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19. § 107 GWB - Einleitung, Antrag - Oeffentliche Auftraege

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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: <strong>19.</strong>04.2010<br />

nicht etwa voraus, dass der Bieter sich mit dem möglichen Verstoß bereits befasst hat und<br />

sich nur gegen die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sperrt. Es kann vielmehr auch<br />

und gerade dann angenommen werden, wenn der Bieter es vorwerfbar versäumt, die<br />

Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass er Kenntnis von Vergabeverstößen erlangen<br />

kann. Ein solches organisatorisch bedingtes mutwilliges Sich-Verschließen ist zu<br />

bejahen, wenn ein Bieter nicht dafür gesorgt hat, dass auch während längerer<br />

Abwesenheiten des zuständigen Bearbeiters eine Überprüfung der in dessen<br />

Zuständigkeitsbereich fallenden Vergabeverfahren stattfindet. Die Möglichkeit hierzu hat<br />

er nämlich: So kann er für eine Vertretungsregelung und eine hinreichende Unterrichtung und<br />

Schulung des Vertreters sorgen, auf einer Erreichbarkeit des Sachbearbeiters während<br />

längerer Abwesenheit bestehen oder die Anweisung treffen können, dass ein fachlich<br />

versierter externer Berater sich mit solchen Angelegenheiten befasst, wenn der Sachbearbeiter<br />

nicht erreichbar ist. Wenn der Bieter keine dieser nahe liegenden Möglichkeiten ergreift,<br />

sondern der Vorgang während des Urlaubs schlichtweg unbearbeitet bleibt, stellt dies einen<br />

organisatorischen Mangel dar, der den Vorwurf mutwilligen Sich-Verschließens vor der<br />

Erkenntnis eines Vergabefehlers begründet. Die erst nach Rückkehr des Sachbearbeiters<br />

eingeleitete Prüfung und Rüge ist deshalb verspätet (2. VK Bund, B. v. 26.01.2006 - Az.: VK<br />

2 - 165/05; VK Hessen, B. v. 17.08.2009 - Az.: 69 d VK – 25/2009).<br />

3031<br />

3032<br />

3032/1<br />

Nach Auffassung der VK Brandenburg obliegt dann, wenn eine objektive Betrachtung bei<br />

lebensnaher Beurteilung nur den Schluss zulässt, dass ein <strong>Antrag</strong>steller den geltend<br />

gemachten Vergaberechtsverstoß bereits zu einem bestimmten (früheren) Zeitpunkt<br />

erkannt oder sich mutwillig der Erkenntnis verschlossen hat, es ihm – wie sich auch aus <strong>§</strong><br />

108 Abs. 2 <strong>GWB</strong> ableiten lässt -, dies zu entkräften. Für die den zugrunde liegenden<br />

Tatsachen trägt er die Darlegungs- und Beweislast. Denn es soll im Rahmen des <strong>§</strong> <strong>107</strong> Abs. 3<br />

Satz 1 <strong>GWB</strong> verhindert werden, dass der Bieter auf einen erkannten Fehler spekuliert, weil er<br />

sich möglicherweise zu seinen Gunsten auswirken könnte (VK Brandenburg, B. v. 24.09.2004<br />

- VK 49/04).<br />

Ein mutwilliges Sichverschließen vor der Kenntnis eines Vergaberechtsverstoßes liegt<br />

auch dann vor, wenn sich Beschwerdeführer und Auftraggeber seit Jahren aus dem<br />

Aufgabengebiet kennen, dem Beschwerdeführer der beanstandete Vergabevorgang<br />

bekannt ist und der Beschwerdeführer kein Angebot in einem formellen<br />

Vergabeverfahren abgegeben hat (OLG Karlsruhe, B. v. 06.02.2007 - Az.: 17 Verg 7/06).<br />

Ist einem Bieter die Neigung kommunaler Auftraggeber bekannt, die Mitbenutzung des<br />

Erfassungssystems durch den/die Systembetreiber im Hinblick auf die Entgeltregelung<br />

zwischen der Kommune und dem Dienstleister - aus ihrer Sicht - vergaberechtswidrig zu<br />

regeln, ist es zumindest als mutwilliges Sichverschließen anzusehen, wenn der Bieter die<br />

Vergabeunterlagen zunächst lediglich unter dem Aspekt der „Leistbarkeit“ prüft und<br />

erst später beginnt, sich Klarheit über mögliche Rechtsverstöße zu verschaffen. Ein<br />

Bieter kommt nicht umhin zu bemerken, dass auch in den vorliegenden<br />

Vergabeunterlagen sinngemäß Regelungen vorhanden waren, die er bereits in der<br />

Vergangenheit als vergaberechtswidrig angesehen hatte. Diese Umstände wurden<br />

aufgrund des organisatorischen Vorgehens des Bieters jedoch erst ab einem bestimmten,<br />

intern festgelegten Datum unter dem Gesichtspunkt der Vergaberechtswidrigkeit behandelt<br />

und unter anschließender Inanspruchnahme einer Überlegungs - und Beratungsfrist erst später<br />

gegenüber dem Auftraggeberbeanstandet. Dies erscheint in Ansehung des konkreten<br />

Gegenstandes der Beanstandung nicht mehr als unverzüglich (VK Düsseldorf, B. v.<br />

07.10.2009 - Az.: VK – 31/2009 – L)

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