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Interkulturelles hbersetzen in der verbalen ... - weiss traductions

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weil sie helfen möchten. Julia Müller ist überzeugt, dass es e<strong>in</strong> gewisses Engagement <strong>der</strong> Über-<br />

setzer<strong>in</strong> braucht, wie von allen Teammitglie<strong>der</strong>n im AFK. Das Problem besteht me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />

nach dar<strong>in</strong>, dass die Grenze zwischen Engagement und Helfersyndrom nicht immer e<strong>in</strong>deutig<br />

ist. Gerade bei schwierigen Schicksalen wird es schnell sehr belastend (vgl. 4.3.2.3). H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, dass die Übersetzer<strong>in</strong> sich <strong>der</strong> Erwartungen <strong>der</strong> Klient<strong>in</strong> nicht immer entziehen kann.<br />

Dies umso mehr, weil sich KlientInnen und ÜbersetzerInnen vielleicht diese klare Trennung nicht<br />

gewohnt s<strong>in</strong>d.<br />

„Viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen machen ke<strong>in</strong>e so deutliche Unterscheidung<br />

zwischen professionellen und privaten Beziehungen, wie das <strong>in</strong> westlichen Kulturen<br />

mittlerweile üblich ist. Es bedarf daher e<strong>in</strong>es F<strong>in</strong>gerspitzengefühls, e<strong>in</strong>en ganz persönlichen<br />

Stil zwischen freundlicher Zuwendung und angemessener Abgrenzung zu f<strong>in</strong>den“<br />

(Hegemann 2001b:126).<br />

Wenn es aber klare Richtl<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Institution gibt, kann die Klient<strong>in</strong> <strong>der</strong> Übersetzer<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e man-<br />

gelnde Bereitschaft vorwerfen. Deshalb lohnt es sich, die Regeln <strong>der</strong> Klient<strong>in</strong> genau zu erklären<br />

(vgl. 4.3.1.3).<br />

In e<strong>in</strong>er Beziehung, auch wenn sie ‚re<strong>in</strong>‘ therapeutisch ist, gibt es gewisse Regeln, wie mite<strong>in</strong>-<br />

an<strong>der</strong> umzugehen ist – das, was wir geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als Anstand o<strong>der</strong> Höflichkeit verstehen. Dies be-<br />

trifft auch den Umgang mit tabuisierten Themen. Abdallah-Ste<strong>in</strong>kopff er<strong>in</strong>nert daran, dass das<br />

Vermeiden von Themen, die Scham- o<strong>der</strong> Schuldgefühle auslösen können, e<strong>in</strong>es <strong>der</strong><br />

Hauptkriterien für die Diagnose PTBS ist (vgl. 2.3.4.1). „Aber auch Therapeut und Dolmetscher<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> unterschiedlichem Masse davon betroffen“ (1999:9). Sie fügt e<strong>in</strong> Beispiel dazu an: e<strong>in</strong>e<br />

Frau auf <strong>der</strong> Flucht mit ihrem Sohn. Das Schlepperboot kenterte, sie wurde gerettet, doch ihr<br />

Sohn blieb verschollen. Vier Jahre danach spricht die Fachperson die Vermutung aus, dass <strong>der</strong><br />

Sohn gestorben sei. Der Übersetzer weigert sich aber, dies zu übersetzen. Er erklärt se<strong>in</strong>e Wei-<br />

gerung damit, dass die Annahme e<strong>in</strong>es Todes e<strong>in</strong>er Sünde gleichkomme. Selbst wenn alle Indi-<br />

zien für den Tod des Sohnes sprächen, dürfe dies nicht ausgesprochen werden (1999:9).<br />

Nicht nur die ÜbersetzerInnen scheuen sich davor, tabuisierte Themen anzusprechen. Bei<br />

heiklen Themen ist es häufig auch für Fachpersonen unangenehm. „E<strong>in</strong>e mögliche Gefahr be-<br />

steht dann dar<strong>in</strong>, dass sie sich vage ausdrücken und <strong>in</strong>direkt die Aufgabe an die Dolmetscher<br />

delegieren, das Thema anzusprechen“ (Abdallah-Ste<strong>in</strong>kopff 1999:9). Dies kann aber für die the-<br />

rapeutische Beziehung fatal se<strong>in</strong>, da die Fachperson so die Verantwortung an die Übersetzer<strong>in</strong><br />

delegiert.<br />

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