RNE_Visionen_2050_Band_2_texte_Nr_38_Juni_2011
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MARLENE RINGEL<br />
Trainee Corporate PR<br />
bei einem Sportartikelhersteller<br />
--Aus Worten werden Taten:<br />
Wirtschaften mit Sinn--<br />
Wirtschaften für Menschen und Umwelt –<br />
nicht andersherum<br />
Genau heute vor 39 Jahren wurde Dirk Müller von seinem damaligen<br />
Arbeitgeber entlassen. Hatte er es doch gewagt, Kritik an einem<br />
Projekt auszuüben, das dem Unternehmen mehrere Millionen<br />
Euro einbringen sollte. Egal, dass dabei einige Hektar Regenwald<br />
draufgingen. Egal, dass das Vorhaben zu einem schweren Konflikt<br />
beigetragen hatte. Dabei hatte Dirk so hart für die Firma gearbeitet<br />
und sehr zu ihrem Erfolg beigetragen. Jahrelang hatte er fleißig<br />
Überstunden gemacht, selbst sein Ehrenamt beim Roten Kreuz<br />
und die Zeit für seine Kinder hatte er aufgegeben.<br />
Profit war eben doch das einzige Ziel; Geld der einzige Wert.<br />
Jetzt, in <strong>2050</strong>, ist zum Glück so vieles anders! Besonders in der<br />
Arbeitswelt. So wie Dirk ging es damals vielen. Und wie er wurden<br />
sie nachdenklich. Fingen an, sich zusammenzuschließen, und<br />
sich noch mehr für Nachhaltigkeit und einen wesensgerechteren<br />
Lebensstil zu engagieren.<br />
Auch Politik und Wirtschaft haben endlich die richtigen Worte<br />
gefunden, über das Thema Nachhaltigkeit zu diskutieren. Ein<br />
Paradigmenwechsel hat stattgefunden: Wir haben neue Prioritäten<br />
gesetzt. Neue Anreize, Gesetze und Strategien entworfen. Langsam<br />
fingen die Dinge an, sich zu wandeln.<br />
Viele Änderungen kamen freiwillig. Die Manager einiger großen<br />
Firmen haben endlich begonnen das umzusetzen, von dem sie schon<br />
vor Jahrzehnten gesprochen hatten. Da sie über Grenzen hinweg<br />
wirtschaften, hatte das nicht nur in Deutschland Auswirkungen.<br />
Zum Beispiel werden die Ökosysteme unserer Erde nicht mehr als<br />
„kostenlose“ Ressourcen und Leistungen gesehen und verwendet.<br />
Die realen Kosten für ihre Leistungen wurden in die Gewinn- und<br />
Verlustrechnungen integriert. Außerdem sind die Zulieferketten<br />
viel transparenter geworden. Neue Bürogebäude und Fabriken<br />
werden so gebaut, dass sie CO₂-neutral sind, alte Gebäude werden<br />
saniert.<br />
Die meisten anderen Unternehmen in Deutschland haben<br />
dann natürlich nachgezogen. Hatten sie doch gesehen, wie gut das<br />
nicht nur ihrem Gewissen, sondern auch den Umsätzen tun würde.<br />
Mit dem alten „Greenwashing“ hat das nichts mehr zu tun.<br />
Dirk Müller hatte vor 39 Jahren schnell eine neue Stelle gefunden,<br />
obwohl es damals das neue Stellenzuordnungssystem noch nicht<br />
gab. Heute kann man sich in diese zentrale Datenbank eintragen<br />
lassen, und so schnell zu einem neuen Job oder Praktikum gelangen.<br />
Statt nur nach Qualifikationen wird man hier eher je nach<br />
Interessen und Jobwünschen zugeordnet. Falls noch eine Qualifikation<br />
für die gewünschte Stelle fehlt, bekommt man eben die<br />
richtige Weiterbildung.<br />
Dirk hatte damals das Glück zu einer Firma zu kommen, die schon<br />
<strong>2011</strong> neue Wege gegangen ist. Heute ist das die Norm. Die meisten<br />
Firmen erlauben viel Flexibilität und Selbstbestimmung in der Gestaltung<br />
des Arbeitstages. Eine gewisse Entschleunigung hat stattgefunden.<br />
Fehler und Wunschvorstellungen sind erlaubt. Schließlich<br />
kann man nur so lernen.<br />
Die meisten Menschen arbeiten nur noch um die vier Tage in der<br />
Woche – und schaffen trotzdem genauso viel! Das hat es auch einfacher<br />
gemacht, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen.<br />
Oder sich auch mal ehrenamtlich zu engagieren. Es gibt auch mehr<br />
Frauen (um die 50 %) auf allen Etagen, und für Männer ist es völlig<br />
in Ordnung geworden, früher sogenannte „Frauenjobs“ zu erlernen<br />
oder sich um die Kinder zu kümmern.<br />
Wie war das alles eigentlich möglich? Vielleicht, weil nicht nur ein<br />
paar Politiker und die einigen großen Manager das Sagen hatten.<br />
In Deutschland, und später auch in anderen Teilen der Welt, hat<br />
sich ein Dialog über Nachhaltigkeit entwickelt. In den ersten Tagen<br />
wurden von Landkreisen und Kommunen viele Diskussionsgruppen<br />
mit Leuten mit den unterschiedlichsten Hintergründen veranstaltet,<br />
um eine gemeinsame Vision zu finden. Auch jetzt werden<br />
noch Bürger durch eine Plattform zu solchen Arbeitskreisen eingeladen.<br />
Die Auswahl hierzu funktioniert ähnlich wie beim englischen<br />
„jury service“.<br />
Auch die Medien werden aktiv genutzt, die Leute zu informieren,<br />
sie zu ermächtigen und den Dialog über eine nachhaltigere<br />
Lebensweise aufrecht zu erhalten. Verantwortlicher Journalismus<br />
und transparente und zugängliche Informationsquellen vom Staat<br />
haben vieles bewegt. Pressefreiheit existiert immer noch. Aber wir<br />
haben zusammen gelernt, wie man mit der Macht umgeht, die diese<br />
Kommunikationsform mit sich bringt. Und neue Technologien,<br />
wie zum Beispiel der kabellose Strom oder der 2013 herausgegebe-<br />
--Nie wieder Burn-out!—<br />
--Zusammenarbeit durch Em-<br />
powerment--<br />
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