Zur Studie - Für den Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur

meinde Vorra ins Licht gerückt wurden. Dochin den Gesprächen mit den Befragten ergabensich zahlreiche Hinweise auch auf übergreifendePhänomene zur Problematik derKonsequenzen, die sich aus der rückläufigenEntwicklung der Wirtshauskultur in Bayern generellergeben. Sie werden hier als Parallelerscheinungenbezeichnet und begleiten nichtnur das ‚Wirtshaussterben’ in Bayern, sondernsind nach Meinung der Interviewpartner ursächlichaufs Engste mit dem Prozess der rückläufigenEntwicklung im Bereich der Gastronomieauf dem Land verwoben.Genereller Verlust der traditionellen Funktionsvielfaltauf den Dörfern. Der zunehmendeVerlust der traditionellen Funktionsvielfaltauf den Dörfern wird von einigen der befragtenSchlüsselpersonen nicht nur thematisiert,sondern auch stark moniert (vgl. B: 2; L: 6). Soweisen zwei dieser Schlüsselpersonen dezidiertauf ein Phänomen hin, das eine auffälligeParallele zum ‚Wirtshaussterben’ darstellt: Essind nicht nur die traditionellen Wirtshäuser,die in vielen Gemeinden mit dem Überlebenzu kämpfen haben, sondern auch die Kirche alseine weitere wichtige Institution für das Lebenauf dem Land gerät in Gefahr, einen erheblichenVerlust ihrer vormaligen zentralen Bedeutungim ländlichen Raum zu erleiden (vgl.B: 1, 3; R: 1). Zudem verschwinden neben dentraditionellen Dorfwirtshäusern auch Bäckereienund Metzgereien von der Bildfläche (vgl.R: 1; H: 6). Auf diese Weise verringern sich Einkaufsmöglichkeitenzur Deckung des täglichenBedarfs, was in der Tendenz dazu führt, dassder ländliche Raum zunehmend marginalisiertwird, weil er viele der vormals sehr wichtigenFunktionen verliert (vgl. H: 6; S: 5).Und – auch das wurde im Rahmen der Untersuchungsehr deutlich – mit dem ‚Wirtshaussterben’ist auch die Existenz so mancher kleinerBrauereien gefährdet, die zusätzlich zum verzweifeltenAbwehrkampf gegen Billigbierangeboteaus dem Getränkemarkt nun auch denMarkt der Dorfwirtshäuser zu verlieren drohen.Damit besteht die Gefahr, dass ein weiteres typischesMerkmal der Kultur in Bayern erheblichenSchaden erleidet, nämlich die Vielfalt desBrauereiwesens, die zu den Markenzeichendieses Landes gehört.Landflucht. In enger Verbindung mit deneben beschriebenen Prozessen der Zentralisierungund Marginalisierung sowie den darausresultierenden oftmals negativen Konsequenzenvor allem für die Bewohner von Ortenniedriger Zentralitätsstufe steht das Phänomender Landflucht. Diese hat nach Meinungder befragten Schlüsselpersonen selektivenCharakter, denn es ist vor allem die Jugend,die sich vor dem Hintergrund des zunehmendenFunktionsverlustes des ländlichen Raumesmehr und mehr gezwungen sieht, den bisherigenLebensraum auf dem Land zu verlassenund für Ausbildung und Beruf in eine Stadtbzw. in einen zentralen Ort mit besserer Ausstattungzu ziehen (vgl. M: 1; H: 7; W: 11). DenProzess der Landflucht verstärkt zusätzlich dieWirtshauskultur im Wandel | 51