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19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege

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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: <strong>19.</strong>04.2010<br />

Rügevorschriften und des Beschleunigungsgebotes sein (VK Schleswig-Holstein, B. v.<br />

20.01.2009 - Az.: VK-SH 17/08).<br />

2930<br />

2931<br />

2932<br />

2933<br />

Nach Auffassung der 2. VK Bund kann es einem Bieter nicht zugemutet werden, nach<br />

ausgesprochener Rüge mit der <strong>Antrag</strong>stellung zuzuwarten, wenn die nach <strong>§</strong> 114 Abs. 2 Satz 1<br />

<strong>GWB</strong> irreversible Erteilung des Zuschlags unmittelbar bevorsteht oder zumindest<br />

möglich ist. Vor diesem Hintergrund ist für jeden Einzelfall zu entscheiden, ob die Rüge<br />

einen ausreichenden Zeitraum vor <strong>Antrag</strong>stellung ausgesprochen wurde (2. VK Bund, B. v.<br />

27.8.2002 - Az.: VK 2 - 60/02).<br />

Hat außerdem die Vergabestelle bereits zum Zeitpunkt der Rüge praktisch keine<br />

Möglichkeit mehr, ein Nachprüfungsverfahren noch zu verhindern, kann ebenfalls von<br />

dem Erfordernis der Gewährung von "Reaktionszeit" abgesehen werden (2. VK Bund, B. v.<br />

24.6.2003 - Az.: VK 2 - 46/03).<br />

Unabhängig von der Frage, welche Zeitspanne zwischen Nachprüfungsantrag und Rüge noch<br />

als hinreichend anzusehen ist, erfüllt eine Rügeerhebung erst nach Stellung des<br />

Nachprüfungsantrags jedenfalls nicht die Voraussetzungen des <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3 Satz 1<br />

<strong>GWB</strong>, da dies Sinn und Zweck der Rüge widerspräche. Die Regelung in <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3 <strong>GWB</strong><br />

zielt in erster Linie darauf ab, dem Auftraggeber Gelegenheit zu geben, einen erkannten<br />

Vergabefehler so schnell wie möglich zu beseitigen und dadurch unnötige<br />

Nachprüfungsverfahren zu vermeiden. Ein weiteres Ziel der gesetzlichen<br />

Rügeobliegenheit ist es, dem Bieter die Möglichkeit zu nehmen, auf einen von ihm<br />

erkannten Vergabefehler zu spekulieren, indem er die Rüge erst dann erhebt, wenn sich<br />

dieser Fehler nicht zu seinen Gunsten auswirkt. Der vorgenannten Zielrichtung der<br />

Vermeidung von Nachprüfungsverfahren liefe es zuwider, wenn die Rüge gemäß <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs.<br />

3 <strong>GWB</strong> auch nach Einreichung des Nachprüfungsantrags erhoben werden könnte, da dann<br />

eine Abhilfe im Sinne der Vermeidung eines Nachprüfungsverfahren nicht mehr möglich<br />

wäre. Hierdurch würde auch die nach dem Gesetzeszweck ausdrücklich gewollte<br />

Abhilfemöglichkeit des Auftraggebers vor <strong>Einleitung</strong> eines Nachprüfungsverfahrens<br />

weitgehend in das Belieben des antragstellenden Bieters gestellt, indem dieser nach Belieben<br />

entscheiden könnte ob er zuerst das Nachprüfungsverfahren einleitet oder erst die Rüge<br />

erhebt. Der abweichenden Auffassung, die einen Nachprüfungsantrag vor Rügeerhebung<br />

zulässt, wenn der Bieter zu diesem Zeitpunkt mit seiner Rüge noch nicht präkludiert ist,<br />

ist nicht zuzustimmen. Die vorgenannte Auffassung stellt nur auf einen Teil des<br />

Gesetzeszwecks ab, nämlich der Verhinderung einer Spekulation mit einem erkannten<br />

Vergabefehler, während sie den vorrangigen Gesetzeszweck - die Abhilfemöglichkeit des<br />

Auftraggebers im Sinne einer Vermeidung von Nachprüfungsverfahren - außer Acht lässt<br />

(VK Baden-Württemberg, B. v. 28.05.2009 - Az.: 1 VK 22/09; 1. VK Bund, B. v. 16.06.2006<br />

- Az.: VK 1 - 34/06; 2. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 15.01.2008 - Az.: VK 2 LVwA LSA –<br />

28/07).<br />

Demgegenüber vertritt das OLG Düsseldorf die Auffassung, dass ein <strong>Antrag</strong>steller, der –<br />

ohne zuvor der Rügeobliegenheit nach <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3 S. 1 <strong>GWB</strong> nachgekommen zu sein –<br />

einen Nachprüfungsantrag stellt, die Rüge im Allgemeinen am selben Tag, spätestens<br />

aber innerhalb einer Frist von ein bis zwei Tagen danach gegenüber dem Auftraggeber<br />

aussprechen muss, um seiner Rügeobliegenheit noch zu genügen. Die Einreichung eines<br />

Nachprüfungsantrags markiert den Zeitpunkt, in dem sich der <strong>Antrag</strong>steller fest entschlossen<br />

hat, einen erkannten Vergaberechtsverstoß auf dem Rechtsweg zu bekämpfen und in dem er<br />

sich seiner Sache so sicher ist, dass er dafür auch erhebliche Kostenrisiken einzugehen bereit<br />

ist. Bei dem darin zum Ausdruck kommenden Grad an Gewissheit und Entschlossenheit

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