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Erziehung zur Gleichstellung - Bundesministerium für Unterricht ...

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Mädchenbildung und Koedukation<br />

Soll die männliche Jungmannschaft zwischen dem 14. und 21. Lebensjahr wirklich gezwungen<br />

sein, im Bannkreis der stets spürbaren 'Menstruationswellen' ... geistige Mannesarbeit zu<br />

verrichten. An der Tatsache, dass es männliche Naturen gibt, deren Geruchsnerven sie in diesem<br />

Falle an ernsthafter Konzentration hindern, ist nicht zu zweifeln ... ! 7<br />

Nachdem sowohl die Gemeinde Wien als auch die Regierung es ablehnten, Parallelklassen <strong>für</strong> Mädchen an<br />

einem der Realgymnasien oder ein eigenes Mädchengymnasium zu errichten, eröffnete der Wiener Frauen-<br />

Erwerbs-Verein 1871 die "höhere Bildungsschule <strong>für</strong> Mädchen". 8<br />

1873 wurde in Graz eine sechsjährige<br />

höhere Mädchenschule gegründet, die den Namen Lyzeum trug und zum Prototyp <strong>für</strong> alle späteren sechsklassigen<br />

Mädchenmittelschulen wurde. 9<br />

An Gleichmacherei kann die <strong>Unterricht</strong>sverwaltung trotz aller Tagesschlagworte nicht denken.<br />

Es steht nicht an, das <strong>für</strong> die männliche Jugend bestehende <strong>Unterricht</strong>ssystem einfach auf die<br />

weibliche Jugend zu übertragen. (...) Es ist schon deshalb nicht zulässig, weil wir hier wirklich<br />

mit den feinsten Imponderabilien zu rechnen haben, mit seelischen und geistigen<br />

Eigenschaften des einen Geschlechts im Unterschied von dem anderen (...). Die nächste, aber<br />

auch die höchste Aufgabe der <strong>Unterricht</strong>sverwaltung auf dem Gebiet der Frauenbildung muss<br />

immer bleiben: Die Frau <strong>zur</strong> Erzieherin ihrer eigenen Kinder zu erziehen. 10<br />

Zu dieser Zeit, als die ersten privaten höheren Mädchenschulen entstanden, wurden Konzepte und Inhalte einer<br />

höheren Mädchenbildung diskutiert.<br />

"Die Meinungen darüber, was Mädchen nach der Pflichtschule lernen sollten, gingen weit<br />

auseinander: Sollte die Weiterbildung der Mädchen der Berufsausbildung dienen, der<br />

Allgemeinbildung oder der Perfektionierung der Hausfrauen- und Mutterrolle? Im Mittelpunkt<br />

stand die Frage: Sollen die höheren Mädchenschulen den Knabenmittelschulen angeglichen<br />

werden, also auch den gleichen Lehrstoff vermitteln, oder ist es zweckmäßiger, <strong>für</strong> Mädchenschulen<br />

eigene Organisationsformen und Inhalte auszuarbeiten" (Flich 1992, S. 73)?<br />

Mit dem Erlass "Betreffend den höheren <strong>Unterricht</strong> <strong>für</strong> die weibliche Jugend" (1897) wird schließlich eine<br />

Entwicklung eingeleitet, die die Bildungsansprüche der Mädchen <strong>zur</strong> "Pflege weiblicher Tugenden" lenken soll - in<br />

der Folge entstanden zahlreiche sechsklassige Mädchenlyzeen (vgl. Fischer-Kowalski u.a. 1986, S. 24).<br />

7<br />

Haase, in Eberhard 1930, S. 551, zitiert nach Pfister 1988, S. 27<br />

8<br />

Diese Mittelschule war anfangs vierjährig, der Lehrplan entsprach nicht den Mittelschulen der Knaben, sondern war "mit<br />

Rücksicht auf die Wesensart und die Aufgaben der Frau gestaltet"(Fischer-Kowalski u.a. 1986, S. 22).<br />

9<br />

Vgl. Simon 1993, S. 129 ff. und Flich 1992, S. 63 ff.<br />

10<br />

<strong>Unterricht</strong>sminister v. Gautsch 1891, zitiert nach Simon 1993, S. 157 f.<br />

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