19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: <strong>19.</strong>04.2010<br />
2991/1<br />
2991/2<br />
2991/3<br />
2991/4<br />
Wird von dem <strong>Antrag</strong>steller in der Rüge formuliert, dass er davon ausgeht, dass die<br />
Beigeladene die Voraussetzungen, die in der Ausschreibung genannt wurden, nicht erfüllt,<br />
weil er weiter davon ausgeht, dass die Beigeladene zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe<br />
keine genehmigte Umladestation in jedem Landkreis vorweisen konnte, handelt es sich<br />
in diesem Verfahren nicht um eine Rüge „ins Blaue hinein“, sondern um fundierte<br />
Kenntnisse des <strong>Antrag</strong>stellers um die Müllsituation in den Landkreisen des<br />
<strong>Antrag</strong>sgegners (VK Südbayern, B. v. 29.07.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-27-05/09).<br />
Stehen die Rügen unter dem Vorbehalt der vorherigen Beantwortung von Fragen und<br />
der Klärung von einzelnen Punkten und kann damit der Auftraggeber davon ausgehen, dass<br />
die <strong>Antrag</strong>stellerin es ihm überlässt, zunächst die Fragen zu beantworten bzw. die strittigen<br />
Punkte zu klären und dann erst eine entsprechende Rüge erheben bzw. gelten lassen will,<br />
stehen damit die jeweiligen Rügen unter einer Bedingung. Dies widerspricht jedoch dem<br />
Sinn und Zweck und der erforderlichen Eindeutigkeit einer Rüge. Unklar bleibt, ob und<br />
in welchem Umfang die <strong>Antrag</strong>stellerin die jeweils angedrohten bzw. erhobenen Rügen<br />
aufrechterhalten will, wenn die Vergabestelle zwar ihre Fragen beantwortet oder die<br />
Klarstellung herbeiführt, dies aber überhaupt nicht oder nicht in vollem Umfang im Sinne der<br />
<strong>Antrag</strong>stellerin erledigt. Damit wäre eine erneute Überprüfung des Verhaltens der<br />
Vergabestelle - nämlich ihrer Antworten bzw. Stellungnahme – durch die <strong>Antrag</strong>stellerin<br />
erforderlich und eine erneute Willensbildung durch die <strong>Antrag</strong>stellerin erforderlich, ob sie die<br />
Rügen aufrechterhält bzw. in welchem Umfang. Damit sind die Rügen sogar vorsorglich<br />
erhoben worden. Derartige „Vorratsrügen“ sind jedoch nicht zulässig. Eine vorsorgliche<br />
Rüge kann nämlich den situationsbezogenen Interessenausgleich zwischen Auftraggeber und<br />
Bieter nicht schaffen und ist daher mit dem Sinn und Zweck der Gesetzesregelung<br />
unvereinbar (VK Hessen, B. v. 05.11.2009 - Az.: 69 d VK – 39/2009).<br />
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, wenn der <strong>Antrag</strong>steller den einzelnen<br />
Punkten den generellen Obersatz vorangesellt hat, dass er die nachstehenden Fragen als<br />
Rügen im Sinne des Vergaberechts nach <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3 <strong>GWB</strong> erhebt. Dadurch wird der<br />
Widerspruch nicht aufgelöst. Im Gegenteil: Er selbst bezeichnet denselben Sachverhalt bzw.<br />
dieselbe Formulierung gleichzeitig als Frage und als Rüge. Dies widerspricht jedoch bereits<br />
vom Wortlaut her einer für den Empfänger notwendigen eindeutigen und klaren Erklärung.<br />
(VK Hessen, B. v. 05.11.2009 - Az.: 69 d VK – 39/2009).<br />
In einer Mitteilung, der Bieter komme beim Auftraggeber gern zu einem klärenden<br />
Gespräch vorbei, kommt eine Rüge nicht zum Ausdruck, zumal wenn sich aus dem<br />
Sachverhalt ergibt, dass er auf diese Weise erreichen wollte, eine Klärung bezüglich der<br />
eingereichten Kalkulationsunterlagen herbeizuführen und sich der Bieter im Zeitpunkt der<br />
Rüge noch nicht sicher war, dass eine (vermeintlich) fehlerhafte Angebotswertung durch den<br />
Auftraggeber abschließend stattgefunden hatte (VK Brandenburg, B. v. 01.02.2010 - Az.: VK<br />
1/10).<br />
<strong>19.</strong>5.22.4 „Forderung“ nach einer Änderung der Vergabeentscheidung<br />
2992<br />
Dass eine Vergabestelle gegenüber einem Bewerber bzw. Bieter einer von diesem geäußerten<br />
Bitte um Änderung einer Vergabeentscheidung nicht nachkommen muss, sondern dies<br />
einer – ausdrücklich so genannten - Forderung bedarf, wäre dem zwischen den Beteiligten<br />
bestehenden Vertrauens- und Kooperationsverhältnis in höchstem Maße abträglich und<br />
ist von der die Rügepflicht betreffenden gesetzgeberischen Motivation nicht abgedeckt (VK<br />
Hessen, B. v. 30.03.2004 - Az.: 69 d - VK - 08/2004).