19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: <strong>19.</strong>04.2010<br />
2832<br />
• hat bei einer de-facto-Vergabe der <strong>Antrag</strong>steller frühzeitig Kenntnis von der<br />
beabsichtigten Vergabe erlangt, kommt eine Verwirkung des Rechts auf<br />
Nachprüfung solange nicht in Betracht, wie ein Auftrag schon mangels<br />
Einhaltung der kommunalrechtlichen Vertretungsvorschriften nicht wirksam<br />
zustande gekommen ist (OLG Celle, B. v. 29.10.2009 - Az.: 13 Verg 8/09)<br />
• wenn der <strong>Antrag</strong>steller im Vorfeld des Vertragsschlusses geäußert hat, er sehe<br />
keine Ausschreibungspflicht, jedoch später noch rechtzeitig rügt, es bestünde eine<br />
Ausschreibungspflicht, ist hierin nicht notwendigerweise ein treuwidriges<br />
widersprüchliches Verhalten zu sehen. Es ist dem potentiellen Bieter, der u.U.<br />
laienhafte Kenntnisse des Vergaberechts hat, zuzugestehen, seine<br />
Rechtsmeinung, -insbesondere bei komplexeren Fragen des Vergaberechtsauch<br />
zu seinen Gunsten zu ändern. Die Rechtsordnung sanktioniert nicht jedes<br />
widersprüchliche Verhalten ohne weiteres, indem sie dagegen den Einwand der<br />
Verwirkung oder des "venire contra factum proprium" zulässt.<br />
Rechtsmissbräuchlich wird ein solches Vorgehen eines Bieters erst, wenn die<br />
Vergabestelle aufgrund besonderer Umstände auf einen entsprechenden<br />
Rügeverzicht des Bieters vertrauen durfte (1. VK Sachsen, B. v. 13.08.2009 - Az.:<br />
1/SVK/034-09, 1/SVK/034-09G)<br />
• hat ein Bieter seine erste Rüge ausdrücklich zurückgenommen und darüber<br />
hinaus erklärt, sich dem von dem Auftraggeber angekündigtem<br />
Verhandlungsverfahren unterwerfen zu wollen, kann diese Erklärung nur als<br />
Zusage verstanden werden, rechtlich nicht mehr gegen die Durchführung des<br />
Verhandlungsverfahrens - und die ihm notwendiger Weise voraus gehende<br />
Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens - vorgehen zu wollen. Dies wird dadurch<br />
unterstützt, dass der Bieter im Folgenden am Verhandlungsverfahren<br />
teilgenommen und im August 2008 ein Endangebot abgegeben hat. Daher war es<br />
rechtsmissbräuchlich im Sinne eines Verstoßes gegen der Grundsatz von Treu und<br />
Glauben aus <strong>§</strong> 242 BGB, dass der Bieter unter dem 17.10.2008 erneut die<br />
Aufhebung des Nichtoffenen Verfahrens als vergaberechtswidrig gerügt hat, auch<br />
wenn der Bieter von dem Umstand, dass der Zuschlag nicht auf sein Angebot,<br />
sondern auf das eines anderen Bieters erteilt werden sollte, aus der Presse erfahren<br />
hat und erst danach gemäß <strong>§</strong> 13 VgV informiert wurde. Vergaberechtlich<br />
bewirkt eine treuwidrig erhobene Rüge die Unzulässigkeit eines hierauf<br />
gestützten Nachprüfungsantrages (VK Köln, B. v. 10.02.2009 - Az.: VK VOB<br />
39/2008)<br />
• zwar ist anerkannt, dass ein widersprüchliches Verhalten seitens eines Bieters,<br />
der auf der einen Seite einen Vergaberechtsverstoß (z.B. das Unterlassen eines<br />
öffentlichen Aufrufs zum Wettbewerb) rügt und zum Gegenstand eines<br />
Nachprüfungsantrags macht, diesen Fehler jedoch auf der anderen Seite selbst<br />
bewusst ausnutzt (z.B. durch Führen von auf vergaberechtswidrigen Abschluss<br />
gerichtete Verhandlungen), zum Ausschluss des Nachprüfungsrechts führen kann.<br />
Einen allgemeinen Grundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen<br />
kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat, gibt es jedoch nicht. Darüber<br />
hinaus muss vielmehr bei dem Auftraggeber ein schützenswertes Vertrauen<br />
bestehen, was durch die Wortverbindung Treu und Glauben in <strong>§</strong> 242 BGB zum<br />
Ausdruck gebracht wird (3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08)<br />
• selbst wenn man letzteres anders sehen wollte, dürfte das Schreiben jedoch zu spät<br />
gekommen zu sein, um eine Verwirkung zu verhindern, denn Ende Oktober<br />
waren bereits nahezu fünf Monate seit der Versendung der Bieterinformation<br />
vergangen. Wie Art. 2 f Abs. 1 Buchst. a der reformierten