Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg 50 Jahre ... - Lzk Bw
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Substitution von Wissen orientieren, d. h. an der Vorstellung,<br />
dass Wissen schnell veraltet und deshalb durch neues oder<br />
umfangreicheres Wissen ersetzt werden muss. Wir haben dieses<br />
Modell der Fortbildung als „Substitutionsmodell“ bezeichnet.<br />
Sein didaktisches Mittel war und ist die Instruktion – Unterricht<br />
vom Katheder herab im traditionellen Schüler-Lehrerverhältnis.<br />
Bei diesem Unterrichtsbild sind Lehrer und Schüler austauschbar.<br />
Der heutige Zahnarzt kann – wie andere Berufsgruppen auch –<br />
mit diesem Modell nicht mehr zufrieden gestellt werden. Er<br />
verfügt über ein ganz anderes Fach- und methodisches Wissen.<br />
Sein Fallwissen als Langzeitbehandler ist dem des Referenten<br />
oder Wissenschaftlers häufig überlegen. Er lernt oder hat gelernt,<br />
fachliche Informationen im Praxiskontext zu bewerten, in<br />
dem er deren Umsetzbarkeit und Sinnfälligkeit prüft. Der Zahnarzt<br />
als Fortbildungssuchender ist kein Student, sondern ist<br />
dabei, sich zu professionalisieren. Bei der Professionalisierung<br />
geht es aber um mehr als den Austausch von Wissen. Professionalisierung<br />
wird definiert als eine am Gemeinwohl ausgerichtete<br />
Handlungsorientierung, die von der Profession selbst<br />
systematisch entwickelt werden muss. Sie führt zur Habitualisierung<br />
der Selbstkontrolle des einzelnen Berufsinhabers und<br />
schließt ein hohes Ausmaß an Autonomie zur Bestimmung und<br />
Lösung von professionsrelevanten Problemstellungen ein. Diese<br />
Parameter der Professionalisierung, als methodische und<br />
didaktische Prinzipien zur Gestaltung eines zukunftsorientierten<br />
Berufsbildes des Zahnarztes einem Fortbildungsangebot<br />
zugrunde gelegt, führen zum „Professionalisierungsmodell“<br />
der Fortbildung. Dieses Modell hat sich über die <strong>Jahre</strong> aus der<br />
Tätigkeit der Karlsruher Akademie herausgeschält und liegt<br />
dem aktuellen Fortbildungsangebot zugrunde.<br />
So z. B. gestaltet die Akademie seit 1983 den Karlsruher Vortrag<br />
„Mund auf“, der Gesellschaft und Zahnärzteschaft einmal im<br />
Jahr (am <strong>Jahre</strong>stag der Gründung der Akademie) zusammenführt.<br />
1983 fanden sich 80 Persönlichkeiten im Großen Hörsaal der<br />
Akademie ein, um Dr. Peter von Siemens, dem Seniorchef der<br />
Siemens AG, bei seinen Überlegungen zu Ökonomie und Ökologie<br />
zu folgen. In den letzen <strong>Jahre</strong>n kamen weit über tausend<br />
Zuhörerinnen und Zuhörer am Samstag Vormittag festlich<br />
gekleidet in das Kongresszentrum Karlsruhe, um Persönlichkeiten<br />
wie dem Kardinalstaatssekretär Dr. Agostino Kardinal<br />
Casaroli (1992), dem 5. Präsidenten von Israel, Yitzhak Navon<br />
(1993), Frau Jehan Sadat (1994), dem Erzbischof von Canterbury,<br />
Dr. Leonard Carey (1999), dem Präsidenten des Deutschen Bundestages,<br />
Wolfgang Thierse (2002), um nur einige Referenten<br />
hervorzuheben, zu folgen. Die Veranstaltung des „Karlsruher<br />
Vortrages“ ist das Ereignis im Karlsruher Kulturleben geworden.<br />
Es dient dazu, die am Gemeinwohl ausgerichtete Handlungsorientierung<br />
als Teilschnitt der zahnärztlichen Professionalisierung<br />
zu schärfen. Die Einrichtung der „Karlsruher Konferenz“,<br />
zu der seit 1986 Kolleginnen und Kollegen eingeladen werden,<br />
die durch regelmäßigen Besuch der Akademie sich für einen<br />
wissenschaftlichen Diskurs mit internationaler Besetzung qualifiziert<br />
haben, war der erste Schritt, um nach der Substitution<br />
von Wissen die Zuhörerschaft in einen aktiven öffentlichen<br />
Diskurs einzubinden. Der besonders intensiven Auseinandersetzung<br />
mit dem zahnärztlichen Eingriff sind die seit 1993<br />
angebotenen „Strukturierten Fortbildungen“ gewidmet.<br />
Unter „Strukturierter Fortbildung“ wird dabei eine systematisch<br />
geordnete, in sich logisch aufgebaute Fortbildungsreihe verstanden,<br />
die der Aktualität und Dynamik zahnärztlicher Erkenntnisse<br />
entspricht und auf die Bedürfnisse der täglichen Praxis ausgerichtet<br />
ist. Mit der Strukturierten Fortbildung „Kieferorthopädie“,<br />
„Implantologie“, „Parodontologie“ sowie dem „Aufbautraining<br />
für den zahnärztlichen Sachverständigen“ ging die Akademie<br />
ganz neue Wege, die schon sehr bald ihre schnellen Nachahmer<br />
fanden. Die „Strukturierte Fortbildung zum Sachverständigen“,<br />
die auf der langjährigen und methodisch-analytisch geschulten<br />
Erfahrung und Tätigkeit der Mitarbeiter der Akademie als<br />
Sachverständige bei Gerichten aufbaut, ist in der Bundesrepublik<br />
einzigartig geblieben. Es war konsequent, dass moderne Formen<br />
der autonomen Kommunikation sich im Unterrichtswesen durchsetzten,<br />
in der Akademie in Form einer „Online Akademie“ sowie<br />
eines „Virtuellen Hörsaals“ angeboten, um den selbstständigen<br />
Dialog der Teilnehmer zu ermöglichen.<br />
Den vorläufigen Höhepunkt der Aktivitäten der Akademie bildet<br />
die Etablierung eines berufsbegleitenden Masterstudienganges<br />
in private public partnership mit der Otto-von-Guericke-<br />
Universität Magdeburg in Anlehnung an die Bologna Declaration.<br />
Es ist weltweit der erste Studiengang, der sich nicht einer<br />
Spezialisierung, sondern der Professionalisierung des niedergelassenen<br />
Zahnarztes, des Praktikers, widmet. Damit wurde<br />
die Gelegenheit geschaffen, dass die erfahrene und niedergelassene<br />
Kollegenschaft ihr Fortbildungsbemühen berufsbegleitend<br />
in ein aktives Hochschulstudium einfließen lässt, das den