Interkulturelles hbersetzen in der verbalen ... - weiss traductions
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Disposition und die biographische Geschichte sowie Belastungen vor und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Migration. Die<br />
Mehrheit <strong>der</strong> MigrantInnen gibt an, im Herkunftsland mehrere traumatische Erfahrungen ge-<br />
macht zu haben (Moser 2001:320). Wie e<strong>in</strong>gangs erwähnt, hat etwa e<strong>in</strong> Viertel aller anerkann-<br />
ten Flüchtl<strong>in</strong>ge systematische Folter erlitten. Deshalb gehe ich nun genauer auf Traumatisierun-<br />
gen und <strong>der</strong>en Therapiemöglichkeiten e<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong> Trauma entsteht als Reaktion auf aussergewöhnliche Geschehnisse, die nicht im üblichen<br />
Erwartungsbereich liegen. Es handelt sich um „extrem bedrohliche Ereignisse, welche bei na-<br />
hezu jedem Menschen Gefühle von <strong>in</strong>tensiver Furcht sowie Ausgeliefertse<strong>in</strong>, Hilflosigkeit und<br />
Verzweiflung hervorrufen“ (Frey 2004:163) – und dies unabhängig davon, ob die betroffene Per-<br />
son es selber erlebt o<strong>der</strong> nur beobachtet. Beson<strong>der</strong>s belastend s<strong>in</strong>d Ereignisse, die sich wie<strong>der</strong>-<br />
holen o<strong>der</strong> solche, die absichtlich durch Menschen verübt wurden (Frey 2004:163). Beispiele<br />
von solchen Geschehnissen s<strong>in</strong>d Naturkatastrophen und schwere Unfälle, aber auch Folter,<br />
Vergewaltigung, politische Verfolgung, Krieg o<strong>der</strong> Haft.<br />
Mit ‚sequentieller Traumatisierung‘ werden Traumata <strong>in</strong> Folge von Menschenrechtsverletzungen<br />
bezeichnet. Der Begriff stammt von Hans Keilson, e<strong>in</strong>em deutschen Psychiater, <strong>der</strong> jüdische<br />
Kriegswaisen, die den Holocaust überlebt haben, betreute. Die Traumatisierung wird <strong>in</strong> drei Se-<br />
quenzen unterteilt: prä-traumatische, traumatische und post-traumatische Sequenz (Frey<br />
2004:163, Kläui 2004:189). Damit geme<strong>in</strong>t ist, dass die Zeit vor und nach e<strong>in</strong>em traumatischen<br />
Ereignis auch e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das Trauma hat. „Diese Sequenzen bee<strong>in</strong>flussen und durch-<br />
dr<strong>in</strong>gen sich gegenseitig, d. h. die Betroffenen erleben ihre Erfahrungen als e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches<br />
traumatisches Geschehen“ (Frey 2004:163). Ausschlaggebend für das zukünftige Wohlergehen<br />
ist gemäss Keilson die dritte Sequenz.<br />
„[Wir] beobachten [...], dass gefolterte Menschen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sicheren und verlässlichen<br />
familiären, sozialen und beruflichen Rahmen e<strong>in</strong> neues Leben aufbauen konnten, viel weniger<br />
Beschwerden aufweisen, als Flüchtl<strong>in</strong>ge, die – nach e<strong>in</strong>er oft sehr beschwerlichen und<br />
gefährlichen Flucht – e<strong>in</strong> schwieriges, lang dauerndes Asylverfahren durchleiden, ohne sich<br />
gesicherte existentielle und materielle Grundlagen aufbauen zu können“ (Kläui 2004:189).<br />
Auch Cather<strong>in</strong>e Moser unterstreicht, dass die Belastungen <strong>der</strong> Folterüberlebenden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Schweiz (also <strong>in</strong> <strong>der</strong> post-traumatischen Sequenz) „die bereits gemachten traumatischen Erfah-<br />
rungen verstärken und vertiefen [können], so dass Vergangenheit und Gegenwart als perma-<br />
nente Gewaltaussetzung wahrgenommen werden“ (2001:320).<br />
Das Kohärenzgefühl (vgl. 2.1.2) wird durch Traumatisierung und verstärkt durch sequentielle<br />
Traumatisierung bee<strong>in</strong>trächtigt, denn diese führt zu e<strong>in</strong>er massiver Verän<strong>der</strong>ung des Selbst-<br />
bildes und <strong>der</strong> Sicht über die Welt. „Wo früher Sicherheit, Vertrauen, Optimismus und Hand-<br />
lungsfähigkeit war, steht nun Angst und Verletzlichkeit, Misstrauen und Resignation sowie Ohn-<br />
macht und Passivität. An Stelle von persönlicher Intimität und Identität wird eigene Entfremdung,<br />
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