der Globalisierung<br />
völlig schutzlos ausgeliefert wären.<br />
Die Arbeit konzentrierte sich auf drei Hauptbereiche:<br />
die Errichtung eines neuen Systems der wirtschaftlichen Ordnungspolitik<br />
(Economic governance),<br />
die Beschränkung übergroßer Risikobereitschaft seitens der<br />
Finanzdienstleistungsindustrie und<br />
die Verbesserung der Bankenaufsicht und des Krisenmanagements.<br />
Zur neuen wirtschaftlichen Ordnungspolitik<br />
Das Parlament, das wirtschaftspolitische Vorschriften gemeinsam<br />
mit den nationalen Parlamenten verabschiedet, spielte<br />
eine Schlüsselrolle, als es darum ging, die Koordinierung der<br />
öffentlichen Mittel in der Eurozone neu zu gestalten.<br />
Es war den Abgeordneten von Anfang an klar, daß die Volkswirtschaften<br />
enger aufeinander abgestimmt werden und die von<br />
ständigen Schulden angetriebenen Wirtschaftssysteme umgestaltet<br />
werden mußten.<br />
Das Parlament forderte wiederholt wachstumsfördernde Maßnahmen<br />
anstelle von Sparpolitik und führte einen oft einsamen<br />
Kampf für mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht als<br />
Grundlagen für eine erfolgreiche wirtschaftliche Integration.<br />
Die Abgeordneten setzten das Sechserpaket für die wirtschaftliche<br />
Ordnungspolitik mit schärferen Sanktionen gegen<br />
Staaten durch, die gegen die Regeln verstoßen. Darauf folgte das<br />
Zweierpaket aus Überwachungsvorschriften für eine Prüfung der<br />
Haushalte der Mitgliedsstaaten durch die EU und ein Fahrplan<br />
für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion. Das<br />
Parlament setzte sich auch nachdrücklich für ein stärkeres und<br />
transparenteres sowie rechenschaftspflichtiges Koordinierungssystem<br />
der Wirtschaftspolitik ein, das derzeit durch das Europäische<br />
Semester entwickelt wird.<br />
Neue Rechtsvorschriften<br />
für Finanzdienstleistungen<br />
Durch die Finanzkrise wurden die Menschen mit Begriffen<br />
vertraut, die vorher zur Welt der Finanzhändler gehörten. Credit<br />
Default Swaps, Derivate und Leerverkäufe waren plötzlich die<br />
Themen der Nachrichtensendungen zur Hauptsendezeit. Damit<br />
wurde gleichzeitig deutlich, wie hoch die Risikobereitschaft im<br />
Finanzsystem war.<br />
Der Beitrag des Parlaments war entscheidend für die neuen<br />
Rechtsvorschriften, mit denen die Exzesse der Finanzdienstleistungsindustrie<br />
eingedämmt werden sollten, damit diese nicht<br />
nur für schnelle Gewinne, sondern vor allem im Interesse der<br />
Realwirtschaft arbeitet.<br />
Während der fünfjährigen Legislaturperiode setzte der Finanzdienstleistungssektor<br />
die Abgeordneten massiv unter Druck.<br />
So starken Lobbyismus hatte das Parlament selten erlebt.<br />
Einige der von der EU geprägten Rechtsvorschriften betreffen<br />
Regelungen über Leerverkäufe und Credit Default Swaps,<br />
Geschäfte mit Hedge-Fonds, Marktmißbrauch, Überwachung<br />
und Standards des Handels sowie Ratingagenturen. Das Europäische<br />
Parlament gehörte auch zu den führenden Verfechtern einer<br />
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