Interkulturelles hbersetzen in der verbalen ... - weiss traductions
Interkulturelles hbersetzen in der verbalen ... - weiss traductions
Interkulturelles hbersetzen in der verbalen ... - weiss traductions
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Grundlage kompetenter <strong>in</strong>terkultureller Arbeit ist also, die eigenen Vorurteile und Vorannahmen<br />
zu reflektieren und sich Rechenschaft abzulegen über den eigenen politischen, sozialen,<br />
kulturellen H<strong>in</strong>tergrund, <strong>in</strong> dem sie entstanden s<strong>in</strong>d. Es kann nicht darum gehen, Vorurteilsfreiheit<br />
anzustreben, son<strong>der</strong>n darum eigene und fremde Vorannahmen <strong>in</strong> die<br />
Kommunikation e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, geme<strong>in</strong>sam darüber zu reflektieren und sie auf ihre Nützlichkeit<br />
für die jeweils e<strong>in</strong>malige, diesen <strong>in</strong>dividuellen Patienten betreffende Behandlungssituation<br />
zu überprüfen“ (Oestereich 2001:161).<br />
Otyakmaz ruft deshalb zu Fehlerfreundlichkeit auf. Fachpersonen sollen ke<strong>in</strong>e Angst vor Miss-<br />
verständnisse haben, son<strong>der</strong>n diese als Lernmöglichkeiten sehen (2004:34). Dies verlangt nebst<br />
Respekt und Offenheit auch die Bereitschaft, sich auf Unbekanntes e<strong>in</strong>zulassen und sich selber<br />
nicht als allwissend zu def<strong>in</strong>ieren. In e<strong>in</strong>em Interview beschreibt es die Psychiater<strong>in</strong> Am<strong>in</strong>a<br />
Bargach folgen<strong>der</strong>massen: “Es muy importante la escucha. La escucha como un encuentro<br />
<strong>in</strong>teractivo [...]. En un proyecto <strong>in</strong>tercultural, el profesional [...] se presenta como alguien que<br />
desconoce, que trata de aproximarse a los proyectos personales, a las estrategias del<br />
migrante.” Sie nennt diese Haltung ‘escucha participativa’. Hegemann for<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e ähnliche<br />
Haltung <strong>der</strong> Fachpersonen, “weg von e<strong>in</strong>er Position des ‘alles wissenden Experten’ h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er<br />
neuen Rolle, nämlich <strong>der</strong> des dialogisierenden Mo<strong>der</strong>ators” (2001b:119). Diese dialogisierende<br />
Mo<strong>der</strong>ation zeichnet sich durch e<strong>in</strong>e “Anteil nehmende o<strong>der</strong> wohlwollende Neugier” (Cecch<strong>in</strong><br />
1988, zitiert <strong>in</strong> Hegemann 2001b:120) aus. Damit geme<strong>in</strong>t ist die Lust, mehr über etwas, das<br />
unbekannt und vielleicht unverständlich ersche<strong>in</strong>t, zu erfahren. Es geht bei dieser Anteil neh-<br />
menden Neugier aber nicht darum, allem Gesagten zuzustimmen. „Die konsequente Beachtung<br />
<strong>der</strong> Relativität von Werten und die Haltung <strong>der</strong> Neutralität zu unterschiedlichen kulturell bed<strong>in</strong>g-<br />
ten Haltungen ist jedoch e<strong>in</strong>e Grundvoraussetzung, ohne die transkulturelle Kommunikation<br />
nicht gel<strong>in</strong>gen kann“ (Hegemann 2001b:120).<br />
Hegemann weist darauf h<strong>in</strong>, dass diese Neugier schnell verschw<strong>in</strong>den kann. Er empfiehlt, dies<br />
frühzeitig zu erkennen und Methoden zu erwerben, um sie wie<strong>der</strong> zurückzuf<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong>e Mög-<br />
lichkeit ist die Thematisierung kulturell unterschiedlicher Haltungen, die ja meistens den<br />
KlientInnen auch bewusst s<strong>in</strong>d (2001b:121). So werden e<strong>in</strong>erseits Unverständnis und Mei-<br />
nungsverschiedenheiten transparent gemacht, an<strong>der</strong>erseits aber auch <strong>der</strong> Wille, mehr darüber<br />
zu erfahren, ausgedrückt. Die Position und Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Klient<strong>in</strong> wird somit ernst genommen,<br />
ohne sie kritiklos zu akzeptieren. Verschiedene Ansichten und Angehensweisen werden sichtbar<br />
und verhandelbar. Dieser Ansatz ermöglicht e<strong>in</strong>e ressourcen- und lösungsorientierte Kommuni-<br />
kation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>verbalen</strong> Therapie.<br />
Gehen wir davon aus, dass Therapien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Muttersprache wichtig und notwendig s<strong>in</strong>d (vgl.<br />
3.3), so kommen wir nicht um <strong>in</strong>terkulturelle ÜbersetzerInnen herum. Denn selbst wenn die<br />
For<strong>der</strong>ung nach Fachpersonen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund (vgl. 2.3.2.1) richtig ist, wird es<br />
27