RNE_Visionen_2050_Band_2_texte_Nr_38_Juni_2011
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Zur wöchentlichen Yogastunde nutze ich den öffentlichen Personennahverkehr<br />
oder auch mein Fahrrad. Auf Automobilität kann<br />
ich vor allem dann nicht verzichten, wenn ich Einkäufe nach Hause<br />
transportiere, ein Geschäftstermin ansteht oder eine größere Reise<br />
geplant ist. Das Ziel ist, zeit- bzw. wetterunabhängig mobil zu sein<br />
und Zugang zu einem einsatzbereiten und gereinigten Auto zu haben.<br />
Dabei spielt es für mich keine Rolle, ob ich alleiniger Besitzer<br />
eines Automobils bin oder eine Clubmitgliedschaft mit Mobilitätsoption<br />
besitze. Schlichte Praktikabilität und Benutzerfreundlichkeit<br />
übertrumpfen das Statusempfinden in der Alltagsmobilität.<br />
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die meine persönliche Lebensqualität<br />
mit 66 Jahren ganz entscheidend beeinflussen, dazu<br />
gehören z.B. geistige und körperliche Gesundheit. Ich stelle mir<br />
die Frage, ob ich im Jahr <strong>2050</strong> noch immer mit den nötigen motorischen<br />
Fähigkeiten ausgestattet bin, um mich selbstbestimmt<br />
fortzubewegen? Es stellt sich auch die Frage, wo und wie ich im<br />
Alter wohne? Im städtischen Umfeld z.B. kann ich viel leichter am<br />
kulturellen und sozialen Leben meiner Umgebung teilhaben und<br />
den Alltag aktiv und erfüllt gestalten. Unabhängig davon, möchte<br />
ich mir aber sicher sein, den Großteil meiner Freunde und Familie<br />
jederzeit erreichen zu können.<br />
In meinem Stadtteil wohnen Menschen verschiedenster Generationen<br />
und Kulturen. Das gegenseitige Helfen bei Alltagsproblemen<br />
ist selbstverständlich. Ich übernehme regelmäßig Botengänge für<br />
meinen Nachbarn, während mich dieser abends in einer Fremdsprache<br />
unterrichtet oder auch kocht.<br />
Unter der Voraussetzung, weitgehend finanziell abgesichert zu<br />
sein, habe ich richtig viel Spaß daran, mit einer Gruppe von Gleichgesinnten<br />
eine soziale Geschäftsidee zu entwickeln. Das Konzept<br />
regt den Austausch von häuslichen Leistungen und Reparaturen im<br />
lokalen Umfeld an, aber auch eine generationsübergreifende Kinderbetreuung.<br />
Von dieser Arbeit verspreche ich mir, physisch und<br />
geistig mobil zu bleiben und eine erfüllende Aufgabe in der Gesellschaft<br />
zu besetzen.<br />
Fragmente einer Zukunft. Meine Vision.<br />
Wenn ich auf die vergangenen 40 Jahre zurückschaue, dann bin<br />
ich auf den erlebten Bewusstseinswandel besonders stolz. Wir<br />
haben ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit als<br />
gesellschaftliche Werte verinnerlicht. Ich bin heute Teil einer Gesellschaft,<br />
die vorausschauend handelt und zukunftsfähige Entscheidungen<br />
trifft.<br />
LARISSA LETIZIA<br />
HOLZKI<br />
Freie Journalistin<br />
Wir haben gelernt, dass der Sinn der Wirtschaft nicht die Vermehrung<br />
von Kapital, sondern die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse<br />
ist. Die Aufgabe des Handels ist nicht länger die Anhäufung<br />
von Vermögen, sondern nunmehr Ausgleich zwischen einem Überschuss<br />
auf der einen Seite und einem Bedarf auf der anderen Seite<br />
zu schaffen. Heute erhalten alle Menschen ein Bedingungsloses<br />
Grundeinkommen. Dieses Grundeinkommen sichert nicht nur die<br />
Existenz auf einem lebenswerten Niveau, sondern hat auch große<br />
Auswirkungen auf gesellschaftliche Denkstrukturen. Arbeit wird<br />
durch die Trennung von Einkommen zu einer sinnstiftenden Lebensaufgabe.<br />
Wenn wir heute in einem Arbeitsverhältnis stehen,<br />
dann tun wir das aus dem Wunsch, dort tätig zu sein. Das zusätzlich<br />
erwirtschaftete Einkommen ist nicht lebensnotwendig, sondern frei<br />
verfügbares Vermögen. Jeder Mensch hat die Freiheit zu tun, was er<br />
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