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Erziehung zur Gleichstellung - Bundesministerium für Unterricht ...

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Geschlechtssensible Pädagogik – Theorie und Praxis<br />

Das Ziel in der Auseinandersetzung mit dem sozialen Geschlecht bzw. gender ist nicht, 'geschlechtsspezifische'<br />

Verhaltensweisen nachzuweisen, sondern die alltägliche Konstruktion der Geschlechterverhältnisse zu<br />

beschreiben und zu analysieren. Dabei wird nicht bei der Darstellung des Offensichtlichen stehen geblieben,<br />

sondern der Frage nachgegangen, was die Beteiligten – Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer –<br />

und die Strukturen und Rahmenbedingungen <strong>zur</strong> "Fabrikation von Unterschieden" beitragen. Denn <strong>Unterricht</strong> ist<br />

immer auch ein Aushandlungsprozess von Rollen – auch von Geschlechterrollen – im Sinne des 'doing gender'.<br />

Was bedeutet dann gender-gerecht? Wie kann verhindert werden, dass wir durch die Konzentration auf das<br />

soziale Geschlecht nicht erst recht wieder konstruieren, in einem essentialistischen Sinn: "Mädchen/ Frauen<br />

sind...", "Burschen/ Männer sind..."? Ein möglicher Ansatz in diesem Dilemma kann sein, allen Teilnehmenden zu<br />

ermöglichen, <strong>für</strong> sie neue, ungewohnte Erfahrungen zu machen – Raum einzunehmen, zu präsentieren, sich und<br />

die eigenen Leistungen, Erfahrungen und Kenntnisse positiv darzustellen, <strong>für</strong> ein gutes Gesprächsklima sorgen<br />

zu können,... Nach diesen Kriterien können alle Methoden geprüft bzw. systematisiert werden.<br />

Die Herausforderung bei der Zielformulierung von geschlechtssensibler Pädagogik muss auch als<br />

Gratwanderung zwischen Differenz und Gleichheit gesehen werden. "Wird die Differenz betont, um<br />

Ungleichheiten zu legitimieren, gilt es, sie <strong>zur</strong>ückzuweisen und auf Gleichheit zu beharren. Und wird Gleichheit<br />

umstandslos behauptet, muss auf Differenz beharrt werden, weil sonst die realen Herrschaftsverhältnisse<br />

einschließlich ihrer historischen Konstruktionsprozesse verhüllt und verleugnet werden." 27 Oder, wie es die<br />

deutsche Schulforscherin Annedore Prengel ausdrückt: "Differenz ohne Gleichheit bedeutet gesellschaftlich<br />

Hierarchie, kulturell Entwertung, ökonomisch Ausbeutung. Gleichheit ohne Differenz bedeutet Assimilation,<br />

Anpassung, Gleichschaltung, Ausgrenzung von 'Anderen'" (Prengel 1993, S. 182).<br />

Geschlechtssensibles Arbeiten in der Schule lässt sich vor allem auf vier Ebenen realisieren:<br />

27<br />

- auf der Ebene der <strong>Unterricht</strong>sinhalte, der ausgewählten Lehr- und Lernmittel, die abweichend von der<br />

tradierten männlichen Norm beiden Geschlechtern, Mädchen und Jungen, gemäß ihren Interessen und<br />

unterschiedlichen Vorerfahrungen entsprechen, die ihre jeweiligen Stärken wertschätzen und Mädchen<br />

wie Buben einen Zugang zu bislang Ungewohntem und Neuem eröffnen;<br />

- auf der Ebene der Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern, aber auch der<br />

Mädchen und Burschen untereinander;<br />

- auf der Ebene der Organisation des <strong>Unterricht</strong>s – insbesondere durch (phasenweises) Einrichten von<br />

geschlechtshomogenen <strong>Unterricht</strong>s-, Arbeits- und Lerngruppen;<br />

- auf der Ebene der Institution Schule in Form einer Gender-Analyse der (formalen) Organisationsstrukturen<br />

und der (informellen) Organisationskulturen<br />

Albrecht-Heide, zit. nach Nissen 1998, S. 78<br />

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