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Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg 50 Jahre ... - Lzk Bw

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seinem so genannten Facharztbeschluss die Verwurzelung der<br />

Selbstverwaltungskonzeption im Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip<br />

betont (BVerfGE 33, 125, 157 und 159). Zugleich wurden<br />

sowohl in dieser Entscheidung und in den späteren Entscheidungen<br />

zu den Standesrichtlinien der Rechtsanwaltschaft<br />

(BVerfGE 76, 171 ff.) die Anforderungen an die Rechtsetzung<br />

durch Kammern präzisiert. Dabei wurde zum einen die Reichweite<br />

der Regelungen im grundrechtsrelevanten Bereich mit<br />

Hilfe der Lehre vom Parlamentsvorbehalt beschränkt und zum<br />

anderen die Anforderungen an die Legitimation der Kammerorgane,<br />

die berufsrechtliche Regelungen erlassen, konkretisiert.<br />

Als Zwischenbilanz kann damit festgehalten werden, dass<br />

die Kammern sowohl im Hinblick auf ihre Organisationsform<br />

als auch hinsichtlich der ihnen zugewiesenen Aufgaben als<br />

verfassungskonform zu qualifizieren sind.<br />

Neue Akzente in der jüngeren Rechtsprechung des<br />

Bundesverfassungsgerichts<br />

In drei Entscheidungen aus den <strong>Jahre</strong>n 2001 und 2002 hat das<br />

Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rechtsprechung<br />

nicht nur bestätigt, sondern durch eine weitergehende<br />

Argumentation auch die Verankerung des Typus funktionale<br />

Selbstverwaltung im Grundgesetz weiter verdeutlicht.<br />

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts<br />

hat sich in zwei Beschlüssen vom 13. Dezember 2001<br />

und 8. März 2002 geäußert (BVerfG, NVwZ 2002, 335 und 851).<br />

Im ersten Beschluss ging es um die Frage, ob die gesetzliche<br />

Pflichtmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern<br />

trotz veränderter Rahmenbedingungen weiterhin mit dem<br />

Grundgesetz vereinbar ist. Dies hat das Bundesverfassungsgericht<br />

bei gleichzeitiger Bestätigung des bisherigen verfassungsrechtlichen<br />

Prüfungsmaßstabes bejaht. Es hat aber<br />

zugleich deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber den<br />

Fortbestand der legitimierenden Voraussetzungen für die<br />

Kammerorganisation von Zeit zu Zeit überprüfen muss. Dies<br />

war in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern<br />

jedoch geschehen. Von Bedeutung und weiterführend ist<br />

im Beschluss vom 15. Dezember 2001, dass auch auf die<br />

legitimatorische und freiheitssichernde Funktion der gesetzlichen<br />

Pflichtmitgliedschaft hingewiesen wird.<br />

Prof. Dr. Winfried Kluth<br />

Damit wird, ohne dass die Zusammenhänge im Einzelnen entfaltet<br />

werden, die partizipatorische und damit rechtsbegründende<br />

Dimension der Mitgliedschaft in den Kammern<br />

angesprochen, auf die auch in der wissenschaftlichen Literatur<br />

hingewiesen wird.<br />

In einem weiteren Beschluss vom 8. März 2002 hat sich die<br />

2. Kammer des Ersten Senats mit der Frage beschäftigt, ob sich<br />

eine <strong>Landeszahnärztekammer</strong> dem Versorgungswerk einer anderen<br />

Zahnärztekammer anschließen und der Satzungsgewalt<br />

unterwerfen kann, ohne dass in den für die Rechtsetzung zuständigen<br />

Organen entsprechende Mitwirkungsrechte eingeräumt<br />

werden. Eine solche Regelung ist nach den Ausführungen<br />

des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgedanken der<br />

Selbstverwaltung, wie er in den Kammern verwirklicht wird,<br />

nicht zu vereinbaren. Wörtlich heißt es: „Ein solcher Verzicht<br />

auf Partizipation für gegenwärtige und künftige Mitglieder liegt<br />

nicht in der autonomen Kompetenz einer Satzungsversammlung<br />

und wird auch der Verbindung des Prinzips der Selbstverwaltung<br />

zum demokratischen Prinzip (vgl. BVerfGE 33, 125, 159)<br />

nicht gerecht“ (BVerfG, NVwZ 2002, 851, 852). Dieser Beschluss<br />

macht deutlich, dass der prägende Charakter der betroffenen<br />

Selbstverwaltung auch nicht aus pragmatischen Überlegungen<br />

disponibel ist, wenn es in erster Linie darum geht, Dienstleistungen<br />

zugunsten der Mitglieder zu erbringen. Inwieweit<br />

die Maßstäbe dieses Beschlusses auch auf privatrechtlich<br />

organisierte Dienstleistungsunternehmen der Kammern zu<br />

übertragen sind, bedarf einer genaueren Prüfung.<br />

Die zeitlich letzte und in Umfang und Aussagegehalt<br />

bedeutsamste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />

stellt der Beschluss des Zweiten Senats vom 5. Dezember 2002<br />

(BVerfGE 107, 59 ff.) zur Frage der Zulässigkeit der Arbeitnehmermitbestimmung<br />

in Wasserverbänden, die den Typus<br />

der Realkörperschaften innerhalb der funktionalen Selbstverwaltung<br />

repräsentieren, dar. Auch wenn man der Entscheidung<br />

im konkreten Ergebnis und den dogmatischen<br />

Einzelheiten nicht folgt, stellt sie einen bedeutsamen Beitrag<br />

für die Verortung der funktionalen Selbstverwaltung in der<br />

Verfassungsordnung dar.<br />

Der Zweite Senat zeichnet zunächst sowohl seine Rechtsprechung<br />

zu den Anforderungen an die demokratische<br />

Legitimation in der Staats- und Kommunalverwaltung als<br />

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