Akzess-Arbeit Altes Testament bei Prof. Dr. Th. Krüger Theologische ...
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2.2.3. Blut als Sitz der Seele, Sitz des Lebens<br />
Was in allen drei Texten so selbstverständlich als Grund angegeben wird, nämlich dass die<br />
Seele eines Lebewesens in seinem Blut ist, scheint zur Entstehungszeit des Textes allgemein<br />
bekannt und anerkannt gewesen zu sein. Es wird in den biblischen Texten nirgends<br />
erklärt, wie man auf diese Idee kommt – es ist eine Realität, welche gar nicht hinterfragt<br />
wird. Aus diesem Grund möchte ich nun nachfragen, ob der Brauch von Blutopferungen<br />
auch ausserhalb des Volkes Israel üblich war, ob die Israeliten diesen Brauch evtl. von<br />
einem Nachbarvolk übernommen haben oder ob die Vorstellung, dass das Blut der Sitz des<br />
Lebens sei, ausschliesslich israelitisch ist.<br />
2.2.4. Blut und Seele in der Umwelt Israels<br />
Wie HARTINGER ausführt 71 , war der Opferkult mit Blutopfer zahlreichen Völkern schon<br />
lange vor der mosaischen Religion bekannt. So sollen die Altperser, die Meder, die Ägypter,<br />
Stämme im asiatischen Raum und Völker mit indogermanischer Sprache die Vorstellung,<br />
dass das Blut eines Opfertieres etwas ganz besonderes ist, gekannt haben. 72 Immer<br />
war das Motiv für die Schächt 73 -Massnahmen das erforderliche Auffangen des Blutes, um<br />
es den Göttern opfern bzw. es den Göttern zurückzugeben. Es ist nicht wahrscheinlich,<br />
dass als Begründung hygienische Gründe gedacht wurden; d.h. dass aus Angst vor Krankheiten,<br />
welche durch das Essen von Blut übertragen werden können, auf den Verzehr desselbigen<br />
verzichtet wurde. Viel wichtiger scheint tatsächlich die Überlegung, dass das Blut<br />
die Seele beherbergt. Dass schon sehr früh und an geographisch unterschiedlichen Orten<br />
diese Tradition bekannt war, zeigt, dass dies keine Erfindung der Autoren altestamentlicher<br />
Texte ist. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Vorstellung, das Blut sei der Sitz des<br />
Lebens, vielerorts eine urmenschliche Idee ist. Folglich kann die Begründung für das<br />
Schächt-Gebot nicht in der Abgrenzung gegenüber der Nachbarvölker Israels gesucht werden.<br />
71<br />
Vgl. HARTINGER, S. 21.<br />
72<br />
ANDELSHAUSER geht hingegen von einer gemeinsemitischen Vorstellung aus, wenn vom Blut als Sitz des<br />
Lebens die Rede ist.<br />
73<br />
Unter ‚Schächten’ versteht man das Schlachten eines gesunden und aus religiöser Sicht ‚reinen’ Tieres<br />
mittels eines direkten, ununterbrochenen Halsschnittes durch Luft- und Speiseröhre und die zwei Halsschlagadern.<br />
Durch das Ausbluten des Tieres wird der Tod desselben her<strong>bei</strong>geführt und dem biblischen Verbot des<br />
Genusses von Blut nachgelebt.<br />
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