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Erziehung zur Gleichstellung - Bundesministerium für Unterricht ...

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Mädchenbildung und Koedukation<br />

Die weitere Debatte über die höhere Mädchenbildung führte 1912 zum "Normalstatut <strong>für</strong> Mädchenlyzeen",<br />

wonach Lyzeen sechs- oder siebenklassig geführt werden konnten. Neu war dabei die Teilung in eine Unter- und<br />

Oberstufe, wobei auf die vier Jahre Unterstufe nach Art des Reformrealgymnasiums vierjährige Kurse folgen<br />

konnten, die mit der Reifeprüfung abschlossen. Etliche Lyzeen machten von dieser neuen Regelung auch<br />

Gebrauch, das Lyzealschulwesen verlor damit an Bedeutung.<br />

Nach dem ersten Weltkrieg gestattete der sozialdemokratische Staatssekretär Otto Glöckel mit Erlass vom Juli<br />

1919 die Zulassung von Mädchen als ordentliche Schülerinnen an Knabenmittelschulen. Er wollte die<br />

Schulbildung der Mädchen vom Einkommen der Eltern unabhängig machen und die Lyzeen gänzlich abschaffen;<br />

damit erntete er Protest - auch vom Bund der österreichischen Frauenvereine. Die Argumente betrafen eine<br />

be<strong>für</strong>chtete Arbeitslosigkeit der Lehrerinnen und Lehrer der Lyzeen, es wurden aber auch pädagogische<br />

Einwände gegen die Koedukation vorgebracht. Deshalb wurde die Aufnahme von Mädchen an Knabenschulen<br />

zuerst nur mit Bewilligung des Landesschulrates gestattet, in Wien jedoch bereits 1920 generell erlaubt. Der<br />

Anteil der Mittelschülerinnen, die an Knabenmittelschulen gingen, stieg bis 1932/33 auf 40% (vgl. Fischer-<br />

Kowalski u.a. 1986, S. 53). Diese Mädchen wurden meist in eigens <strong>für</strong> sie eingerichteten Klassen unterrichtet.<br />

Insgesamt wurde das Mädchenbildungswesen mehr und mehr verstaatlicht.<br />

Die Koedukation war den Sozialdemokraten kein besonderes Anliegen. "Sie hatten zwar den Willen, die<br />

Gleichberechtigung der Geschlechter auch im Schulwesen <strong>zur</strong> Geltung zu bringen, aber an eine gemeinsame<br />

<strong>Erziehung</strong> der Buben und Mädchen in gemischten Klassen war nicht gedacht" (ebd., S. 50). Diese Forderung<br />

findet sich nur auf der programmatischen Ebene im Linzer Programm der Sozialdemokraten 1925 (ebd., S. 51).<br />

Glöckels Politik der Gleichberechtigung von Mädchen im Bildungswesen rief in den 20er Jahren eine<br />

Gegenbewegung hervor, die - wiederum mit der "Natur der Frau" und den "weiblichen Aufgaben" sowie dem<br />

unterschiedlichen Tempo des Heranreifens argumentierend - Schulen forderte, die der "weiblichen Eigenart<br />

angemessen seien". In der Folge entstanden Frauenoberschulen als höhere Schulen <strong>für</strong> Mädchen, die noch eine<br />

viel spezifischere "weibliche Ausrichtung" als die früheren Lyzeen hatten. 13<br />

Während des Austrofaschismus gab es <strong>für</strong> das Mädchenschulwesen wieder einschneidende Veränderungen:<br />

13<br />

"Mädchen hatten 'grundsätzlich an den <strong>für</strong> die weibliche Jugend bestehenden Bildungseinrichtungen<br />

ihre Mittelschulausbildung zu genießen', wurden sie 'ausnahmsweise zum<br />

Studium an Knabenmittelschulen zugelassen', so waren sie in Parallelklassen zusammenzufassen.<br />

(...) In allen Bildungsinstitutionen sollte die Berücksichtigung der weiblichen Eigenart<br />

erfolgen, die staatlichen Subventionen wurden drastisch gekürzt" (Fischer-Kowalski u.a.<br />

1986, S. 57).<br />

Vgl. Fischer-Kowalski u.a. 1986, S. 54 f. und Simon 1993, S. 221-230<br />

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