70<strong>BIFIE</strong>-<strong>Report</strong> 6/<strong>2010</strong>3.4.5.2 Vergleich der Einschätzung problematischer Aspekte54,543,532,521,51E_c E_d E_f E_g E_i E_m E_o E_p E_q E_r E_t E_v2007 2009Abbildung 48: Vergleich der Einschätzungen «problematischer Aspekte» von befragten Lehrer/innen und Schulleiter/innen aus dem Jahr 2007 (n ~ 470) und dem Jahr 2009 (n ~ 1420) –grafische Darstellung der Mittelwerte (Antwortkategorien: 1 = stimmt gar nicht ↔ 5 = stimmtgenau)BezeichnungE_cE_dE_fE_gE_iE_mE_oE_pE_qE_rE_tE_vItemBildungsstandards sind meiner Ansicht nach primär ein Instrument der Kontrollevon Schule und Lehrer/innen.Die professionelle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit wird durch Standardsdeutlich eingeschränkt.Bildungsstandards bewirken eine «Nivellierung nach unten» und vermindern dieSchulqualität eher als dass sie sie verbessern.Bildungsstandards verstärken den Selektions- und Leistungsdruck in der Schule.Standards und Schulautonomie – das geht einfach nicht zusammen.Der ausschließliche Blick auf die Ergebnisse vernachlässigt die wichtigeProzessdimension des Unterrichts.Am Konzept zur Umsetzung der Bildungsstandards ist noch zu vieles ungeklärt,um es wirklich beurteilen zu können.Die einseitige Betonung der Fachleistungen führt zu einer Unterschätzung dererzieherischen Leistungen der Schule.Außer Mehrarbeit für die Lehrkräfte werden die Bildungsstandards vermutlichnicht viel bringen.Schulen sind zu verschieden, um ihre Leistungen an gleichen Maßstäben zumessen.Von Standards zu Schulrankings ist der Weg nicht weit.Bildungsstandards bringen die Gefahr einer inhaltlichen Verarmung desUnterrichts mit sich.Tabelle 26: Items zur Erfassung der «problematischen Aspekte» der Bildungsstandards – LegendeItems mit der höchstenZustimmungBei den problematischen Aspekten weisen die beiden Aussagen «Von Standards zuSchulrankings ist der Weg nicht weit» (E_t) und «Am Konzept zur Umsetzung derBildungsstandards ist noch zu vieles ungeklärt, um es wirklich beurteilen zu können»(E_o) die höchsten Mittelwerte auf. Interessant in diesem Zusammenhang
<strong>BIFIE</strong>-<strong>Report</strong> 6/<strong>2010</strong> 71ist, dass die Befragten aus dem Jahr 2009 beim letztgenannten Item etwas höhereMittelwerte aufweisen als die Befragten aus dem Jahr 2007, d. h. sogar etwas stärkerals die Befragten der Pilotphase befinden, dass das Konzept zur Umsetzung derBildungsstandards noch stärkerer Klärung bedarf. Im Hinblick auf die Sorge, dassBildungsstandards unmittelbar mit der Erstellung von Schulrankings verbundensein könnten, verhält es sich genau umgekehrt. Hier liegt der Mittelwert aus demJahr 2009 etwas unter dem Mittelwert aus dem Jahr 2007 (Abbildung 48).Am wenigsten Zustimmung zeigt sich im Hinblick darauf, dass Bildungsstandardseine «Nivellierung nach unten» implizieren könnten (E_f) sowie dass dieHandlungs- und Entscheidungsfreiheit durch Bildungsstandards beträchtlich eingeschränktwerden könnte (E_d). Auch dass Bildungsstandards den Leistungs- undSelektionsdruck in der Schule verstärken (E_g) bzw. Standards und Schulautonomieeinander widersprechen (E_i) und außer Mehrarbeit für die Lehrkräfte nicht vielbringen werden (E_q), findet vergleichsmäßig eher wenig Zustimmung. Bei denerstgenannten vier Items zeigt sich jedoch, dass die Zustimmung bei den Befragtenaus dem Jahr 2009 im Vergleich zu jenen aus dem Jahr 2007 etwas höher liegt, d. h.die Sorge, dass Bildungsstandards im Hinblick auf diese angesprochenen Aspektenegative Implikationen mit sich bringen könnten, tendenziell etwas ausgeprägter ist.Unterschiede in den Mittelwerten zeigen sich darüber hinaus beim Item «Schulensind zu verschieden, um ihre Leistungen an gleichen Maßstäben zu messen» (E_r).Auch hier lässt sich bei den im Jahr 2009 befragten Lehrerinnen und Lehrern bzw.Schulleiterinnen und Schulleitern eine höhere Zustimmung – d. h. etwas größereSorge diesbezüglich – feststellen (Abbildung 48).Items mit der geringstenZustimmungInsgesamt betrachtet stimmen die Befragten den positiven Aspekten derBildungsstandards tendenziell etwas weniger zu (Mittelwerte zwischen 2,5 und 3,5)als den problematischen Aspekten (Mittelwerte zwischen 2,5 und 4).3.4.6 Zusammenfassung und SchlussfolgerungenZur Erfassung der Einstellungen von Lehrer/innen und Schulleiter/innen gegenüberden Bildungsstandards wurden insgesamt 23 Aussagen vorgegeben, die zum einenzentrale Argumente für die Einführung von Bildungsstandards («positive Aspekte»)und zum anderen mögliche Einwände, Befürchtungen und Ängste («problematischeAspekte») thematisieren.Im Rahmen der Datenanalyse wurden zunächst die Antwortverteilungen imHinblick auf die einzelnen vorgegebenen Items näher beleuchtet, wobei sich zeigt,dass Lehrer/innen und Schulleiter/innen positive Aspekte der Bildungsstandards vorallem darin sehen, dass diese zu einer stärkeren Objektivierung und zur Förderungvon Chancengleichheit sowie zur Schaffung von mehr Transparenz im Schulwesenbeitragen können. Die Befragten sehen in den Bildungsstandards insgesamt stärkerein Instrument der allgemeinen Qualitätssicherung. Positive Implikationender Bildungsstandards auf das unmittelbare, eigene praktische Handeln z. B. imHinblick auf die Diagnose des Lernstandes von Schülerinnen und Schülern sowiedie Gestaltung von individuellen Fördermaßnahmen werden hingegen in eher geringeremMaße wahrgenommen bzw. erwartet. Ein möglicher Grund dafür liegt darin,dass zum momentanen Zeitpunkt – am Beginn des Implementationsprozessesbzw. in der Phase der Durchführung der Baselinetestungen – der Fokus dochsehr stark auf den Testungen selbst liegt und Maßnahmen, die die Akteurinnenund Akteure in den Schulen darauf vorbereiten, wie die konkrete Umsetzungder Bildungsstandards im Unterricht erfolgen sollte, zwar intensiv angelaufen,zum Teil aber noch nicht «tief genug gesickert» sind, um bereits erkennbareFörderung vonObjektivierung,Chancengleichheit undTransparenz werden alspositiv eingeschätzt