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05. Zeitschrift für Bauwesen LXII. 1912, H. VII-IX= Sp. 333-520

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399 Mahlke, Chinesische Dachformen. 400Chinesische Dachformen.Neuer Versuch zur Widerlegung der „Zelttheorie".*)Yom Regierungsbaumeister Mahlie in Altona.(Mit Abbiltiimgen aufEs ist wohl nicht weiter verwunderlich, daß die GestaltuBgdes Daches, eines in China jahrtausendelang stärkerals in Europa bevorzugten wesentlichen Gebäudeteiles, ineinem so entlegenen Lande wie China, dessen Tolk ebensoIqüge eich künstlich abschloß gegen die übrige Welt, zuFormen geführt hat, die uns neu und ungewohnt sind und,weil wir ähnliches nirgends finden, kennzeichnend erscheinenfür China und einen Teil der benachbarten Staatengebilde,die im Laufe der Zeit in irgend einem besonderen Yerhältniszum Beiche der Mitte gestanden haben. Zu diesen Eigentümlichteitengehört in erster Linie die Schweifung des Dachesund die Aufkrempung der Traufecken (vgl. Abb. 1 Bl. 4G).Das sind so merkwürdige Erscheinungen, daß sie selbstLaien in die Augen springen und daß ihrer in jeder Eeisebeschreibungüber China Erwähnung getan wird. Selbstverständlichhat sich die gelehrte Fachwelt Europas für dieseEigentümlichkeit besonders interessiert, zunächst in Englandund Frankreich; in deutschen Fachkreisen hat man erst vielspäter der Baukunst so weit entfernter Völker Beachtunggeschenkt. Heinrich Hildebrand, ein deutscher Ingenieur,der Erbauer der Schantung-Eisenbahn, fand für sein Werküber den Tempel Ta-chüeh-sy bei Peking noch im Jahre1897 nur so geringes Iivteiesse, daß seine umfassende undlehrreiche Ausarbeitung der Vergessenheit anheimgefallenwäre, wenn nicht die Vereinigung Berliner Architekten dieVeröffentlichung in einer allerdings nur geringen Anzahl vonAbdrucken in die Hand genommen hätte. Erat später begannin Deutschland eine allgemeine Teilnahme für die Vorgängein Ostasien. Da ließ Baltzer, ebenfalls Ingenieur,seine umfang - und inhaltreiohen, ungemein gründlichenArbeiten über japanische Architektur drucken, die auchweiteren Fachkreisen einen Einblick ermöglichte in ein bisherso wenig erforschtes Gebiet. Er bespricht zunächst 1902im Zentralblatt der Bauverwaltung S. 507 die Abhandlungeines Japanera Dr. J. Ito über „Die Tempelanlage vonHoriuji bei Nara in Japan". In der <strong>Zeitschrift</strong> für <strong>Bauwesen</strong>veröffentlicht er 1903 „Das japanische Haus, eine bautechnischeStudie". <strong>Sp</strong>äter erschien zunächst in derselben <strong>Zeitschrift</strong>1905 und 1906, dann aber als erweiterter Sonderabdruckaul dieser <strong>Zeitschrift</strong> im Jahre 1907 Baltzers „Architekturder Kultbauten Japans".Deutsche Architekten fingen an, sich in die ^Arbeitendieses für den japanischen Hochbau so begeisterten Ingenieurszu vertiefen; eine sehr ülDerraschende Frucht dieser Beschäftigungwar dann die Veröffentlichung von F. Laske „Derostasiatischo Einfluß auf die Baukunst des Abendlandes, vornehmlichDeutschlands, im 18. Jahrhundert*^. Diese Veröffentlichungerschien zunächst im Jahrgang 1908 der <strong>Zeitschrift</strong>für <strong>Bauwesen</strong>, dann aber bedeutend erweitert 1909JQ Berlin, im Verlage von Wilhelm Ernst u. Sohn. An*) Nach einem vom Verfasser am 11. Januar 1909 im BerliüerArchitekten-Vereiu gehaltenen Vortrage.Blatt 46 bis 48 im Ätias.)(Alle BMhte Torb«luüten.}anderer Stelle im Zentralblatt der Bauverwaltung vom 25. März1908 bespricht Laske das Baltzerscbe Werk über „Die Architekturder Kultbauten Japans". Er sagt dort u.a.: „Gernhätte der Architekt ja Baltz;ers Ansicht über die Entstehunggewisser stark in die Augen fallender und von der Baukunstdes Abendlandes abweichender Formen, wie vor allen Dingenüberdie Entstehung der Form des hohlgeschwungenenDaches der buddhistischen Tempel vernommen.*'Er führt Lafcadio Hearn und Victor Champierfür die Zelttheorie ins Feld und scheint selbst dafür eintretenzu wollen. Das ermutigte mich, zur Lösung dieser Fragebeitragen zu helfen.Die Beobachtung, daß ein gewisser Stillstand in allenDingen in China durch Jahrhunderte unverkennbar ist undein zähes Festhalten an Althergebrachtem auf Schritt undTritt in die Augen fällt, mag wohl zu der Annahme geführthaben, die geschweiften Dachformen seien eine Erinnerung andie Linien des alten Nomadeuzeltes (Zelttheorie).Pai^ologue schreibt hierüber: „Die allgemein üblicheBauforra, ting genannt, ist das wohlbekannte, zurückgebogene,überhängende, von kurzen SÄulen getragene Dach, dessenUrsprung unsicher ist. Vermutlich war das Zelt der einstigenasiatischen Horden das Vorbild. Jedenfalls erinnertdie Krümmung des Daches an die Höhlung der an Pflöckenbefestigten Zeltleinwand, und die Niedrigkeit der meistenHäuser, sowie der Mangel an einer Decke und an Seitenfenstemvervollständigt die Ähnlichkeit. Das Festhalten derChinesen an der Tradition bekräftigt vollends die Annahme,daß die auf uralten Vorschriften beruhende Bauart „ting"dem Zelt der Nomaden nachgebildet ist."Wer diese Erklärung zuerst gegeben hat, läßt sich nichtgenau feststellen. Jedenfalls wird sie schon in der Abhandlungvon J. M. CaUery „De l'architecture Ohinoise" in derRevue de Tarchitecture et des travaui publica" im Jahre1857 erwähnt. Nach einer Äußerung von Cösar Daly, welchesich auf S. 348/349 derselben Eevue 1857 findet, hat dieserCaliery längere Zeit in China gelebt j er hat sogar die Würdeeines Mandaiins ehrenhalber erworben. Daly macht auf dieAusarbeitung von Callery besonders aufmerksam; er sagt:„Wir legen der Abhandlung von M. Callery um so größereBedeutung bei, als es in der einschlägigen,Literatur überdiesen Oegenetand kein ernst zu nehmendes Buch gibt. Dieenglische Abhandlung von Chambers ist durchaus ein Werkder Fbantasie, und dennoch kennen unsere europäischen Fachgenossendie chinesische Architektur höchstens durch diesesBuch und durch die Malereien auf Por^ellanvasen, Lackarbeitenund Teebüchsen." Die Werke von Chambers sindgenau 100 Jahre früher, also 1757, veröffentlicht worden.Sie sind wirklich ein kühnes Phantasiegebilde und wahrscheinlichSchuld an all dem Unfug, der in jener Zeit alschinesische oder japanische Architektur an europäischenFürstenhSfen in die Welt gezaubert worden ist. Eine ander©

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