Akzess-Arbeit Altes Testament bei Prof. Dr. Th. Krüger Theologische ...
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needs or desires” 102 . Gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass ein guter Bauer die Bedürfnisse<br />
seiner Tiere kennt und weiss, was Tiere brauchen, können sie sie doch nicht artikulieren.<br />
Während die Wildtiere ihre Unabhängigkeit wahren können, sind die domestizierten<br />
und in der täglichen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> des Israeliten eingesetzten Tiere keineswegs selbständig.<br />
Sie sind darauf angewiesen, dass der Mensch sich bewusst ist, dass ‚seine‘ Tiere Lebewesen<br />
mit eigenen Bedürfnissen sind.<br />
1.3.3. Kluft zwischen Mensch und Tier<br />
In diesem Text wird deutlich, dass Mensch und Tier als grundverschiedene Wesen angenommen<br />
werden. Es geht nicht darum, die Tiere auf die gleiche Stufe wie den Menschen<br />
zu stellen, sondern vielmehr das <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis, in welchem Mensch und Tier stehen, zu<br />
klären und möglichst ‚human‘ zu gestalten. Wird der Vers mit „Der Gerechte erbarmt sich<br />
seines Viehs,...“ wiedergegeben, zeigt sich die Kluft zwischen Mensch und Tier noch deutlicher.<br />
Es wird so ein unüberbrückbarer Unterschied aufgezeigt, welcher nicht so gross<br />
scheint, wenn man mit „...kennt die Bedürfnisse seines Viehs“ übersetzt. Die Formulierung<br />
„Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, …“ hat sich – obschon sie m.E. etwas problematisch<br />
ist – mehrheitlich durchgesetzt. SCHOPENHAUER äusserte sich kritisch dieser Formulierung<br />
gegenüber: „Erbarmt! – Welch ein Ausdruck! Man erbarmt sich eines Sünders,<br />
eines Missetäters; nicht aber eines unschuldigen treuen <strong>Th</strong>ieres ... Erbarmt! Nicht Erbarmen,<br />
sondern Gerechtigkeit ist man dem <strong>Th</strong>iere schuldig – und bleibt sie meistens schuldig.“<br />
103 Ich gehe mit SCHOPENHAUER einig, dass es nicht angehen kann, dass sich der<br />
Mensch grosszügig seines Tieres erbarmt, als wäre dies eines Verbrechens schuldig. Kein<br />
Wesen darf um seiner selbst willen angeklagt werden – also darf es auch nicht nötig sein,<br />
dass man sich eines Wesens um seiner selbst willen erbarmen muss.<br />
Auch wenn man diesen Vers nicht mit der ungünstigen Übersetzung ‚erbarmt‘ überträgt,<br />
bleibt doch deutlich, dass zwischen Mensch und Tier ein unüberbrückbarer Unterschied<br />
besteht. Das Tier – insbesondere das hier gemeinte Nutztier – wird immer vom Menschen<br />
abhängig sein. Gut, wenn es <strong>bei</strong> einem ‚Gerechten‘ leben darf, der auf seine Bedürfnisse<br />
eingeht.<br />
101<br />
S.o. C.1. Sabbat, S. 40f.<br />
102<br />
VAN LEEUWEN, S. 126.<br />
103<br />
SCHOPENHAUER, Sämtliche Werke, Bd. 6, Wiesbaden 1947, 393.395. Zitiert nach GRÄSSER in RÖHRIG, S.<br />
97.<br />
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