Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg 50 Jahre ... - Lzk Bw
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Alterszahnheilkunde –<br />
zahnmedizinische Herausforderung der Zukunft<br />
62 |<br />
Was raubt uns die Zähne…?<br />
Wenn Sie dies lesen … wissen Sie es zwar meistens noch nicht,<br />
mancher merkt es aber schon: Sie alle gehören dazu, die wir<br />
heute 20, 30 oder 60 <strong>Jahre</strong> alt sind. Wir werden jeden Tag älter.<br />
Manch’ einer zählt nach der Einteilung der World Health<br />
Organization (WHO) zu der Generation im biologisch ausgeglichenen<br />
Alter (unter <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong>). Über <strong>50</strong> <strong>Jahre</strong> zählen Sie zu<br />
den Alten. Sind Sie 55 <strong>Jahre</strong> und älter, bekommen Sie als<br />
Zahnarzt keine Kassenzulassung. Gesellschaft und Politik,<br />
die wir alle mitgeschaffen, lässt uns ab dem 67. Lebensjahr<br />
unseren Beruf im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) nicht mehr ausüben und Biologie, Morbidität,<br />
unzulängliche Pflege und fehlende Vor- und Nachsorge im<br />
Alter ... rauben uns die Zähne.<br />
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in den nächsten <strong>Jahre</strong>n<br />
wird in Deutschland im Jahr 2030 etwa ein Drittel der Bevölkerung<br />
über 60 <strong>Jahre</strong> alt sein. Die heutige Bevölkerungspyramide<br />
weist in Deutschland und Europa keine Dreiecksform<br />
mit einer breiten Basis auf, wie am Anfang des Jahrhunderts,<br />
sondern eine Pilzform, eine dünne Basis mit einem breiten<br />
Hut. Dies hat zur Folge, dass sich neben der Medizin auch die<br />
Zahnmedizin im Umbruch befindet, um sich auf diese neue<br />
Situation einzurichten. Die Alterszahnheilkunde wird daher<br />
in nächster Zeit deutlich mehr als bisher an Bedeutung gewinnen.<br />
Der Kollege in der Praxis bekommt die Herausforderungen<br />
einer immer älter werdenden Bevölkerung bereits jetzt<br />
hautnah zu spüren. Ältere Patienten weisen multimorbide<br />
Krankheitsbilder auf. Neben zahnmedizinischem sind medizinisches<br />
Wissen und soziale Kompetenz gefragt. Um es<br />
auf den Punkt zu bringen: In der Alterszahnheilkunde sind<br />
alle Erkrankungsbilder der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde<br />
kumuliert. Daraus ergibt sich einerseits ein großer Bedarf,<br />
andererseits auch ein enormes präventives Potential.<br />
Die Rolle des Teams<br />
Eine zentrale Rolle bei der Versorgung älterer Menschen spielt<br />
das Praxisteam. Deshalb sollten die Mitarbeiterinnen zum<br />
Beispiel im Rahmen von Fortbildungen auf diese Herausforderungen<br />
vorbereitet werden. Es stellt sich auch die Frage, inwieweit<br />
der Zahnarzt beziehungsweise seine Mitarbeiter präven-<br />
tive Hausbesuche machen sollen. Denn für immobile Patienten<br />
ist es oft die einzige Lösung, eine zahnärztliche Behandlung<br />
wahrzunehmen. Gerade bei dieser Patientengruppe ist es enorm<br />
wichtig, einen vertrauensvollen Bezug zu schaffen, um durch<br />
rechtzeitiges Eingreifen schwerwiegendere orale Erkrankungen<br />
im Vorfeld einzudämmen oder zu vermeiden. All das verlangt<br />
nach einer Stärkung der sozialen Kompetenz des Zahnarztes.<br />
Nicht nur der Therapeut ist gefragt, sondern vielmehr der<br />
lebenslange Partner des Patienten in allen Fragen rund um die<br />
Zahnmedizin.<br />
Das Projekt „Alterszahnheilkunde“<br />
In einer zukunftsorientierten Klausurtagung am Anfang der<br />
Legislaturperiode im <strong>Jahre</strong> 2000 befasste sich der Vorstand der<br />
<strong>Landeszahnärztekammer</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> mit dem Thema<br />
Zahnheilkunde für alte Menschen und ans Haus oder eine stationäre<br />
Pflegeeinrichtung Gebundene. Die zahnärztliche Behandlung<br />
der Patientengruppe verursacht in verschiedener Hinsicht<br />
außergewöhnlichen Aufwand, ohne in allen Fällen ein zufriedenstellendes<br />
Ergebnis erreichen zu können. Vorbereitungen für<br />
ein Projekt zur zahnmedizinischen Betreuung immobiler Patienten<br />
laufen schon seit längerem. Der Vorstand der <strong>Landeszahnärztekammer</strong><br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> hat im November 2000 dem<br />
neugegründeten Arbeitskreis „Alters- und Behindertenzahnheilkunde“<br />
den Auftrag erteilt, ein umsetzungsfähiges Konzept<br />
für diesen Patientenkreis zu erarbeiten. Vieles war Neuland für<br />
uns im Arbeitskreis: Nur zu vergleichen mit den Anfängen in der<br />
Individual- und Gruppenprophylaxe im Lande. Die Kontaktaufnahme<br />
mit Pflegepersonal, stationären Pflegeeinrichtungen,<br />
Institutionen, Organisationen und der Politik erwiesen sich als<br />
sehr schwierig. Das Sozialministerium <strong>Baden</strong>- <strong>Württemberg</strong><br />
war von unserer Idee und unseren Vorstellungen begeistert.<br />
Ein positiver Brief dazu war aber die einzige Reaktion. Und doch<br />
wäre die Hilfestellung bei der Schaffung adäquater Rahmenbedingungen<br />
notwendig, etwa bei baulichen Voraussetzungen<br />
in den stationären Pflegeeinrichtungen, bei Kooperationen<br />
mit den Pflegeheimen bei Aus- und Weiterbildung des Pflegepersonals<br />
und bei einem Pilotprojekt mit einer Universität im<br />
Lande als wissenschaftliche Begleitung. Wir verstehen uns als<br />
vernetzte Partner im Gesundheitswesen. Meist wurde unser<br />
Engagement in der Sache gelobt und uns zugesichert, unser<br />
Ansinnen in der nächsten Versammlung, Tagung, Sitzung vor-