Historischer Rückblick 12 Chronik des zahnärztlichen Berufsstandes in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> | 11
Chronik des zahnärztlichen Berufsstandes in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 12 | I. Einleitung In dieser Chronik wird versucht – ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – die Entwicklung der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> bis zu ihrer Konstituierung darzustellen. Der Rückblick dokumentiert das ständige Bemühen der Zahnärzte, die Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung des Berufsstandes zu schaffen. Auch heute hat in der Bundesrepublik Deutschland der Begriff einer Selbstverwaltung eine gesicherte und überkommene Bedeutung. Die in Jahrhunderten gewachsenen Strukturen wie auch das Wirken einer solchen Selbstverwaltung umfasst nicht nur eigene Rechte und die Möglichkeit zur freien Entscheidung im Rahmen von Gesetz und Satzung, sie bedeutet zugleich auch eine Verpflichtung und Verantwortung für jeden einzelnen Berufsangehörigen. Voraussetzung für die Bildung einer Zahnärztekammer für das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> war zwangsläufig die Vereinigung der von den Militärregierungen im <strong>Jahre</strong> 1945 gebildeten drei Länder <strong>Württemberg</strong>-<strong>Baden</strong>, <strong>Württemberg</strong>-Hohenzollern und <strong>Baden</strong> zum neuen Bundesland <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> am 25. April 1952. Erst dann konnte eine verfassungsgebende Landesversammlung am 21. Oktober 1953 das Gesetz über die öffentliche Berufsvertretung der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten (Kammergesetz) verabschieden. Vor diesem Zeitpunkt waren die Heilberufe mit Ausnahme der Dentisten in den alten Ländern <strong>Baden</strong> und <strong>Württemberg</strong> in getrennten Kammern zusammengefasst, die jetzt in diesen Landeskammern ihre Nachfolger fanden. Nachfolgend wird die Entstehung und Entwicklung der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> aus den berufsständischen Zusammenschlüssen, die Aufgaben und die Beeinflussung durch die Gesellschaft seit der jüngeren Neuzeit bis zu Konstituierung dargestellt. Dabei sind besonders bemerkenswerte, geschichtliche Fakten aufgeführt, die für das Zeitverständnis kennzeichnend sind. Ein solcher Rückblick zeigt einmal mehr die enge Verzahnung und Abhängigkeit des berufsständischen Geschehens von den gesellschaftspolitischen Entwicklungen. Er trägt einerseits zum Verständnis der Vergangenheit bei und beweist andererseits die Notwendigkeit zu einer Würdigung aller Zeitumstände bei der Planung berufsständischer Wege und Vorhaben. Eine Tatsache, die leider oft genug übersehen wird. II. Die Vorläufer unseres heutigen Berufsstandes von der jüngeren Neuzeit bis 1952 Der Handwerker als Zahnarzt Im 16. Jahrhundert, zur Zeit der beiden Markgrafschaften <strong>Baden</strong>, gab es keine Zahnheilkunde im heutigen Sinn; die Zahnbehandlung beschränkte sich im Allgemeinen auf die Entfernung des schmerzenden Zahnes. Die Tätigkeit war dem niederen Heilpersonal überlassen, das zu den Handwerkern gehörte. In Freiburg waren es die Scherer und Bader, die mit den „Weibern, die Arzney treiben“ zur Malerzunft zählten, denn der gemeinsame Schutzpatron beider Berufsstände war der heilige Lukas. Nach der Kleiderordnung rechnete man die Scherer mit den Apothekern in die dritte Klasse der vornehmen Handwerker, was jedoch nicht für die Bader galt. Die Lehrlinge wurden geprüft, ob sie recht scheren, schröpfen, zahnziehen, verbinden und aderlassen können. Der Preis für das Zahnziehen war gleich dem von einem schwierigen Aderlass. Außer solchen ortsansässigen, sozusagen zünftigen Zahnbehandlern betätigte sich im 16. und 17. Jahrhundert auch fahrendes Volk in diesem Metier. Die Universität Freiburg legte „dem ersamen Raht der Stadt Bedenken vor um abschaffung der landpfarrer, zahnbrecher, juden, kälberärzte und dergleichen leuthbetrueger.“ Markgraf Friedrich V. von <strong>Baden</strong> erließ während des 30jährigen Krieges eine Barbierordnung mit 34 Artikeln. Im 13. Artikel hieß es: „Nach den Kehrjahren während der 6-jährigen Wanderschaft soll der Meister darauf achten, das Zähneausbrechen emsig zu exerzieren“. Im 27. Artikel: „Es darf kein Bader, der nicht das Barbierhandwerk erlernt, Zähne ausbrechen“. Zu den Verpflichtungen zählte auch der obligatorische Sonntagsdienst. 1685 – Approbation für Zahnbrecher Ein Edikt des Großen Kurfürsten sprach zum ersten mal von einer Approbation durch ein Collegium medicum zur Ausübung der Heilkunde. Die Zahnbehandlung war hauptsächlich auf