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Erziehung zur Gleichstellung - Bundesministerium für Unterricht ...

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Mädchenarbeit<br />

Mädchenarbeit + Burschenarbeit = gendersensible Pädagogik<br />

Die bewusste Auseinandersetzung mit den Kategorien Gleichheit, Gleichberechtigung, Herrschaft und Hierarchie<br />

ist auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts unumgänglich. Der allerorts feststellbare "Mythos der Gleichberechtigung"<br />

verschleiert nämlich allzu leicht nach wie vor bestehende Ungleichheitsverhältnisse. Mädchen und<br />

Frauen haben formal, aber nicht real die gleichen Rechte und Chancen. Die Strukturen und Mechanismen der<br />

Benachteiligung sind jedoch subtil, schwer zu erkennen und zu benennen. In einer männerdominierten<br />

Gesellschaft stützen die geltenden Normen und die NORMalität die ungleichen Geschlechterverhältnisse. Das,<br />

was als "normal" gilt, steht jedoch oft im Widerspruch <strong>zur</strong> REALität von Frauen und Mädchen und zu ihren<br />

Interessen (Permien 1997). Die Realität von Frauen und Mädchen aber wird so verdeckt, übersehen oder<br />

umdefiniert, dass dieser Widerspruch an Sprengkraft verliert. So erscheint es ganz "normal", dass Burschen viel<br />

mehr Raum und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen ("Buben sind halt so").<br />

Dieser Mechanismus funktioniert unbewusst, aber wirksam und beeinflusst die Wahrnehmung und Interpretation<br />

von Sachlagen durch alle Beteiligten. Eine ehemalige Schülerin der Mädchenklasse im Wiener Gymnasium<br />

Rahlgasse beschreibt dies so:<br />

"Bisweilen wird sogar unauffälligeres Verhalten der Mädchen als aufsässiger und schlimmer<br />

bewertet: Die Buben spielen in der Pause am Gang Fußball, machen einen Riesenlärm,<br />

nehmen den ganzen Platz ein und ruinieren dabei die Deckenkonstruktion; die Schülerinnen<br />

der Mädchenklasse sitzen vor ihrer Klasse am Boden, ein kleiner Platz, der ihnen noch<br />

geblieben ist. Da die Klassentür neben der Lifttür liegt, sitzen sie also auch vor dem Lift. Das<br />

löst große Aufregung hervor, die Mädchen blockieren angeblich den Lift, sie werden in die<br />

Klasse geschickt, ihnen wird verboten, vor ihr zu sitzen und sie bekommen eine Standpauke<br />

einer Lehrerin. Nicht, dass das Verhalten der Buben auch nur irgendjemandem auffällt"<br />

(Schneider Anna 2002, S. 19).<br />

Auch sexuelle Übergriffe gehören <strong>für</strong> viele Mädchen <strong>zur</strong> NORMalität, so dass sie und erwachsene Frauen über<br />

diese REALität schweigen.<br />

Es besteht also ein gesellschaftlicher Verdeckungszusammenhang, der die reale Unterdrückung und<br />

Benachteiligung von Mädchen und Frauen und ihre realen Interessen und Leistungen so hinter den<br />

gesellschaftlichen Normen und der Normalität verschwinden lässt, dass sie auch den Mädchen selbst aus dem<br />

Blick geraten. Sie wollen selbst der NORMalität entsprechen, um nicht ausgegrenzt und diffamiert zu werden.<br />

Denn Anerkennung von außen – von Freundinnen, Freunden, Eltern, Lehrpersonen – bekommen oftmals nur die<br />

"normalen" Mädchen.<br />

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