19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: <strong>19.</strong>04.2010<br />
Auftragsgegenstand ergibt, erkennen, was im Einzelnen geliefert und eingebaut werden soll<br />
(3. VK Bund, B. v. 26.09.2005 - Az.: VK 3 - 118/05; VK Hessen, B. v. 25.7.2003 - Az.: 69 d<br />
VK - 31/2003; VK Lüneburg, B. v. 25.2.2004 - Az.: 203-VgK-02/2004).<br />
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Wenn ein Auftraggeber vorträgt, ein <strong>Antrag</strong>steller habe hinsichtlich der<br />
Vergaberechtswidrigkeit einer Forderung nach einem Eigenleistungsanteil bloß <strong>§</strong> 4 Abs.<br />
4 VgV lesen müssen, werden überzogene Anforderungen an die Rechtskenntnisse eines<br />
Bieters gestellt. Der Rechtsverstoß war nur unter Aufwendung juristischen Sachverstands<br />
erkennbar. <strong>§</strong> 4 Abs. 4 VgV ist bereits infolge der Verweisung auf eine andere Vorschrift von<br />
Rechtslaien nur schwer verständlich. Zudem deutet der Wortlaut nur auf die Zurechnung der<br />
Leistungsfähigkeit eines Dritten hin. Die weitergehende Bedeutung der Vorschrift ist erst<br />
vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH erkennbar (OLG Düsseldorf, B. v.<br />
22.10.2008 - Az.: VII-Verg 48/08).<br />
Ein Verstoß gegen <strong>§</strong><strong>§</strong> 7a Nr. 3 Absatz 3 Satz 1, 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. m VOL/A dergestalt, dass<br />
eine Nennung von Eignungskriterien nicht in der Bekanntmachung, sondern erst in den<br />
Vergabeunterlagen erfolgt, ist offensichtlich. Er lässt sich durch bloßes Lesen der<br />
einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Bekanntmachungstext ohne weiteres<br />
feststellen und ist damit auch für jeden erkennbar, der über die intellektuellen<br />
Fähigkeiten verfügt, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen oder gar ein<br />
Unternehmen zu leiten (OLG Koblenz, B. v. 07.11.2007 - Az.: 1 Verg 6/07). Dies gilt auch,<br />
wenn in den Vergabeunterlagen weitergehendere Eignungsnachweise als in der EU-<br />
Bekanntmachung gefordert werden (OLG Celle, B. v. 04.03.2010 – Az.: 13 Verg 1/10).<br />
Anderer Auffassung ist die VK Düsseldorf. Auch wenn in der Bekanntmachung keinerlei<br />
Eignungsnachweise aufgeführt werden und der <strong>Antrag</strong>stellerin dies nicht innerhalb der<br />
Angebotsfrist beanstandet, ist er nicht mit der Beanstandung präkludiert, dass der<br />
Auftraggeber kein Angebot ausschließen darf, welches Eignungsnachweise nicht enthält,<br />
die erstmalig in den Verdingungsunterlagen gefordert wurden. Der <strong>Antrag</strong>steller muss<br />
dann zwar den Zustand hinnehmen, welcher sich aufgrund einer nicht ausgesprochenen Rüge<br />
ergibt, kann sich im Gegenzug aber darauf berufen, dass diese Umstände im<br />
Vergabeverfahren in dem ungerügten Zustand Bestand und Geltung haben. Für die<br />
Anforderung von Eignungsnachweisen bedeutet dies, dass sie so zu behandeln sind, wie<br />
sie bekannt gemacht wurden, nämlich gar nicht (VK Düsseldorf, B. v. 21.01.2009 - Az.:<br />
VK – 43/2008 – L).<br />
Die rechtlichen Konsequenzen der Wahl des Verhandlungsverfahrens sind für einen<br />
durchschnittlichen Bieter bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt erkennbar im Sinne des<br />
<strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3 Nr. 2 <strong>GWB</strong>. Die gewählte Verfahrensart gehört offenkundig zu den<br />
Grundlagen des Vergaberechts. Dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine Rangfolge der<br />
Verfahrensarten – gestaffelt nach der größtmöglichen Öffnung des Vergabeverfahrens für den<br />
Wettbewerb – vorgesehen hat, dürfte auch einem mit Vergabeverfahren weniger befassten<br />
Bieter bekannt sein. Auch ein mit Vergabesachen nicht allzu vertrauter Bieter muss sich<br />
daher an allererster Stelle mit der Verfahrensart beschäftigen. Denn aus dieser folgen<br />
unterschiedliche Anforderungen an die Angebotserstellung und Einschränkungen des<br />
Bieterkreises, hier z.B. beim Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem<br />
Teilnahmewettbewerb zunächst eine Bewerbung, dann erst die Abgabe eines Angebots.<br />
Vertiefte Kenntnisse des Vergaberechts oder der VOL/A sind daher nicht erforderlich,<br />
um zu erkennen, dass die Wahl des Verfahrens für den weiteren Verlauf des<br />
Vergabeverfahrens Folgen hat (3. VK Bund, B. v. 20.11.2009 - Az.: VK 3 - 202/09).