Rückblick – Die Präsidenten der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 1955 bis heute 28 29 30 31 32 38 40 1955-1960 Dr. Raimund Gaertner 1960-1968 Dr. Dr. Richard Merz 1969-1970 Dr. Günther Schäfer 1970-1976 Prof. Dr. Dr. Ulrich Rheinwald 1976-1992 Dr. Hans-Dieter Schwieder 1993-2000 Dr. Rüdiger Engel 2001-2004 Dr. Udo Lenke | 27
1955-1960 Dr. Raimund Gaertner 28 | Den Mittelpunkt der Konstituierenden Sitzung der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> als Körperschaft des öffentlichen Rechts am 16. April 1955 in Esslingen bildete Punkt 3 der Tagesordnung: Wahl des Vorstandes. Mit großer Mehrheit wurde zum Präsidenten Dr. Raimund Gaertner, Freiburg, gewählt, zu seinem Stellvertreter Zahnarzt Herbert Fischer, Karlsruhe, als weitere Vorstandsmitglieder Zahnarzt Harr, Ludwigsburg, Zahnarzt Kasten, Tübingen, und als Vertreter der drei Landesuniversitäten Prof. Dr. Rebel, Tübingen. An der Spitze der 22 Mitglieder zählenden Delegiertenversammlung stand nun ein fünfköpfiges Vorstandsgremium. Dank gründlicher Vorarbeit eines von den vier Bezirkskammern eingesetzten „Vorbereitenden Kammerausschusses“ war der Rohbau fertiggestellt; der Innenausbau konnte beginnen. Noch in derselben Sitzung wurden Satzung und Fachzahnarztordnung beschlossen. Die vier Bezirkszahnärztekammern bzw. ihre kammerähnlichen Vorgänger hatten sich in der Vergangenheit unter loser Führung des Bundesverbandes der Deutschen Zahnärzte – ein Verband, der keine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist – einer großen Selbständigkeit erfreut. Das einzige engere Band war die Ausübung desselben Berufs. Nun galt es, diese liebgewordene Freiheit einzuschränken zugunsten einer, alle Kollegen des Landes umfassenden Institution: der <strong>Landeszahnärztekammer</strong>. Wie sich zeigte, sollte es ein langwieriger und mühevoller Prozess werden. Mancherlei Spannungen und Gegensätze, größere als erwartet, galt es auszugleichen und zu überwinden. Da waren die landsmannschaftlichen Unterschiede zwischen den im neuen, drittgrößten Bundesland <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zusammenlebenden Volksstämmen der Schwaben, Alemannen, Franken und Kurpfälzer. Da waren die ausgeprägten Dialekte, je nach Stammesund Geburtsherkunft, Unterschiede in Lebensführung und Mentalität, ungleiche Größe der Kammerbezirke und damit auch der Zahl der Zahnärzte in diesen. Auch geographisch und wirtschaftlich bedingte Verschiedenheiten waren zu berücksichtigen. Zur Verdeutlichung sei hier Dr. Raimund Gaertner († verstorben) vermerkt, dass die Besatzungsmächte nach 1945 eine amerikanische Zone mit Nordwürttemberg und Nordbaden gebildet hatten und eine französische Zone mit Südwürttemberg- Hohenzollern und Südbaden. Gegen den Versuch, die vier Landesteile zum Bundesland <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zusammenzufassen, führte der südbadische Ministerpräsident Wohlleb einen erbitterten Kampf um die Wiederherstellung der beiden früheren Länder <strong>Baden</strong> und <strong>Württemberg</strong>, bis ein Volksentscheid im November 1953 damit ein Ende machte. Beim Studium alter Sitzungsprotokolle kann man nachlesen, wie viele Sitzungen mit endlosen Debatten und hitzigen Wortgefechten im Ringen um eine erste Formulierung von neuen Ordnungen nötig waren, um letztlich zu Beschlussfassungen entscheidungsreifer Probleme zu kommen. Große Schwierigkeiten bereitete es vor allem, die seither eigenständigen Haushaltspläne der vier Bezirkszahnärztekammern gemäß der Forderung des Innenministeriums aufgrund des Kammergesetzes in einen gemeinsamen Haushaltsplan der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> einzubeziehen. Zusätzliche Meinungsverschiedenheiten entstanden durch die Einmischung des Innenministeriums (IM) in innere Angelegenheiten der Kammer. Es wurde zum Beispiel verlangt, einem bereits vor vielen <strong>Jahre</strong>n Angestellten einer Bezirkszahnärztekammer (BZK) mit dem Ziel einer Gehaltskürzung zu kündigen. Eine weitere Forderung des IM war, den Haushaltsplan des Bundesverbandes der Deutschen Zahnärzte (BDZ) vorzulegen. Es bedurfte laufender Vorsprachen beim IM, vieler Sitzungen des Vorstandes und langer Debatten in den Delegiertenversammlungen, um die auch zwischen den BZKen bestehenden unterschiedlichen Auffassungen bezüglich Haushaltsplan, Satzung, Geschäftsordnung, Berufsordnung, Fachzahnarztordnung und Berufsgerichtsordnung auf einen Nenner zu bringen und entsprechende Beschlüsse herbeizuführen. Bei diesen Gegebenheiten bedurfte es einer starken Persönlichkeit, um unsere junge <strong>Landeszahnärztekammer</strong> in erfolgreiche Bahnen zu lenken. Bald zeigte sich, dass wir mit Dr. Gaertner die richtige Wahl getroffen hatten. Bericht von Viktor Harr, Mitglied des damaligen Vorstandes, aus der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum der <strong>Landeszahnärztekammer</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> von 1980