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Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg 50 Jahre ... - Lzk Bw

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zutragen – und schon war wieder ein viertel oder halbes Jahr für<br />

unser Vorhaben verloren. Die Ansprechpartner im Sozialministerium<br />

wurden regelmäßig in die Sitzungen des Arbeitskreises<br />

eingeladen. Wir erhielten nur Absagen!<br />

Wenn der Patient nicht zum Zahnarzt kommen kann, warum<br />

geht der Zahnarzt nicht zum Patienten?<br />

Bekanntermaßen sind Alte in stationären Pflegeeinrichtungen<br />

zahnärztlich unzureichend versorgt. Zahnärztliche Sofortmaßnahmen<br />

sind eher seltener notwendig. Kennzeichnend ist eine<br />

Häufung altersbedingter Mundprobleme, die durch Schleimhaut-<br />

und Muskelatrophie oder eingeschränkten Speichelfluss<br />

bedingt sein können. Der „Betreuungszahnarzt“ analog dem<br />

Konzept der Jugendzahnpflege wurde entwickelt und die schon<br />

jahrelang engagierten Kollegen in dieses Konzept mit eingebunden.<br />

Oftmals ist kein Behandlungsstuhl im Pflegeheim<br />

vorhanden. Der Aufwand ist enorm, die Behandlungsqualität<br />

bleibt oft suboptimal. Routinebehandlungen oder gar Prophylaxe<br />

erscheinen in dieser Form fast ausgeschlossen.<br />

Heute schon an morgen denken!<br />

Zahnärztliche Versorgung dieser ständig wachsenden Bevölkerungsgruppe<br />

ist ein dringendes medizinisches und soziales Anliegen,<br />

das ohne weitere Verzögerung angegangen und ausgebaut<br />

werden sollte. Wir waren uns darüber im Klaren, dass hier<br />

teilweise Neuland betreten werden muss, dass auch neue Formen<br />

der zahnärztlichen Berufsausübung gefunden werden müssen,<br />

gerade wenn alle dahingehenden Gesetze, Berufsordnungen,<br />

Verordnungen, Anweisungen, Durchführungsbestimmungen<br />

mit sprichwörtlich deutscher Gründlichkeit unseren Beruf<br />

bis in die letzte Kleinigkeit ausschließlich zu beschreiben und<br />

zu reglementieren versuchen. Aber es müssen auch neue Rahmenbedingungen<br />

für veränderte Verhältnisse geschaffen werden.<br />

Nur das vorbildliche Engagement aller Mitglieder des Arbeitskreises<br />

half uns über diesen Frust hinweg. Und doch ist<br />

uns gelungen, das Bewusstsein vieler Kollegen mit dem Motto<br />

„Alterszahnheilkunde“ des Landeszahnärztetags 2002<br />

zu schärfen, die Öffentlichkeit und die Politik zu sensibilisieren<br />

und das Saatgut „Alterszahnheilkunde“ in der Kollegenschaft<br />

zu sähen. Vorbildlich ist die Arbeit in manchen Bezirken der<br />

Dr. Bernhard Jäger<br />

<strong>Landeszahnärztekammer</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Die einzelnen<br />

Bezirkszahnärztekammern haben ganz unterschiedliche<br />

Ansätze – die etwa von der „Tour de Ländle“ in Kreisfortbildungsveranstaltungen<br />

bis zum eigenen Symposium reichen.<br />

Wieder eine andere Bezirkszahnärztekammer sucht direkte Kontakte<br />

zu Altenpflegeheimen. In allen Aktivitäten ist jedoch die<br />

gemeinsame Anstrengung zu erkennen, die orale Gesundheit<br />

der betroffenen Menschen zu verbessern. <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

hat derzeit ca. 2 Millionen Bürger über 60 <strong>Jahre</strong> mit steigender<br />

Tendenz. Rund <strong>50</strong>0.000 Bürger sind über 75 <strong>Jahre</strong> alt und damit<br />

im Nahbereich der stationären Altenpflege. Nach Auskunft des<br />

Sozialministeriums gibt es zurzeit 3.1<strong>50</strong> Einrichtungen der stationären<br />

Altenhilfe.<br />

Mehr als „nur“ zahnmedizinische Aspekte<br />

Wir haben gelernt, dass wir umdenken müssen, wollen wir unser<br />

Vorhaben verbreiten. Jeder denkt, Zahnärzte kümmern sich<br />

nur um Zähne. Einzelne wissen sogar, dass Zahnärzte auch für<br />

Mund und Kiefer kompetent sind. Oft wird dabei übersehen,<br />

welchen Stellenwert ein nicht mehr funktionierendes Kauorgan<br />

im persönlichen Bereich hat, welche Konsequenzen allgemeinärztlich,<br />

psychisch und sozial zu beobachten sind. Wir müssen<br />

allen klarmachen, dass es hier nicht nur um Zähne geht; viele<br />

unserer Senioren haben keine mehr und glauben, wir könnten<br />

nichts mehr für sie tun. Es geht auch nicht nur um den kleinen<br />

Teilaspekt Mundbereich bei diesen multimorbiden Patienten,<br />

auch wenn man angeblich mehr als 200 Allgemeinerkrankungen<br />

an intra- und perioralen Manifestationen diagnostizieren<br />

kann. Es geht um Menschen in ihrem Lebensabend, denen<br />

wir helfen können und müssen, zuerst natürlich zahnärztliche<br />

Hilfe zu erbringen, darüber hinaus aber auch den allgemeinen<br />

gesundheitlichen Zustand zu verbessern und einen Beitrag zu<br />

leisten zur Rehabilitation und sozialer Reintegration. Mundgesundheit<br />

ist ein Mehr an Lebensqualität. Wenn es uns gelingt,<br />

Außenstehenden und Betroffenen die Wirkungsbreite unseres<br />

Engagements nahe zu bringen, ist der Erfolg unserer Bemühungen<br />

nicht aufzuhalten. Frank Schirrmacher schreibt in<br />

seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“: „Die Menschheit<br />

altert in unvorstellbarem Ausmaß. Wir müssen das Problem<br />

unseres eigenen Alters lösen, um das Problem der Welt zu<br />

lösen. Unsere Mission ist es, alt zu werden. Wir haben keine<br />

andere. Es ist die Aufgabe unseres Lebens.“<br />

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