96<strong>BIFIE</strong>-<strong>Report</strong> 6/<strong>2010</strong>liegt gleichzeitig ebenfalls die Vermutung nahe, dass sich die Bereitstellung dieserMaterialien auch positiv auf den Einsatz der Bildungsstandards im Unterricht auswirkenwird.Befragte der KMS verwendendie Bildungsstandardsam häufigsten, Befragteder NMS am seltenstenHypothese IHypothese IIBedeutsame Gruppenunterschiede hinsichtlich der Verwendung der Bildungsstandardslassen sich sowohl für die verschiedenen Schulformen als auch für die einzelnenFächer feststellen, wobei sich besonders beim Vergleich der Schulformen eininteressantes Ergebnis zeigt. Während sich in Bezug auf die Einstellungen als auchim Hinblick auf die Einschätzung des Nutzens eine durchwegs kritischere Haltungvon KMS-Lehrer/innen ausmachen lässt, zeigt sich bei der praktischen Verwendung,dass Lehrer/innen der KMS am häufigsten angeben, die Bildungsstandards fürdie Unterrichtsplanung und -gestaltung zu verwenden. Gleichzeitig geben NMS-Lehrer/innen, die durchwegs durch eine besonders positive Einschätzung derBildungsstandards auffallen, am seltensten an, die Bildungsstandards auch tatsächlichzu verwenden. Worauf sich diese Schulformunterschiede begründen undwarum diese in Gegensatz zu den Einstellungen und der Nützlichkeitsbewertungvon Bildungsstandards stehen, bedarf weiterer, tiefer gehender Analysen. Ein möglicherErklärungsansatz dafür, dass Lehrer/innen der KMS die Bildungsstandardstrotz einer insgesamt kritischeren Haltung häufiger verwenden, könnte darin begründetliegen, dass KMS-Lehrer/innen sehr häufig Schüler/innen mit eherniedrigem Leistungsniveau (Risikoschüler/innen) unterrichten, bei denen dieEinübung von Grundkompetenzen eine besondere Herausforderung darstellt. DieseArgumentation, die in den vorangegangenen Kapiteln für die Interpretation derkritischeren Haltung von KMS-Lehrer/innen herangezogen wurde, ließe sich aufBasis der Ergebnisse zur Verwendung der Bildungsstandards erweitern und eineDifferenzierung von zwei Gruppen nahe legen – eine Gruppe von Lehrerinnenund Lehrern, die die Bildungsstandards eher als eine positive Herausforderung fürihre Schülerklientel und für ihren Unterricht sieht und eine Gruppe, bei der eineeher pessimistische Grundeinstellung sowohl gegenüber der Leistungsfähigkeit ihrerSchüler/innen als auch gegenüber den Bildungsstandards im Allgemeinen überwiegt.D. h. jene KMS-Lehrer/innen, die angeben, die Bildungsstandards regelmäßigzu verwenden, müssen auf Basis dieser Annahme nicht gleichzeitig auch jeneBefragten sein, die sich zu den Bildungsstandards kritisch äußern. Bei einer näherenBetrachtung der Ergebnisse bestätigt sich diese Hypothese. Jene KMS-Lehrer/innen,die angeben, die Bildungsstandards häufig zu verwenden, weisen auch bei derBewertung der positiven Aspekte der Bildungsstandards durchwegs positive Werteauf. Insgesamt betrachtet ist innerhalb der KMS die Gruppe jener Personen, dieden Bildungsstandards positive Implikationen zuschreibt aber deutlich kleiner alsjene Gruppe, die mit den Bildungsstandards keine solchen positiven Implikationenverbunden sieht.Bei den NMS-Lehrer/innen wäre es bei einer näheren Analyse hingegen naheliegend,der Frage nachzugehen, in welchen Schulstufen die befragten Lehrer/innenzum Zeitpunkt der Befragung unterrichtet haben. Nachdem die Baselinetestung unddie vorliegende Fragebogenerhebung in verschiedenen Schuljahren 39 stattgefundenhaben, besteht die Möglichkeit, dass Lehrer/innen, die angeben, in der NMS zu unterrichten,zwar mit einer 4. Klasse an der Baselinetestung im Frühjahr 2009 teilgenommenhaben, im Herbst 2009 allerdings vorwiegend in der 5. und 6. Schulstufe 40unterrichtet haben und die Verwendung der Bildungsstandards insofern für sie keinenso zentralen Stellenwert in der Planung und Gestaltung von Unterricht einnimmt.Der hohe Prozentsatz jener Personen, der angibt, die Bildungsstandards gar39 Die Baselinetestung fand im Schuljahr 2008/09, die Fragebogenerhebung im Schuljahr 2009/10 statt.40 Die Schüler/innen der NMS besuchten im Schuljahr 2009/10 ausschließlich die 5. oder 6. Schulstufe.
<strong>BIFIE</strong>-<strong>Report</strong> 6/<strong>2010</strong> 97nicht zu verwenden, lässt sich allerdings auch dadurch nicht schlüssig erklären undbedarf näherer Analysen.Bezogen auf das Unterrichtsfach zeigt sich, dass sich unter den Englischlehrkräftendeutlich mehr Personen finden, die die Bildungsstandards regelmäßig anwenden alsbei den Deutsch- und Mathematiklehrkräften. Dies lässt sich möglicherweise damiterklären, dass vor allem im Fach Englisch – wie bereits im vorangegangenen Kapitelerwähnt – die Entwicklungen schon sehr weit vorangeschritten sind und bereits seitlängerem wirklich umfassende Materialien vorliegen, die die Lehrer/innen bei derpraktischen Umsetzung der Bildungsstandards im Unterricht sehr gut unterstützen.Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass sich bei einerdifferenzierteren Betrachtung zeigt, dass in Bezug auf die Verwendung signifikanteUnterschiede zwischen HS- und AHS-Lehrkräften vorliegen, die darauf hinweisen,dass es vor allem die Englischlehrkräfte in der AHS sind, die häufiger angeben, dieBildungsstandards regelmäßig zu verwenden.Bedeutsam für die Verwendung von Bildungsstandards ist auch, wie gut sich Lehrer/innen informiert und unterstützt fühlen. Es zeigt sich auch in diesem Zusammenhang,dass Befragte, die sich gut informiert und/oder unterstützt fühlen, dieBildungsstandards auch häufiger verwenden als Lehrer/innen, die sich wenig informiertund/oder unterstützt fühlen. Insofern erscheint es in diesem Zusammenhangauch nicht überraschend, dass Befragte, die an einer Fortbildung teilgenommen haben,ebenfalls häufiger angeben, die Bildungsstandards für die Unterrichtsplanungund -gestaltung zu verwenden als Lehrer/innen, die keine Fortbildung absolvierthaben und dass auch die Fortbildungsintensität eine bedeutsame Rolle spielt. Es lässtsich schließen, dass, damit die Bildungsstandards von den Schulen angenommenund umgesetzt werden, die Akteurinnen und Akteure über entsprechendes Wissenüber die Bildungsstandards und deren praktische Umsetzungsmöglichkeiten verfügenmüssen. Denn nur mit dem erforderlichen Know-How zur Arbeit mit denBildungsstandards werden diese auch Eingang in den Unterricht finden und nurdadurch wird am ehesten Akzeptanz gewonnen werden.Am häufigsten nutzenEnglischlehrkräfte der AHSdie BildungsstandardsregelmäßigDie Verwendung derBildungsstandards setztKnow-How voraus