Akzess-Arbeit Altes Testament bei Prof. Dr. Th. Krüger Theologische ...
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enmitglied angesehen. So darf man unmöglich einem Geschöpf, das in der Landwirtschaft<br />
mithilft, Leiden zufügen.<br />
5.1.3. Religiöses Bewusstsein als Begründung<br />
Warum <strong>bei</strong> den untersuchten Ge- und Verboten keine Begründungen angegeben werden,<br />
muss an dieser Stelle hinterfragt werden. Prinzipiell kann angenommen werden, dass sowohl<br />
für die Verfasser als auch für die damaligen Rezipienten der untersuchten Texte eine<br />
explizite Ausführung der Begründung nicht notwendig war, weil sie, wäre dieser Sachverhalt<br />
anders gewesen, wohl niedergeschrieben worden wäre. Man kann also davon ausgehen,<br />
dass die Menschen der damaligen Zeit die Hintergründe, welche uns heutigen Rezipierenden<br />
verborgen bleiben, selbstverständlicherweise kannten. Um den Inhalt dieser Hintergründe<br />
erschliessen zu können, ist es m.E. sinnvoll, im Bereich des Religiösen zu suchen,<br />
standen doch diese Passagen damals schon alle in religiösem Kontext und haben sie<br />
später alle in den biblischen Kanon Eingang gefunden. Was damals also selbstverständlich<br />
mit religiösem Bewusstsein – im Zusammenhang mit der vorliegenden Fragestellung demnach<br />
mit der Gewissheit, dass sowohl Mensch als auch Tier von Gott geschaffen wurden<br />
und dass der Mensch von Gott den Auftrag bekommen hatte, verantwortungsvoll über die<br />
Tierwelt zu herrschen – begründet wurde, muss heute, wo im mitteleuropäischen Raum<br />
dieses religiöse Bewusstsein weitgehend fehlt, von einer vernunftbegründeten Tierethik<br />
übernommen werden.<br />
5.2. Tierethik in den Gesetzestexten?<br />
Aus den untersuchten Texten eine Tierethik lesen zu wollen, kann als spekulativ bezeichnet<br />
werden. Dennoch scheint die Behauptung, Ansätze einer Tierethik finden zu können,<br />
nicht abwegig. Zwar muss der Begriff der Ethik etwas weiter gefasst werden als wir uns<br />
das heute gewohnt sind: Es handelt sich hier nicht um eine Reflexion der Moral und ihrer<br />
Handlungsstrukturen, sondern vielmehr um die Moral selbst und ihrer praktischen Folgerungen.<br />
Doch die Niederschrift der Moral und ihrer praktischen Folgerungen erfordert bereits<br />
eine Reflexion der eigenen Handlungsstrukturen. Insofern kann also <strong>bei</strong> den vorliegenden<br />
Texten – besonders <strong>bei</strong> der Schächtthematik (Dtn 12,23.25; Gen 9,4f; Lev<br />
17,11.14) und <strong>bei</strong>m Umgang mit dem Nutztier (Dtn 25,4) – im weitesten Sinn von einer<br />
Tierethik gesprochen werden.<br />
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