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Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg 50 Jahre ... - Lzk Bw

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aufsicht. Dass die Kammer der Zugehörigkeit aller den zahnärztlichen<br />

Beruf Ausübenden nicht entbehren kann, wenn sie<br />

delegierte staatliche Funktionen ausüben soll, bedarf nach<br />

diesen Ausführungen kaum eines Hinweises. Zusammenschlüsse<br />

von Berufsangehörigen, die als Vereine des bürgerlichen<br />

Rechts auf freiwilliger Mitgliedschaft basieren, können<br />

mit gesetzlich verankerten Organisationen nicht gleichgesetzt<br />

werden. Die Beziehung der Kammer als Körperschaft des<br />

öffentlichen Rechts zum Kammerangehörigen ist öffentlichrechtlicher<br />

Natur, während der eingetragene Verein in einer<br />

rein privatrechtlichen Beziehung zu seinem Vereinsmitglied<br />

steht. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass die Kammer<br />

im Rahmen geltender Gesetze und Satzungen das Recht hat,<br />

Weisungen zu erteilen, Verbote auszusprechen oder Disziplinarmaßnahmen<br />

zu ergreifen. Um die Übertragung dieser<br />

hoheitlichen Aufgaben im Wege der Selbstverwaltung zu<br />

erreichen, müssen zwingend alle Berufsangehörigen Kammermitglieder<br />

sein. Mangels Erfassung aller Berufsangehörigen<br />

können derartige Kompetenzen von vorneherein einem eingetragenen<br />

Verein nicht zugestanden werden, denn dieser vertritt<br />

maximal die Interessen seiner Vereinsmitglieder, niemals aber<br />

die des gesamten Berufsstandes.<br />

Bedeutung der Zahnärztekammern aus<br />

gesellschaftspolitischer Sicht<br />

Heute geraten die Kammern als berufsständische Einrichtungen<br />

in die Gefahr, als Relikte ständestaatlicher Ordnungen missverstanden<br />

zu werden. Hier ist eine Erinnerung daran notwendig,<br />

was der Begriff „Stand“ in der Historie bedeutet. Bei einem<br />

Stand handelte es sich um eine Personengruppe, die eigenen<br />

Verhaltensnormen unterlag und eine Standesehre sowie auch<br />

Standeskultur entwickelte. Diese privilegierten Korporationen<br />

traten auf Grund der durchgesetzten Mitspracherechte<br />

dem Landesherrn gegenüber. Die so geschaffenen „landesständischen“<br />

Verfassungen wurden nach Entwicklung der Parlamente<br />

aufgehoben.<br />

Der im 18. und insbesondere im 19. Jahrhundert aufkommende<br />

Liberalismus war der Entwicklung von genossenschaftlichen<br />

und ständischen Einrichtungen nicht gerade förderlich. In jener<br />

Zeit bestand die Vorstellung von einer sehr weitgehenden<br />

Freiheit des Individuums, welches keiner Art von Fremdbestim-<br />

Axel Maag<br />

mung, wenn irgend möglich, unterworfen sein sollte. Dementsprechend<br />

galt der Abschaffung der Zünfte ein nicht unbeträchtlicher<br />

Teil der gesellschaftspolitischen Stoßrichtung des<br />

Liberalismus damaliger Zeiten. Die Ordnung der Beziehungen<br />

der Mitglieder eines Berufsstandes untereinander wie auch<br />

ihrer gemeinsamen Interessen gegenüber anderen Gruppen<br />

und dem Staat haben sich als zweckdienlich oder notwendig<br />

herausgebildet. Staatspolitische Bedeutung erlangt die berufsständische<br />

Selbstverwaltung, wenn sie über den von ihr selbst<br />

zu regelnden Aufgabenkreis hinaus Aufgaben des Staates auf<br />

Ebene der mittelbaren Selbstverwaltung delegiert erhält.<br />

Das Erscheinungsbild der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> im Lande<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist heute von vielfältigen unterschiedlichen<br />

Aufgaben geprägt. Zum einen gehört hierzu die Erledigung<br />

klassisch-fachlicher Aufgaben wie der im öffentlichen Interesse<br />

liegenden Berufsaufsicht, die Förderung der Fort- und Weiterbildung,<br />

die Qualitätssicherung zahnmedizinischer Verfahren und<br />

zahnärztlicher Tätigkeiten sowie die Stellungnahme zu berufsethischen<br />

Fragen, aber auch die Belange der Zahnmedizinischen<br />

Mitarbeiter/innen im Rahmen ihrer Aus- und Fortbildung sowie<br />

die zahnärztliche Berufsgerichtsbarkeit prägen das Erscheinungsbild<br />

der Kammer. Auf der anderen Seite betätigt sich die<br />

Kammer in der berufspolitischen Interessenvertretung, also in<br />

dem angesprochenen Grenzbereich, eventuell sogar einem<br />

Reibungsfeld der Politik und der Gesetzgebung. Die berufspolitische<br />

Interessenwahrnehmung bietet der Kammer nicht nur die<br />

Chance, ihre eigenen Angelegenheiten in eigener Verantwortlichkeit<br />

zu regeln. Sie versetzt die Selbstverwaltung dadurch<br />

zugleich in die Lage, ihre Interessen auch gegen den Staat<br />

geltend zu machen. Die Wahrnehmung der beruflichen Belange<br />

der Kammerangehörigen beinhaltet somit die Mitwirkung und<br />

aktive Mitgestaltung der Kammer an gesundheits- und sozialpolitischen<br />

Themen, die mit der zahnärztlichen Berufstätigkeit<br />

zusammenhängen.<br />

Allerdings ist hinsichtlich der Kammerbefugnisse auch eine<br />

scharfe Trennungslinie zwischen dem berufspolitischen und<br />

dem allgemeinpolitischen Mandat zu ziehen. Eine allgemeinpolitische<br />

Betätigung ist den Kammern von Verfassungswegen<br />

bereits auf Grund der Pflichtmitgliedschaft der Kammerangehörigen<br />

untersagt. Die Kammermitglieder haben individuelle,<br />

persönliche politische Präferenzen. So dürfen z. B. ihre Beiträge<br />

nicht zur Finanzierung allgemeinpolitischer Aktivitäten<br />

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